Kontrahenten: Über Durcheinander, Magie und Religion

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Gilgians Augen wanderten unweigerlich zu ihr und er war bereit, sie dafür zu bestrafen, dass sie sich in sein Revier und in seine Angelegenheiten weiter einmischte. Er spürte Metas Hand an seinem Oberarm und versuchte die Wut zu unterdrücken. Etienne sprach weiter, „Ich bin nicht reingegangen. Ich war nur unsicher wegen den ganzen Flüchen und der ganzen Magie des Geistes, die bei unserem Aufenthalt aufgewirbelt wurde, dass ich nur nachschauen wollte, ob das langfristige Auswirkungen hat."

„Und was hast du festgestellt?", fragte er knurrend. Er hatte mit Meta nur angeschnitten, was sie mit dem Haus machen wollten. Weiter waren sie nicht gekommen, als Etienne aufgetaucht war. Aber an erster Stelle sollte die Reinigung des Hauses von gefährlichen Wesen stattfinden. Er hatte sich schon lange nicht mehr wie ein kleines Kind gefühlt, als wie gestern, als Tatinne ihn wegen dem Crawling auseinander genommen hatte.

„Es ist alles sehr durcheinander. Ich habe meine Vermutungen, wie es dazu gekommen ist, kann aber nichts davon konkret bejahen oder verneinen. Es sieht aber so aus, als würden Flüche und Magie miteinander konkurrieren."

„Das bedeutet?", schnitt er ihr leise ins Wort, noch immer wütend.

Sie blinzelte kurz, legte den Kopf schief, als würde sie nachdenken und erklärte dann, „Jeder verfluchte Gegenstand und einige magische Gegenstände brauchen es, dass man sie auf eine bestimmte Art und Weise versiegelt. Wenn dies nicht passiert, dann fängt ihre Magie zu sickern an. Sie tritt aus und in den meisten Fällen fängt der Gegenstand zu wirken an. Wenn jetzt nicht ein Haufen anderer Gegenstände in der Nähe sind, welche unter Umständen genauso mächtig sind, dann fangen sie zu konkurrieren an. Man kann sich das so vorstellen, dass sie anfangen einander und alles andere, was magisch ist, zu verschlingen. In eurem Haus findet gerade ein Festmahl statt. Bleibt abzuwarten, was übrig bleibt."

„Vorher war nichts davon aktiv. Wieso sollte da auf einmal ein Kannibalismus stattfinden?", fragte er und fühlte sich von ihr veräppelt.

Sie antwortete ihm, ohne sich beirren zu lassen, „Ich glaube nicht, dass es so war, dass sie nicht aktiv waren. Es war nur für eine Weile keiner da, um es zu beobachten. Das ist das eine. Das andere ist, dass dein Onkel sehr zielgerichtet am gestrigen Tag die Gegenstände aktiviert hatte. Wenn er eines davon erwischt hat, welches in sich besonders mächtig ist, dann kann es gut sein, dass die ausströmende Magie ausreicht, um die Siegel der anderen Gegenstände zu brechen. Siegel sind eine bestimmte Form von Segen ... oder eine bestimmte Form von Flüchen, je nachdem, wie sie gestrickt wurden... naja, für Flüche ist das alles nur eine weitere Energiequelle, welcher sie sich bedienen können. Und ab da an ist eine unkontrollierte Kettenreaktion."

„Was genau bedeutet das für uns?", fragte Meta. Gilgian legte sich die Finger an den Nasenrücken. Er wusste nicht viel über Magie, aber das hörte sich nach einem fürchterlichen Durcheinander an. Und es gab andere Dinge, um die er sich kümmern wollte.

„Nicht viel", sagte Etienne unbekümmert, „Der Ort könnte für Menschen gefährlich werden. Wenn ihr also etwas aus dem Haus retten wollt, dann solltet ihr Catjill und mich um Hilfe bitten. Ich kann mit Catjill geschützt rein."

„Ich habe kein Interesse an den Gegenständen in diesem Haus. Vielleicht sollten wir es einfach verbrennen?", er sah fragend zu Meta. Sah das Zögern in ihren Augen. Das gab ihn Anlass, die Idee fürs Erste zu verwerfen. Vielleicht könnte er sie später überzeugen.

„Dann lasst es einfach für ein paar Wochen ruhen. Drei Wochen sollten reichen. Um ganz sicherzugehen, vielleicht so fünf", sagte Etienne, „Bis dahin werden die Gegenstände untereinander ihren Kampf ausgetragen haben. Es werden einige übrig bleiben, die weiterhin ihre Flüche im Haus ausüben könnten. Dafür werdet ihr dann jemanden brauchen, der sie versiegelt. Ihr könntet jemanden aus Vheruna anfragen. Ein Priester oder ein Magorí. Aber an sich sollte das weniger gefährlich sein, als wenn ihr es jetzt betreten würdet."

„Nein", sagte Gilgian. Weder das eine, noch das andere. So wie er es mitbekommen hatte, hatte sein Onkel einige beachtliche Sachen in diesem Haus. Wenn er einen Priester holen würde, würde ihm die Religion am Hals sitzen. Wenn es ein Magorí wäre, dann wahrscheinlich die ganze Gesellschaft der Magiepraktizierenden. Vor allem beim Letzteren könnten einige Familien auf sie aufmerksam werden und das wollte und würde er nicht riskieren. Das konnte er wirklich nicht gebrauchen.

Sein Blick fiel auf Etienne, „Wieso soll ich die Aufmerksamkeit von nervigen Individuen auf mich ziehen, wenn du diese Aufgabe genauso gut erledigen kannst?", fragte er.

Sie zuckte mit den Schultern, „Wenn sich Zeit finden lässt."

Ihm fiel auf, dass das keine eindeutige Antwort war. Er würde im Verlauf der Wochen jedoch dafür sorgen, dass sie eine eindeutige gab.

Kurz fragte er sich, ob sie, als Exorzistin, nicht ebenfalls den Priestern dieser nervigen neuen Religion Frage und Antwort stehen müsste. Dieser Job unterstand deren Aufsicht. Und dann fiel ihm ein, dass allein ihre Suche nach den Steinen dafür sorgen würde, dass sie die Geschehnisse im Haus weitergeben müsste. Seine Sorge stieg, als er sie dabei beobachtete, wie sie sich unbekümmert auf den Fenstersims setzte.

„Was berichtest du deinen Vorgesetzten?", fragte er sie. Sie sah ihn überrascht an und Verständnislosigkeit machte sich auf ihrem Gesicht breit. Er hob eine Braue und wartete ab, überrascht davon, dass jemand wie sie, der ständig etwas zu melden hatte, auf einmal schwieg. Dann blinzelte sie und er sah Verständnis in ihrem Gesicht, „Ah, du meinst die Zuständigen der Ekkleâ. Offensichtlich kann ich ihnen nichts berichten, da ihr keine Eklâ in eurer Stadt habt. Wenn die früheren Herrscher denen erlaubt hättet, das heilige Gebäude zu bauen und Priester einzustellen, dann wäre das eine andere Sache. Die Levines hatten aber mächtig Probleme damit, hab ich gehört."

„Was wirst du ihnen berichten?", fragte Meta. Er mochte es nicht, seine Fragen zu wiederholen und war ihr dankbar, dass sie es für ihn übernommen hatte.

Etienne schweig für einen Moment, dann zuckte sie mit den Schultern, „Ich muss ihnen gar nichts berichten."

Beide sahen sie verständnislos an. Etienne lächelte und führte aus, „Die Ekkleâ ist zwar zuständig für die Exorzisten, die meisten von ihnen werden jedoch von der Straße aufgelesen und in diesen Job geschmissen. Diejenigen, die eine gute Ausbildung genießen, bekommen andere Arbeit. Nicht, dass ich einen von denen haben wollen würde. Sie müssen sehr früh aufstehen. Die erste Gebetsstunde findet um sechs statt. Was mich daran erinnert, morgen muss ich auch früh aufstehen, früher als sonst. Seid ihr ab morgen wieder da?"

„Nein", sagte Gilgian. Es störte ihn etwas. Er musste sich auf die Prüfungen vorbereiten. Sein Ziel war es immer noch, aus dieser Stadt zu verschwinden. Dafür brauchte er einen Titel, der ihm Möglichkeiten eröffnen würde. Er hatte bereits gute Rückmeldungen zu diversen Kampfsportarten bekommen. Aber er würde mehr brauchen.

„Zu schade", sagte Etienne, „Ich habe gehört, dass du und Halil zu ähnlichen Zeiten die Turnhalle belegt. Ich hätte gehofft, du könntest mir etwas über seine Routine erzählen."

Sein Grinsen kehrte zurück, „Du wirst schon sicherlich mit ihm klarkommen."

Etienne lächelte zurück, „Vergiss dabei bitte nicht, dass wenn du willst, dass ich in ein paar Wochen dein Haus reinige, ich dafür unter Umständen unverletzt sein sollte."

Er widmete sich wieder seinem Essen zu. Sie hatte recht. Aber das würde er nicht einfach so akzeptieren.

„Gilgian", sagte Meta tadelnd.

„Wieso nimmst du die ganze Zeit ihre Seite ein?", fragte er genervt.

Sie sah ihn verständnislos an, „Ich nehme nicht ihre Seite ein, aber es gibt auch kein Grund, dass du dich so benimmst. Sie hat gestern fürchterliches durchgemacht."

Er sah aus dem Augenwinkel, wie Etienne bei dieser Aussage überrascht die Brauen hob. Das war einer der Gründe, weshalb es so sauer auf sie war. Meta gab sich schon immer die Schuld für die Dinge, die ihr Vater tat. Selbst für Dinge bei welchen sie nicht einmal anwesend war. Es hat früh angefangen, als sie noch ein Kind war und es hat nie aufgehört. Und der gestrige Tag, hatte viele alte Wunden aufgerissen, die noch nie die Möglichkeit hatten, richtig zu heilen.

„Ich tendiere dazu meistens zu Hause zu trainieren. Eben weil ich sein Gesicht nicht sehen will. Oder eines der anderen Mitglieder. Aber er ist meistens morgens um fünf in der Turnhalle und macht seine Routine." Ihr angewiderter Blick verschaffte ihm etwas Befriedigung. „Finde selbst heraus, wie gut er das kann", sagte er und war nicht erfreut darüber, nachgegeben zu haben. Das Gewitter, welches draußen einsetzte, bestärkte seinen Unmut.

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