Die Geister der McClaines: Überzeugungsarbeit

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Licht drang durch den Spalt in das Zimmer, bewegte sich langsam hin und her. Etienne sprang hinunter und hob lächelnd den Koffer hoch, „Habs gefunden."

Gilgian sah unverändert aus. Wenn Etienne nicht das ganze Blut gesehen hätte, würde sie nicht vermuten, dass es ihm schlecht ging. Raffael stand weiterhin in der Mitte des Raumes, war nicht zu den beiden getreten, stattdessen macht er ihr nun lächelnd Platz, als sie vorbeiging und trat zu den Regalen.

Etienne ging vorsichtig zu Gilgian, sah ihn wachsam an und sagte, „Bitte versteinere mich nicht."

Er stieß ein lachendes Geräusch aus, was jedoch genauso gut eine bedrohliche Ankündigung sein könnte, dass er genau das mit ihr tun würde.

Sie setzte sich neben ihm, Meta fast schon zwischen ihnen beiden, und öffnete den Koffer, „Zeig mal her."

Er zögerte, sah sie noch mal aus wachsamen Augen an und Etienne bekam leicht Angst vor ihm. Es war, als würde sie vor einem wartenden Löwen sitzen, welcher noch nicht entschieden hat, ob er sie mit einem gezielten Biss vernichten wollte oder ob er es langsamer angehen sollte.

Er hob langsam sein Hemd und Etienne schluckte nervös, als sie unter dem ganzen Rot das Fleisch und Fettgewebe sah. Meta versteifte sich neben ihr und sie hörte ein leises Keuchen.

„Gut", meinte Etienne, „ich werde das fürs Erste etwas stopfen, aber Tatinne sollte den Rest erledigen."

„Tatinne?", knurrte er fragend.

„Besser sie, als wenn dich jemand so in deiner Provinz sehen sollte", rief Raffael zu ihnen hinüber, „Vor allem nach euren täglichen Machtkämpfen."

Etienne sah zu ihm und entdeckte ihn neben einem Regal einen Gegenstand hochheben.

„Oh nein, fasse das nicht an", rief sie ihm zu. Er legte das Ding wieder hin und Etienne fügte hinzu, „Fasse am besten gar nichts an."

Raffael sah wieder zu ihr, eindeutig nicht glücklich mit der Situation, rieb seine Hände sauber und sah dann prüfend zu diesen hinunter.

„Bin ich jetzt verflucht?"

„Ja", sagte Etienne trocken.

„Nein", lachte der Djinn, „aber kann noch passieren. Du fühlst dich an, als wärst du ein besonderer Magnet für Flüche."

Raffael runzelte irritiert die Stirn.

Etienne sah wieder zu Gilgian, „Um beim Thema zu bleiben: Es wäre am besten für euch. Tatinne ist sehr gut darin, Wunden zu versorgen. Und sie wird diskret sein."

Und sie würde Etienne dabei helfen dafür zu sorgen, dass alle Beteiligte langsam zu vergessen anfangen würden.

Während Gilgian nachzudenken schien, öffnete sie den Koffer. Alles, was sie brauchen würde, schien da zu sein. Etienne nahm sich einen Moment, noch einmal den Blick zu wechseln. Der Raum war noch immer erfüllt von dunklen Schatten, welche nun bedrohlich langsam durch das Zimmer flogen. Sie konnte Raffael durch diese nicht erkennen, aber Meta, Gilgian und sie saßen zusammen in klarer Luft, wie im Auge eines Hurrikans. Der Geist saß neben ihnen. Genauer genommen neben Meta. Sein Gesicht war dich an ihrem, seine Lippen an ihrem Ohr und er flüsterte fanatisch Worte, welche sie nicht hören konnte. Etienne ließ den Blick fallen, horchte dafür in den anderen Raum hinein, neugierig, was er sagte.

Bleib hier, bleib hier, bleib hier. Mein Herz. Meine Sonne, bleib hier mit mir.

Er wiederholte sich, immer wieder und wieder. Seine Stimme nicht mehr, als ein unangenehmes, schnelles Flüstern.

Lauschst du?, schrie er dann in ihr Ohr und Etienne zuckte zusammen, kappte den Kontakt und rieb ihr schmerzendes Ohr. Verfluchter Geist. Immerhin war er nun harmlos.

Fragende Augenpaare sahen zu ihr, sie ignorierte diese jedoch und packte die Bandagen, machte sich dran, die Wunde zu betrachten. „Kann ich das anfassen?", fragte sie Gilgian.

Er nickte, sichtlich unzufrieden. Etienne wollte nach Fremdkörpern schauen, entschied sich jedoch dagegen, da die Wunde noch immer blutete und sie wahrscheinlich nicht so geschickt wäre, wie Tatinne. Sie packte die Kompressen, presste sie an und wies ihn an, „Halt sie da fest."

Er machte, wie sie sagte und nun wurde langsam ersichtlich, dass er Schmerz hatte. Sie fixierte die Kompresse und umwickelte sie dann mit einer Mullbinde.

„Gut", sagte sie dann, „Das wird fürs erste reichen. Lasst uns das Haus verlassen."

Sie stand auf wischte sich die Hände an einem Tuch ab, „Catjill kann euch in die obere Etage fliegen."

„Wieso hat er das vorhin nicht gemacht?", fragte Raffael.

„Weil es keinen Anlass dazu gab", erwiderte sie ausweichend. Wieso stellt er andauernd Fragen?

Er schien zu registrieren, dass sie seiner Frage ausgewichen war, aber das war ihr egal. Um das zu erklären, müsste sie ihm etwas zu dem Vertrag mit ihrem Djinn erzählen. Das würde sie nicht, denn wenn das jemand ganz geschickt anstellte, dann könne ihr der Djinn konkurriert werden.

„Catjill wird auch dafür sorgen, dass keine Aufmerksamkeit auf euch fällt", fügte sie hinzu.

Der Kater richtete sich auf, „Das werde ich. Meine Präsenz wird alle Aufmerksamkeit auf mich ziehen."

Etienne sah ihn warnend an, „Du weißt, wie das Läuft."

„Ja", erwiderte er mürrisch, „Keiner wird uns sehen auch mich nicht."

Plötzlich fiel ein Schatten auf sie, ausgelöst durch Gilgians energetischem Aufstehen.  „Ich brauche nicht die Hilfe einer Kanalratte."

Catjill stahl sich hinter Etienne, welche an Gilgian gerichtet warnend sagte, „Vielleicht nicht um da hochzukommen, aber um unbemerkt zu Tatinne zu gelangen schon."

Er knurrte sie an und Etienne erwiderte seinen Blick, „Es ist nur ein Angebot. Aber ein sehr gutes."

Akzeptiere endlich, dachte sie gestresst.

„Gilgian, genug", sagte Meta dann. Ihre Stimme war ein müder Hauch. Erneut lieferten sie sich ein Wettstarren und Gilgian gab seufzend nach, „Ich helfe euch hoch, dann kann dein Kater mir helfen."

„Catjill", sagte ihr Djinn korrigierend. Gilgians einschüchternder Blick fiel auf ihn und er duckte sich erneut hinter Etienne weg.

„Schick mich als erstes hoch, dann soll Meta folgen", wies Etienne sie an.

Er sah immer noch mit zusammengekniffenen Augen zu ihnen herüber, tat dann aber, wie sie gesagt hatte. Etienne sprang mit Gilgians Hilfe hoch und nutzte dann Catjill, um Meta zu helfen, damit sie nicht herumgeworfen werden würde. Raffael folgte ihnen und anschließend tat Catjill dasselbe bei Gilgian, wie bei Meta. Gilgian schien nicht glücklich damit zu sein.

„Könnte eigentlich Spaß machen", sagte Meta mit einem versöhnenden Lächeln.

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