Kapitel 10.2

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Amaliel stieß kurze Zeit später zu mir und zusammen richteten wir seinen schmalen Schlafplatz ein. Die Matratze war 195cm lang, also nur knapp größer als Amaliel. Das konnten erfreuliche zweieinhalb Monate werden.

»Schau mal, was ich gefunden habe.« Ich hielt die Packung einer bunten Lichterkette in die Höhe, die im Regal gelegen hatte. »Vielleicht kann man die hier irgendwie anbringen. Natürlich so, dass niemand sie sehen kann.«

Amaliels Gesicht hellte sich auf. »O ja, bitte. Ich liebe Lichterketten.«

»Ich hoffe nur, die funktioniert noch.«

Auf der Suche nach der Steckdose, die hier irgendwo sein musste, drehte ich mich einmal um mich selbst, bis ich sie in der Nähe der Lücke zwischen Regal und Seitenwand des Gartenhauses fand. Perfekt. So konnte man die Lichterkette um das Regal winden und der Stecker war nicht weit von Amaliels Kopf entfernt.

Dieser nahm mir die Schachtel aus der Hand und packte die Lichterkette aus. Als sie nach dem Einstecken in die Steckdose anfing zu leuchten, strahlte er mir ihr um die Wette. Um mein Herz wurde es warm.

Gemeinsam machten wir die bunten Lichter mit Klebeband an der Rückseite des Regals fest und schmückten so die ansonsten eher ungemütliche Schlafstätte. Nachts sah es sicher schön aus. Vielleicht sollte ich mir für mein Zimmer auch Lichterketten besorgen.

»Was hältst du davon, wenn wir etwas essen, bevor wir alles wieder hier reintragen?« Mein Magen fühlte sich gerade unendlich leer an, ich war mir sicher, Amaliel ging es nicht anders.

»Das ist eine fabelhafte Idee, Eli.« Schon war er aus der Tür verschwunden.

Fabelhaft. Ich wusste nicht, dass das Wort in seinem täglichen Wortschatz enthalten war.

Während ich hinter ihm herlief, überlegte ich, was ich uns zum Essen machen könnte. Amaliel wirkte so glücklich und gelöst, dass ich ihm auch mit dem Essen eine Freude machen wollte. Am besten sollte er den ganzen Tag lächeln, nur leuchtende Augen und Grübchen, die mir jedes Mal aufs Neue den Kopf verdrehten. Aber wer konnte Grübchen auch widerstehen?

»Klingen Pfannkuchen gut?«, fragte ich, als ich nach ihm die Küche betrat.

»Du scheinst heute nur gute Ideen zu haben.« Die Grübchen waren wieder da und ich musste den Blick abwenden, bevor ich zu schmelzen begann wie ein Schneemann im Sommer.

Mit einem Lächeln machte ich mich daran, die Zutaten für den Teig aus den Schränken zu suchen. »Wir haben Ahorn- und Blaubeersirup, was magst du lieber? Oh, und Apfelmus gibt es auch. Oder irgendetwas Schokoladiges.«

Amaliel wiegte den Kopf hin und her und schien ernsthaft über die Frage nachzudenken. »Apfelmus klingt immer gut.«

»Gut. Wenn du kein Apfelmus mögen würdest, hätte ich dich leider vor die Tür setzen müssen.«

Er lachte und näherte sich mir ein Stück, während ich ein Ei an der Kante der Schüssel aufschlug. »Wer mag denn kein Apfelmus?«

Ich warf ihm einen Blick zu, der Bände sprach.

»Nein«, rief er erschrocken aus. »Wer?«

»Alex. Er hat es noch nie gemocht. Aber alles andere mit Apfel ist vollkommen in Ordnung.«

»Sieht so aus, als wäre er doch kein so guter bester Freund.«

»Eifersüchtig?« Vielleicht war es nicht die beste Idee, näher darauf einzugehen, wenn er mich gestern erst geküsst hatte, aber jetzt war es schon zu spät.

»Ich doch nicht.« Amaliels Muskeln spannten sich nicht an und auch sein Tonfall änderte sich nicht. Also war ich der Einzige, der daran dachte. Zum einen war ich froh, weil so die Stimmung zwischen uns nicht wieder komisch wurde. Andererseits fragte ich mich dann auch unwillkürlich, ob der Kuss ihm so unwichtig gewesen war, dass er ihn schon wieder verdrängt hatte.

Wie zwei Geister im UniversumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt