Etienne blickte kurz zu ihrer Tante, welche ohne sich umzudrehen das Atelier verließ. Dann legte sie den Djinn auf einen der Sitztische und folgte dem Mann in den kleinen Raum. Dort gab es ein kleines Podest, bei dessen Anblick sich ihr der Magen zusammenzog. Sie atmete kurz durch und stellte sich ihrem Schicksal. Er deutete ihr, darauf zu steigen und Etienne befolgte mürrisch seine Anweisungen. Sie versuchte wirklich stillzuhalten, während er seine Arbeit verrichtete. Als es vorbei war, unterdrückte sie ein erleichtertes Seufzen.
„Das wird nicht lange dauern", informierte er sie, „Sie können gerne im Vorzimmer warten. Kann ich Ihnen was zu trinken anbieten?"
Etienne verneinte. Er drehte sich dann um und ging an einen Tisch im Arbeitsraum. Sie sah ihm dabei zu, wie er gezielt verschiedene Schränke öffnete und Stoff herauszog, welches ordentlich an Bügeln hing. Er legte einige auseinander und legte sie auf seinen Tisch. Es raschelte, als er etwas anderes hervorholte. Etienne vermutete, dass es sich um Papier handelte, konnte es aber nicht klar benennen. Dann ließ er die Sachen liegen und ging zu einem anderen Schrank, holte erneut irgendwelche anderen Dinge hervor.
Etienne stand an der Türschwelle, entschied sich anschließend dagegen, sich zu setzen und zu warten. Das würde sie nur langweilen.„Ich bin Etienne", sagte sie anschließend zu ihm, im Versuch ein Gespräch anzufangen.
„Nett sie kennenzulernen, Etienne", sagte er trocken. Er zeigte keinerlei Interesse.
Gelangweilt sah sich Etienne im Raum um. Es gab sehr viel Stoff in verschiedenen Farben. Und dann noch Geräte, von denen sie keine Ahnung hatte oder schlicht und einfach vergessen hatte, was sie taten. Sie lief langsam durch das Zimmer, schaute sich ein paar Bilder an der Wand an, versuchte aus den Skizzen etwas herauszulesen. Sie fand einen weiteren Arbeitsplatz, welcher jedoch nicht besetzt, aber unordentlich war. Wahrscheinlich ein Mitarbeiter, welcher gerade außer Haus war.Dann trat sie zu Alberto. Sie schaute über seine Schulter und musste unzufrieden staunen. Seine Hände bewegten sich schnell, schienen zu messen und anschließend zu schneiden. Seine Bewegungen zeigten kein Zögern, die Hände schienen über den Stoff zu fliegen. Sie sahen surreal aus, gaben ihr das Gefühl, als würde er den Stoff kaum berühren, obwohl er es sehr wohl tat.
„Sie machen das sehr oft?", fragte sie, in einem weiteren Versuch, ein Gespräch zu starten.
Er zuckte zusammen, die Schere schnitt laut durch den Stoff und blieb dann liegen, eher er den Blick zu ihr emporhob, „Mon Dieu! Erschrecken Sie mich nicht!"
Etienne richtete sich lächelnd wieder auf, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, „Tut mir leid."
Mit gerunzelter Stirn sah er wieder zu dem Stoff, betrachtete unzufrieden den Schnitt, den er gesetzt hatte, „Junge Dame, das war nicht in Ordnung. Ich hätte mich verletzen können. Mir fehlt schon ein Auge, es gibt keinen Grund, einen Finger zu verlieren."
„Das kommt nicht wieder vor", sagte sie ernst und bevor er sich wieder abwenden konnte, fügte sie schnell hinzu, „Ich möchte Ihnen bei der Arbeit zuschauen. Darf ich?"
Er beäugte sie misstrauisch. Etienne registrierte eine Distanz in seinen Augen, gemischt mit Missmut, Ärger und Misstrauen.
„Ich bin wirklich neugierig", fügte sie hinzu.„Holen Sie sich einen Stuhl. Und kein Herumschleichen mehr."
Ein rauer abweisender Ton, aber kein abweisender Ausdruck in den Augen. Missmut wich langsam der Vorsicht und der Neugierde. Dieser ältere Mann erinnerte sie an einen alten, grauen Hund, gegen welchen zu oft die Hand erhoben wurde. Ein Mensch, der beschützt werden musste.
Etienne gehorchte ihm und sah ihm schweigend bei der Arbeit zu. Nach knapp einer Stunde war er fertig und sie hatte unweigerlich große Augen. Er hatte innerhalb kurzer Zeit eine Uniform geschaffen. Hauptsächlich war sie schwarz, hatte hier und da ein paar weiße Striche, goldene Knöpfe und ein goldenes Emblem über der linken Brust. Die schwarze Farbe gefiel Etienne. Aber es gab keine Hose.
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Calisteo - Stadt der Geister
FantasyUmgeben von Meer und Wüste steht in einem Fleck von Grün die kleine Stadt Calisteo. Sie ist ein Zufluchtsort für Reisende, scheinbar friedlich und unwichtig, fernab all des Chaos der Neuen Welt. Der fragile Frieden der Stadt wird durch eine Vorhers...