Kapitel 16

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Daniels P.o.V.:

"Fuck", müde fuhr ich mir durch mein Gesicht. Ich hatte das Gefühl, mein Kopf explodierte gleich. Und mir war so kalt. 

Ich hatte Dag zwar gestern noch dazu gebracht, sich noch warme, trockene Kleidung anzuziehen, aber ich selber hatte das wohl irgendwie vergessen. Und das rächte sich jetzt. 

Ich hatte Kopfschmerzen, meine Nase war komplett dicht, dazu noch Husten und mir war wahnsinnig schlecht. 

Verzweifelt versteckte ich mich unter der Decke, damit mir wenigstens nicht so kalt war, und drückte mir eine Hand auf den Mund. Wenn ich Dag jetzt auch noch mit dem scheiß Husten wecken würde... Es wäre für mich ganz schlimm. 

Er würde mich nicht nach Hause fahren lassen, dabei hatte ich ihm das doch versprochen. Dass er wieder zu Vincent konnte. 

Mein Herz zog sich zusammen. Bei der Nachricht von Vincent war es sogar kurz stehen geblieben - zumindest hatte es sich so angefühlt. 

Er war ganz verzweifelt und wollte nur noch, dass Dag nach Hause kommt. Auf der Sprachnachricht hatte er vor Verzweiflung sogar geweint. 

Vielleicht war ich egoistisch. Vielleicht brauchte Vincent ihn doch mehr, als ich. Und ich hatte es nur nicht sehen wollen, weil ich zu blind dafür war. 

Wieder musste ich mein Husten mit der Hand unterdrücken. Ich fühlte mich schlapp, eigentlich war es ein Wunder, dass ich überhaupt noch die Augen aufhalten konnte. Ich war so müde. 

Ich schloss meine Augen wieder und ließ mich zitternd ins Kissen fallen. Ich merkte nicht, wie ich wieder einnickte. Es überrollte mich einfach - ich konnte es einfach nicht aufhalten. 

"Daniel! Hey, wach auf!", hörte ich gedämpft die Stimme von Dag, aber ich verzog nur das Gesicht, "Scheiße, du bist ja ganz heiß."

"Nein", murmelte ich nur und zog mir die Decke weiter ins Gesicht, "Bin müde."

Dag murmelte irgendetwas, was ich nicht verstand. Mein Kopf tat weh, es war einfach zu laut. Und ich wollte doch nur schlafen. 

Ich kniff die Augen weiter zusammen und atmete zittrig ein. Die Übelkeit kam wieder zurück. 

Ich sollte uns doch heute wieder nach Hause fahren. Ich hatte es Dag doch versprochen. 

Ganz langsam richtete ich mich auf und tastete auf meinem Nachtschrank nach den Ibuprofen, nahm direkt zwei davon und spülte sie mit Wasser herunter. "Wir können gleich los", murmelte ich mit kratziger Stimme und versuchte das richtige Husten mit einem leisen Räuspern zu verhindern. 

"Daniel... Also, du kannst doch nicht..."

"Damit du wieder zu Vincent kannst", es tat immer noch weh. Aber immerhin wusste ich jetzt mit Sicherheit, dass ich niemals den Hauch einer Chance bei Dag gehabt hatte. 

Immerhin. 

Und Tom würde ich nach gestern sicher auch nie wieder sehen. Aber das war okay. Dag hatte es verdient, zu seinem Verlobten zu kommen, ich hatte ihn schon lange genug beansprucht. 

Da war ja nichts zwischen Tom und mir. Er war nett, das war alles. Ich wusste nicht, ob er überhaupt auf Männer stand und wenn dann mit Sicherheit nicht auf mich. Er sah aus, als könnte er jeden haben, warum sollte er dann ausgerechnet mich wollen?

Der Gedanke machte mich traurig. Das Zittern und die Übelkeit wurden wieder schlimmer. Ich zog die Decke wieder fester um mich und kniff die Augen zusammen. Warum musste sich denn jetzt alles drehen? 

"Daniel, wir können noch einen Tag bleiben, wenn es dir nicht gut geht. Du wirst ja immer blasser", Dag sprach sanft und liebevoll mit mir - irgendwie machte das meinen Herzschmerz nur noch schlimmer. 

Er wollte mich nicht. Er würde mich niemals wollen. Und wahrscheinlich würde ich einsam sterben. 

Ich brach in Tränen aus und drückte mir die Hände auf die Ohren. "Hör auf damit. Bitte", brachte ich zwischen Schluchzen heraus, "Ich bring dich nach Hause, damit du zu Vincent kannst. Weil Vincent dich mehr braucht, als ich dich brauche und weil du ihn so liebst... so sehr... und ich... hab...", ich bekam schlecht Luft und musste husten. Mir wurde immer schwindeliger. 

Ich hörte nicht mehr darauf, was Dag sagte. Ich wollte ihn einfach nur nach Hause bringen. 

Ich sprang aus dem Bett und nahm mir meine Autoschlüssel und meinen Koffer, damit wir aus dem Zimmer konnten, aber meine Beine fingen sofort an zu zittern. Sie fühlten sich an, als wären sie nur aus Gummi. Alles drehte sich vor meinen Augen.

Und dann wurde es plötzlich schwarz und still um mich. 

Eigentlich war das ganz schön - in so einem Moment konnte einem nichts weh tun und seine Gefühle brachten einen nicht zum Weinen. Es hätte ewig andauern können.

Als ich wieder zu mir kam, war etwas nasses auf meiner Stirn und ich war dick und warm eingepackt. Ich bekam die Augen schlecht auf und musste niesen. 

"Gesundheit", hörte ich eine sanfte Stimme, ehe die Person mir sanft über die Stirn streichelte. 

Müde sah ich zur Seite und erwartete eigentlich, Dag zu erkennen, aber stattdessen saß Tom neben mir und lächelte mich sanft an. Seine dunkelblonden Haare fielen ihm leicht in die Stirn dabei. 

"Was... machst du...?", brachte ich kläglich heraus. 

"Ich hab Dag auf dem Flur getroffen, als er gerade zur Apotheke wollte. Und da hab ich mir Sorgen gemacht", erklärte er leise und streichelte mich sanft weiter. Das fühlte sich schön an und er war so angenehm leise dabei. Ich drückte mich unterbewusst etwas mehr an seine Hand. 

Tom lächelte leicht bei der Geste. 

"Sorgen um mich?", fragte ich leise. 

"Na klar!", sagte er viel zu schnell und wurde dann etwas rot um die Wangen und die Nase. Das sah süß aus. 

Ich musste lächeln, hustete dann aber. Ich bekam so schlecht Luft, meine Nase war so verstopft. 

"Warte, ich helfe dir", er half mir vorsichtig beim Aufrichten und gab mir dann Taschentücher und Nasenspray. 

"Danke."

Wenn mich jemand später gefragt hätte, hätte ich es auf das Fieber geschoben, aber ich umarmte ihn ganz fest und zog ihn so zu mir. In der Umarmung schlief ich wieder ein, es fühlte sich einfach so schön an. Ich fühlte mich so sicher, wie sonst nur bei Dag. 

"Ich pass auf dich auf", hörte ich ihn noch leise in mein Ohr flüstern. Ich musste lächeln.

Das war schön.

Road Tripping - SDP/257ers Short StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt