Das Château de la Fortune: Das größere Übel

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Die Sonnenstrahlen ließen die aufgewirbelten Staubpartikel aufleuchten. Etienne spürte sie unangenehm in ihrem Mund, als sie durchatmete. Ihr Blick fiel auf ihren Djinn, der sich auf die andere Seite gestohlen hatte. Er konnte durch seine einzigartige Magie unentdeckt durch die Reihen der Wesen laufen. Eine besondere Eigenschaft, welche den besonders jungen Djinns zukam, um sie vor Feinden zu schützen. Er suchte den Stein, wie sie erfreut feststellte. Wenn einer das Relikt der Austreibung finden würde, dann war es er. Und sobald er es hatte, konnten sie verschwinden.

Sie hörte, wie erneut etwas an der Seite krachte, dann Schüsse, gefolgt von einem markanten Gefühl der Magie, welche sich so heftig im Raum ausbreitete, dass es ihr Übelkeit verursachte. Und als sie sich umblickte, sah sie einen Wächter zu Staub zerfallen, wahrscheinlich für immer. Die vermeintliche Menschenfrau stand über ihm und atmete schwer. Sie blutete aus ihrem rechten Arm. Der vermeintliche Menschenmann mit dunklen Haaren sah nun deutlich mitgenommener aus. Er eilte zu ihr, mit seiner Waffe in der Hand. Er war derjenige, der geschossen hatte.

„Gut gemacht", sagte der Braunhaarige, der besorgt zu ihnen herüberblickte. Er hätte auch geschossen haben können. Etienne war sich nicht so ganz sicher. Über seine Rolle in dieser Gruppe war sie sich auch nicht sicher. Er schien sich passiv zu halten, mischte sich dennoch in den Kampf ein. Etienne stellte fest, dass er sich so im Raum positioniert hatte, dass er alles im Blick hatte. Das gefiel ihr nicht.

„Raffael, ich bin der Meinung, wir sollten langsam nach Hause gehen", meinte derjenige, welcher ohne sich um seine Wunden zu scheren all seine Aufmerksamkeit der Menschenfrau schenkte.

„Das ist eine fantastische Idee", meinte Etienne strahlend. Desto schneller sie weg waren, desto eher könnte sie ihren Job ohne Publikum und Probleme erledigen.

„Du scheinst uns wirklich loswerden zu wollen", meinte einer von ihnen lächelnd, „Sollte man sich nicht über die Menschen freuen, welche einem Beistand entgegen solch schreckliche Kreaturen bieten?"

„Ich bin sehr schüchtern", erwiderte sie nach einem Moment trocken und er lachte. Sie beobachtete aus dem Augenwinkel, wie er fragend zu seinen Kameraden schaute und der junge Mann bei der Frau ihm ermunternd zunickte. Etienne kannte sie nicht gut genug, um diese Interaktion interpretieren zu können.

Ihre Augen suchten nach Catjill und sie sah ihn weiterhin durch die Schätze der Menschen laufen, welche vor Ewigkeiten diese hier versteckt hatten, geschützt von den Wesen, die sie wahrscheinlich selbst gerufen haben. Oder vielleicht wurden sie selbst zu den Wächtern, deren Seelen getrieben waren von dem Bedürfnis, auf dieser Welt zu verweilen und den Besitz zu schützen, der ihnen in ihren Lebenszeiten zu eigen war.

Es gab noch einen weiteren Wächter, welcher sich bisher verborgen gehalten hatte, und die geisterhafte Gestalt über ihr. Sie schwebte über ihren Köpfen, wachsam und wissend, wie ein Raubtier auf Lauer. Sie verursachte Etienne Gänsehaut, denn obwohl sie sich sicher war, sich gegen sie bewähren zu können, war sie sich genauso sicher, dass dieses Wesen sie in einem unachtsamen Moment zerreißen würde. Sie sah zu ihr hinauf, „Mein Kater und ich wollen wirklich nichts Böses."

„Kater!", hörte sie Catjill beleidigt fluchen. Er hörte mit seiner Suche jedoch nicht auf. Das Wesen betrachtete ihn nicht, genauso wenig, wie die Menschen. Etienne wünschte sich dennoch, er würde trotz seines Zaubers nicht so leichtsinnig die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Das Wesen sah zu Etienne, verschwand kurz und tauchte etwas näher bei ihr auf.

„Das behaupten Menschen immer", sagte sie lächelnd, mit einer verzerrten, aber wunderschönen Stimme, „Und nun schau dir an, was mit meinem Geliebten passiert ist."

Diese Verzerrung passierte manchmal, wenn ein Wesen aus dem anderen Raum sprach. Etienne war sich sicher, dass vor allem dieses hier hauptsächlich im zweiten Raum residierte. Sie wäre dieser Kreatur ungern dort begegnet. Dieses Wesen anzuschauen fühlte sich an, als würde man auf die ruhige Oberfläche von einem See blicken, von dem man wusste, dass er sehr, sehr tief und dunkel war.

Calisteo - Stadt der GeisterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt