Countdown
Kapitel 8
Arthur
31. August 2023
Monza, Italien
22:24 Uhr
„Es kann überhaupt nichts schiefgehen."
Ob er damit versuchte, Dennis zu beruhigen oder sich selbst, wusste er auch nicht so genau. Aber er konnte seinem Freund überdeutlich ansehen, dass er sich mit jedem Tag unwohler fühlte. Er hatte Bedenken und die waren selbstverständlich nicht unbegründet.
„Es kann eine ganze Menge schiefgehen", wandte Dennis auch sogleich ein, der sich nicht damit abfinden wollte, dass sie in den vergangenen dreieinhalb Monaten keine bessere Lösung gefunden hatten.
„Wird es aber nicht. Die wollen direkt nach dem Rennen hier zuschlagen. Charles ist gewarnt, die italienischen Behörden wissen Bescheid und ich werde gar nicht dabei sein, weil ich noch zwei Termine in Mailand hab. Die wissen nicht, dass wir Bescheid wissen", versuchte er also noch einmal zu erklären, wie das Ganze ablaufen würde.
Inzwischen waren so viele eingeweiht. Pierre wusste, was los war, Esteban war im Bilde, sogar Daniel. Mehr Schutz konnten sie sich wohl nicht geben. Je mehr Menschen ein Auge auf Charles haben würden, umso besser. Er wollte nicht darüber nachdenken, was es bedeuten würde, wenn die mit ihren Plänen durchkamen.
„Das glaubt ihr alle. Aber was, wenn es eine undichte Stelle gibt? Wenn die noch andere Pläne haben, von denen du nichts mitbekommen hast? Ich glaube nicht, dass das so leicht wird", wandte Dennis einmal mehr ein, während er im Hotelzimmer auf und ablief und sich sichtlich unwohl mit der ganzen Situation fühlte.
Verständlicherweise. Wenn Dennis ihm so etwas erzählt hätte, dass der eigene Jugendcoach es auf seine Familie abgesehen hatte, weil es eine einflussreiche Person gab, die dessen Tod wollte, dann würde er sich auch die schlimmsten Sorgen um seinen Freund machen. Sie hatten einen übermächtigen Gegner und das war eine Tatsache, die er sich überhaupt nicht bewusst machen wollte.
„Leicht wird es auch ganz sicher nicht. Aber ich mach mir schon genug Sorgen um meinen Bruder. Da kann ich mir nicht noch ständig Sorgen um mich selbst machen", versuchte er Dennis also zu begründen, weshalb er sich von seinem Optimismus gerade nicht abbringen ließ, so deplatziert der eventuell auch sein mochte.
So lange sie keine andere Idee hatten, wie sie das abwenden konnten, musste er daran glauben, dass es funktionieren würde. Darüber, dass auch nur eine Kleinigkeit schieflaufen könnte, daran wollte er nicht eine Sekunde denken. Das hielt er nicht aus. In dieser Hinsicht tickten Dennis und er wohl auch etwas verschieden, denn der konnte dem Ganzen von Anfang an nichts abgewinnen und ging eher vom Worst Case aus.
„Das solltest du aber", beharrte sein Freund.
Dennoch gab er da so schnell nicht nach. „Matassa weiß nicht, dass ich noch belastendes Material gegen ihn hab. Es kann nichts passieren. Er will Charles ausliefern und nicht mich. Mein Bruder würde nie einem Plan zustimmen, bei dem er befürchten müsste, dass mir etwas passiert", suchte er weiter nach guten Gründen.
„Er hat nicht zugestimmt, weil der Plan gut ist, sondern weil es an Alternativen fehlt und weil die Zeit knapp wird", erinnerte Dennis ihn allerdings daran, dass Charles auch nicht sonderlich begeistert über diese ganzen Umstände war.
„Schon klar", seufzte er auf und konnte sehen, dass Dennis mit der Gesamtsituation arg zu kämpfen hatte. „Dennis, ich verstehe das schon. Ich bin doch nicht blöd. Da können hundert Sachen daneben gehen. Aber wenn ich immer nur daran denke, dreh ich durch. Ich will auch niemanden mehr verlieren, der mir nahesteht. Ich muss einfach daran glauben, dass alles gut wird." Anders konnte er es ihm auch nicht erklären und er sah seinem Freund deutlich an, dass er das auch verstehen konnte.
„Ich weiß. Das will ich dir auch nicht nehmen. Es fällt mir nur schwer, einer solchen Aktion optimistisch entgegen zu sehen", gab Dennis zu und das wunderte ihn nicht. Es war für sie alle nicht leicht. Hätten sie nur noch etwas mehr Zeit...
„Alle waren vorsichtig. Wir haben den Ort, wo das alles stattfinden soll. Wir kennen den genauen Plan", gab er noch einmal zu bedenken, dass sie durchaus über viele Informationen verfügten, mit denen sich am Ende auch etwas anfangen ließ.
„Deswegen verstehe ich ja nicht, wieso man nicht einfach direkt dort zuschlägt. Dieses Spielchen, bei dem man sie glauben lässt, dass sie gewonnen haben, ist viel zu riskant", fand Dennis und da war ebenfalls was dran. Es war ein großes Risiko, nur wenn sie das taten, tat sich ein ganz anderes Problem auf.
„Aber er wird nicht selbst dorthin kommen. Der schickt nur seine Leute und wenn man dort zuschlägt, dann ist er gewarnt und kann es jeder Zeit wieder versuchen, nur, dass wir dann keine Details kennen." Dann würden sie wieder im Trüben fischen und er müsste jeder Zeit damit rechnen, dass seinem eigenen Bruder etwas passierte. Damit könnte er nicht leben.
„Trotzdem. Eine zufällige Polizeikontrolle an der einzigen Straße, die vom geplanten Ort wegführt? Die können sie immer noch durchbrechen", fand Dennis natürlich einiges an Dingen, die komplett daneben gehen konnten. Was das betraf, war der andere einfach sehr nüchtern und realistisch und gab sich nicht seinem Wunschdenken hin.
Er wusste, dass er seiner Familie und seinen Freunden viel abverlangte.
Weder Charles noch er selbst taten das gerne. Sie wünschten sich auch nur, dass der ganze Spuk endlich vorbei sein könnte. Seit über drei Monaten ging ihm jede Nacht durch den Kopf, was ihnen bevorstehen könnte und dass jemand, von dem er immer geglaubt hatte, er wäre der Sohn einer großen Legende, den Tod seines Bruders wollte. Das war so verdammt absurd. Und immer wieder musste er gute Mine zum bösen Spiel machen.
„Die werden da schon nicht mit einem kleinen Aufgebot aufschlagen", probierte er einmal mehr Dennis zu signalisieren, dass die Menschen, die diesen Plan gefasst hatten, sich durchaus auch etwas dabei gedacht hatten. Leicht würde das für niemanden werden.
„Das macht mich irre", stieß Dennis aus, der nach wie vor deutlich mit den Emotionen rang, die sich in seinem Inneren abspielten. Es war nicht leicht, das mit anzusehen. Er wollte nicht, dass er so unter der Situation litt. Wenn er nur mehr tun könnte, als das alles schön zu reden und sich mit Floskeln zu beruhigen. Das war nämlich viel zu wenig.
„Es tut mir leid."
Er fühlte sich wirklich schlecht deswegen. Er musste sich wohl nicht dafür entschuldigen, tat es aber dennoch. Nicht, weil er etwas falsch gemacht hatte, sondern weil es ihm so schwerfiel, Dennis darunter auch so leiden zu sehen.
„Was? Du kannst doch gar nichts dafür", entgegnete dieser ihm natürlich sofort, unterließ sein Umherlaufen im Zimmer und setzte sich endlich zu ihm aufs Bett.
Es war leichter, wenn sie sich näher waren. Es war vorher nie so gewesen, aber in letzter Zeit spürte er eine unerklärliche Entfernung zu Dennis, wenn sie nicht dicht beisammen sein konnten. Er wusste nicht so recht, wie er das treffend beschreiben könnte.
„Es ist aber nicht schön zu sehen, wie schwer das für dich ist", meinte er also, worauf Dennis jedoch direkt den Kopf schüttelte und versuchte, nicht mehr allzu pessimistisch zu klingen.
„Um mich musst du dir wirklich keine Gedanken machen. Ich bin für dich da. Auch, wenn ich den Masterplan scheiße finde", wurde ihm versichert und alleine das zu wissen, tat ihm schon unendlich gut.
„Wir schaffen das. Zusammen", hatte er das starke Bedürfnis, Dennis ein Versprechen zu geben.
Er griff nach der Hand seines Freundes, brachte ihn dazu, ihm direkt in die Augen zu sehen. Er sollte es ihm glauben. Er sollte nicht an allem zweifeln.
„Kommt mir einfach nur beide heile da raus", bat Dennis ihn.
„Klar. Was sonst?"
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Senza Regole
Fanfiction⊱ Sie wussten wann es passieren sollte und wie es passieren sollte. Sie waren auf alles vorbereitet, hatten einen Monat Zeit, sich Pläne zu machen und alles bis ins aller kleinste Detail zu planen. Es konnte gar nichts mehr passieren und das durfte...