Kapitel 17

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Dags P.o.V.:

"Du bist noch hier?"

"Mhm", Tom lag in Daniels Armen. Er streichelte ihm sanft über den Bauch und seufzte. "Er hat sich zweimal übergeben, ich konnte ihn doch nicht einfach alleine lassen."

Ich seufzte leise und setzte mich zu ihnen. Ich hatte Medikamente gegen Fieber und Übelkeit dabei und drehte sie unruhig in meinen Händen. Ich bekam hier mein Antidepressiva nicht - und es wurde langsam wirklich knapp. 

Vorsichtig setzte ich mich zu Tom und Daniel und streichelte meinem besten Freund sanft über die Wange. Ich hatte ihn wirklich damit verletzt, dass ich ihn nicht lieben konnte, nicht so lieben konnte. Ich hatte die Tränen und die Verzweiflung gesehen. 

Ich wüsste zu gerne, was in seinem Kopf vor sich ging, ob er auch Angst hatte, dass unsere Freundschaft daran zerbrechen würde. Es brach mir irgendwie das Herz. 

Sanft streichelte ich Daniel weiter über den Kopf.

Es war absurd, dass er, obwohl es ihm so schlecht ging, mich zu Vincent fahren wollte. Als wäre das wichtiger, als alles andere. 

Vincent. 

Was er wohl gerade machte? Ob er mich wirklich so sehr brauchte, wie Daniel es angedeutete hatte und mich vermisste?

Ich spürte ein leichtes Ziehen im Herzen. Ich wollte nur noch nach Hause. Zu meinem Verlobten zurück.

"Kannst du fahren?", fragte ich Tom leise, "Also hast du Führerschein?"

"Hm, ja, schon, aber...", er sah mich unsicher an. 

"Gut", ich drückte ihm die Autoschlüssel in die Hand, "Wir müssen nach Deutschland zurück. Ich hab meinen Führerschein verloren. Frag bitte nicht. Und Daniel kann ich wohl kaum fahren lassen."

Tom sah lange auf den Autoschlüssel in seiner Hand und drehte ihn unsicher. Der Schlüsselanhänger mit der "257", den Daniel von Mike bekommen hatte, klimperte leicht. Dann seufzte er leise. 

"Bist du sicher? Ich kann doch nicht einfach mit euch mitkommen", er sah mich so unsicher an. 

"Daniel würde es wollen", widersprach ich sofort.

Tom stockte in seiner Bewegung und drückte den Autoschlüssel fester in seiner Hand. Kurz hatte ich Angst, er würde das Teil auseinanderbrechen. 

Das kleine "Okay" von ihm hätte ich fast überhört. 

Wir brachten die Sachen von Daniel und mir zusammen zu unserem Auto, dann trug ich Daniel zum Auto, während Tom seinen Rucksack holte. Er wimmerte ein bisschen und klammerte sich richtig an mir fest. Sein Gesicht war ganz verzogen. Ich fragte mich, wovon er wohl träumte. 

Vorsichtig legte ich ihn auf die Rückbank und bettete seinen Kopf auf meinen Schoss. Ich hielt liebevoll seine Hand und streichelte dabei über seinen Handrücken. 

Tom startete das Auto und konzentrierte sich auf die Straße. Wir mussten zur Fähre, wieder zurück aufs Festland. Den Aufenthalt auf Sardinien hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt - na ja, vor dem Geständnis war es schön gewesen, nur Vincent konnte ich einfach nicht vergessen. 

Daniel schien einen Fiebertraum zu haben. Er bewegte sich unruhig und atmete schwer. Er trat mit dem Bein aus und krallte sich in meine Hand. 

Ich versuchte ihn irgendwie zu beruhigen, aber ich schaffte es nicht. Über seine Wangen liefen heiße Tränen und er wimmerte immer wieder auf. Er zitterte heftig. 

"Alles gut, ich bin hier", flüsterte ich ihm zu und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, so, wie ich es sonst immer machte. Ich dachte nicht wirklich darüber nach. 

Daniel verkrampfte und weinte nur mehr. "Nicht... Vincent", flüsterte er und hustete leise, "Bitte... geh nicht."

Er schluchzte leise und klammerte sich an mir fest. Ich wusste nicht, ob er wach war oder träumte. Aber mein Herz zerbrach in eine Millionen Einzelteile. 

"Es tut mir leid", flüsterte ich ihm zu und umarmte ihn ganz fest, "Vielleicht im nächsten Leben."

Tom warf uns einen Blick durch den Rückspiegel zu, dann konzentrierte er sich mit einem Seufzen wieder auf die Straße. Er wirkte angespannt. Seine Nägel kratzten leicht über das Polster vom Lenkrad. 

Ich bezahlte für uns alle die Überfahrt mit der Fähre. Als wir darauf gefahren waren, holte ich aus dem Kofferraum schnell eine Decke für Daniel und wickelte ihn darin ein. Sein Husten klang böse und er war so blass. 

Hoffentlich ging es ihm bald besser.

Tom stieg wieder ins Auto, er hatte für uns Cola und für Daniel Tee besorgt. 

"Danke", ich lächelte ihn sanft an und kletterte auf den Beifahrersitz. 

"Kein Ding", er sah aus dem Fenster. Er schien mir nachdenklich zu sein. 

Wir schwiegen eine Weile. Die Stille wurde nur von Daniels Husten und Wimmern unterbrochen. 

"Seid... Wart ihr... na ja... zusammen?", stotterte Tom leise und wurde ganz rot. Er spielte unsicher mit dem Etikett seiner Cola. Seine Hände zitterten dabei leicht. 

"Nein. Sind und waren wir nie", ich seufzte leise, "Er ist mein bester Freund. Mein allerbester."

Ich spielte unsicher mit meinem Verlobungsring. 

"Oh, okay. Es klang nur so, wegen vorhin", meinte er leise. 

"Daniel ist in mich verliebt, schon länger", erklärte ich, "Aber das soll nicht sein. Er verdient etwas besseres. Jemanden, der das auch so zurückgeben kann. Jemanden... wie dich."

Toms Augen wurden groß und er wurde noch roter, wenn das überhaupt noch ging. Und er geriet leicht ins Schwitzen. "Meinst du..."

"Ich seh doch, wie du ihn anschaust. Kann ich verstehen, er ist heiß."

"Ich mach mir Sorgen um ihn."

"Ich weiß, aber da ist mehr in deinem Blick. Er gefällt dir. Glaub mir, Daniel wird sich freuen. Ich glaube, er denkt, dass niemand ihn je so anschauen könnte, wie du ihn anschaust."

Tom schluckte leicht. "Ich bin nicht verliebt."

"Das wäre auch etwas früh, hm?", ich lächelte sanft.

Er schwieg leicht und drehte die Flasche in seinen Händen und knabberte auf seiner Unterlippe herum. "Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?"

Ich musste nicht lange über diese Frage nicht lange nachdenken. Die Antwort kannte ich. "Auf jeden Fall, ja."

Er nickte nur leise. Das Gespräch klang langsam aus. 

"Tom...", wimmerte Daniel leise. Er klang immer noch weit weg. 

Seine Kleidung war klatschnass vom kalten Schweiß und er atmete schwer ein und aus. 

Tom sah mich überrascht an und dann zu Daniel. Vorsichtig kletterte er zu ihm und nahm seine Hand. "Ich bin hier, keine Angst."

Vielleicht bildete ich es mir ein, aber auf Daniels Lippen erschien ein leichtes Lächeln. 

Ich beobachtete die beiden eine Weile, ließ ihnen einfach diesen Moment - doch dann wurde er von einem Handyklingeln unterbrochen. 

Daniels Handy klingelte. 

Mike rief an.



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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 23 ⏰

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