Gilgian knurrte und gab einen Fluch von sich, als er lautes Rufen und das Bellen von Befehlen seiner Sicherheitsmänner im Flur hörte. Auch Meta warf einen verwunderten Blick Richtung Tür. Dabei hatten sie solch einen ruhigen Abend gehabt.
Mit Mühe stand er auf und stapfte zur Tür, welche er aufriss und Etienne im Gang mit einigen seiner Wachmänner ringend vorfand. Er wurde sich für einen Moment unsicher, ob seine Leute so nachlässig waren, dass sie Etienne so weit in sein Anwesen haben eindringen lassen oder ob sie sich unsicher waren, eine junge Frau von seiner Schule durchzulassen und im letzten Moment gekniffen haben.
„Was zur Hölle machst du da?", fragte er.
„Ich wollte euch besuchen", sagte Etienne lächelnd.
„So?", fragte Gilgian knurrend nach. Dann schickte er seine Leute zurück auf ihren Posten. Kurz überlegte er sich, dieses Balg wegzuschicken, doch dann dachte er an das Gespräch mit Meta und dachte, dass sie sich vielleicht freuen würde, sie zu sehen. Er ging zurück in sein Zimmer und spürte, wie Etienne ihm folgte. Meta saß auf einem Stuhl und sah verwirrt zu ihnen hinauf, „Etienne?"
„Hallo Meta! Wie geht es dir?"
„G-gut", antwortete sie überrascht. Nachdem Gilgian sich am Morgen zu einem Treffen mit den Anderen geschleppt hatte, um über die Ereignisse der gestrigen Nacht in der Stadt zu sprechen, hatte er den ganzen Abend damit verbracht, sich mit Meta zu unterhalten. Gilgian war aufgefallen, dass es das erste Mal seit langem war. Eine ausnahmsweise gute Auswirkung von der gestrigen Wahnsinnstat der verrückten Neuen.
„Ich habe euch was zu essen mitgebracht. Ich hoffe, es schmeckt euch", Etienne hob die weiße Tüte hoch und Gilgian nahm sie entgegen.
„Was willst du?", fragte er dann.
„Nur meine Klassenkameraden besuchen", sagte Etienne strahlend, „Ist daran etwas verkehrt?"
„Es ist unüblich", erwiderte Gilgian und gab Meta ein Päckchen des Essens. Meta schaute zunächst ganz überfordert. Genauso wenig wie er war auch sie jemals in dieser Position gewesen. Ein Besuch von jemandem Fremden. Für die längste Zeit waren sie nur untereinander gewesen und Gilgian hatte gedacht, dass das so passen würde. Doch nach ihrem Gespräch fragte er sich, ob es auch wirklich das Richtige für sie gewesen war.
Metas Lippen verzogen sich zu einem schüchternen Lächeln und ein Stich ging ihm durchs Herz. Er brauchte nicht viele Menschen in seinem Leben und er hatte gedacht, bei ihr wäre es genauso. Aber sie war wahrscheinlich einsamer, als er es wahrgenommen hatte.
Gilgian setzte sich auf sein Bett und beobachtete aus schmalen Augen, wie Etienne durch das große Zimmer ging und sich umsah. Bei dieser Neugierde wunderte es ihn nicht, dass sie geradewegs in das alte Haus der McClaines gegangen war. Das würde sie aber nicht noch einmal machen. Diesmal würde er nicht davon überrumpelt werden. Er war sich sicher, dass Etienne gezielt auf Meta zugegangen war. Und Meta hatte solch ein schlechtes Selbstwertgefühl, dass sie leicht zu überzeugen war, wenn man nur genug auf die Tränendrüse drücken würde. Das bedeutete nicht, dass sie unbedingt Mitleid mit den Menschen hatte. Sie wollte nur nützlich sein. Immerhin war das etwas, was er sicher über sie wusste.
„Das wundert mich irgendwie nicht", sagte Etienne und riss ihn aus seinen Gedanken, „ihr seid alle nicht sonderlich hilfsbereit einander gegenüber."
Sie trat an seinen Schreibtisch und betrachtete das Durcheinander aus Papieren. Gilgian ließ das Meiste die Menschen machen, die sich schon seit Jahren um die Provinz gekümmert hatten. Doch es gab leider noch immer Angelegenheiten, um die er sich nicht drücken konnte. Aber seine einzige wahrhaftige Aufgabe bestand darin, darauf zu achten, dass keiner Meta oder ihm in den Rücken fiel.
DU LIEST GERADE
Calisteo - Stadt der Geister
FantasyUmgeben von Meer und Wüste steht in einem Fleck von Grün die kleine Stadt Calisteo. Sie ist ein Zufluchtsort für Reisende, scheinbar friedlich und unwichtig, fernab all des Chaos der Neuen Welt. Der fragile Frieden der Stadt wird durch eine Vorhers...