45. Schachmatt

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»Und die Gewinner sind...«, spannt die Administratorin Miss Finnigen die Besucher des Abschlussballs auf die Folter. Zumindest vermute ich es, denn ich kann das Publikum von der Bühne aus nicht sehen.

Unzählige Scheinwerfer sind auf die drei Kandidatenpaare gerichtet und ich versuche, meine Augen krampfhaft nicht zusammenzukneifen. Dennoch ist mein Puls auf 180 und meine Atmung unregelmäßig.

Chris' Hand um meine Taille gibt mir zwar Sicherheit, doch zittern meine Hände vor Aufregung.

Wir dürfen nicht gewinnen! Ness muss einfach diese Krone bekommen, sonst endet dieser Abend in einer Katastrophe.

Zumindest Chris' Arm gibt mir Sicherheit.

Neben uns stehen Ness und Troy. Immer wieder wirft uns Ness erdolchende Blicke zu, doch für das Publikum wirkt sie mit ihrer geraden Haltung und dem siegessichern Lächeln souverän.

»Die Seadale High verkündet ihr Prinzenpaar!«, hallt es durch den Saal. Während ich meinen Atem vor Aufregung anhalte, macht Ness bereits einen Schritt nach vorne.

»Bitte begrüßen Sie Ihre Majestäten Vanessa Thompson und Troy Dixon!« Das Publikum applaudiert höflich und mir fällt ein Stein von Herzen. Es ist vorbei! Ness hat gewonnen und wir sind aus dem Schneider.

Erleichtert lasse ich mich in Chris' Arme sinken. »Zum Glück...«, hauche ich zu Chris, welcher mich auslacht.

»Hattest du wirklich so viel Angst davor zu gewinnen?« Er drückt mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und lächelt sanft.

Ich nehme einen tiefen Atemzug. »Ja, ich traue Ness alles zu, wenn sie wütend ist«, sage ich grinsend.

»Für mich bist du trotzdem die Königin. Meine Königin?«, fragt er vorsichtig. Meine Augenbrauen heben sich und ich blinzel verwirrt. Erst jetzt bemerke ich, dass Chris' Gesicht nur ein paar Zentimeter von meinem entfernt ist.

Mein Blick fällt auf seine vollen Lippen, die zu einem Lächeln geformt sind. Noch ein paar Sekunden und ich könnte mich nicht mehr davon abhalten, sie zu küssen.

Unser letzter Kuss ist zu lange her, um mich zu erinnern, wie es sich angefühlt hat. Ich weiß, dass es ein magischer Moment war, doch die Erinnerung ist verblasst.

Nein, das darf nicht passieren. Bevor wir zusammen auf die Bühne gestiegen sind, bin ich überzeugt gewesen, dass es zwischen Chris und Alison nicht mehr funkt. Dass weder ich noch er ein besonderes Interesse an uns hat, doch jetzt stehe ich hier in Chris' Armen und bin kurz davor zu vergessen, dass ich als Alison vor ihm stehe.

Anfangs waren Alison und Lilly für mich unterschiedliche Personen. Wenn Lilly vernünftig war und das Richtige tun wollte, kam Alison, die Chris' Aufmerksamkeit genoss.

Doch in diesem Moment ist alles anders. Noch nie hat sich die schwarze Perücke auf meinem Kopf so befremdlich angefühlt wie heute.

Es ist nicht Alison, die kurz davor steht Chris zu küssen. Es ist Lilly!

Bis heute habe ich geschworen, dass ich mit einer Freundschaft zu Chris zufrieden wäre.

Eine blanke Lüge.

Die impulsive Alison würde Chris küssen wollen und die Lilly in ihr würde sie daran hindern wollen. Doch in diesem Moment höre ich keine Lilly in meinem Kopf, denn sie ist es, die in Chris' Armen liegt.

Das ist ein Problem, denn weder das Publikum noch Chris sehen Lilly. Für sie steht Alison auf der Bühne.

»Danke, vielen Danke!«, beginnt Ness ihre Dankesrede, nachdem sie das Krönchen und die Schärpe erhalten hat. Dies nehme ich als Anlass, um mich von Chris zu entfernen und mich aufrecht hinzustellen.

Me, my Lover and I ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt