Kapitel 14

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Ich fand Mary neben dem Kunstraum, in dem sie gerade Unterricht gehabt hatte, als sie ihre Wasserflasche aus ihrer Schultasche fischte.

»Hey«, begrüßte sie mich. »Du hast doch freitags keine dritte und vierte Stunde, oder?«

Ich nickte. »Schon das ganze Jahr.«

»Bei mir fällt jetzt Geografie aus, also wollte ich fragen, ob wir in der Zeit etwas zusammen machen könnten. Es lohnt sich für mich nicht, nach Hause zu gehen.« Sie steckte die Flasche zurück und erhob sich vom Boden.

»Klar«, antwortete ich und lächelte. »Ich gehe in der Zeit meistens nach Hause, aber wir könnten ... oh, wir könnten zu meiner Oma gehen. Sie hat ein Café in der Stadt«, ergänzte ich auf Marys verwirrten Blick.

»Das klingt gut. Ich habe nur kein Geld dabei.« Sie biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick.

»Das ist doch egal, ich lade dich ein. Komm, meine Oma wird sich freuen.« Ich breitete die Arme aus und führte Mary den Flur entlang. »Und du kannst dir auch sicher sein, dass das kein Date ist.«

Marys Lachen erfüllte den Gang.

{☆}

Eine Viertelstunde später standen wir vor dem Café, zu dem auch die Konditorei gehörte. Durch die großen Glasfenster konnten wir ins Innere sehen.

Es waren nur wenige Gäste anwesend; eine Gruppe schwatzender Frauen am großen Tisch am Fenster und ein älteres Ehepaar etwas weiter weg. Der Mann warf uns einen wissenden Blick zu, ich schüttelte lächelnd den Kopf. Natürlich waren ein Junge und ein Mädchen, die zusammen essen gingen, sofort auf einem Date.

»Hier arbeitet deine Oma?«, fragte Mary, als wir uns einen Tisch an der Wand suchten, etwas entfernt von den anderen. Sie ließ sich auf die dunkelrote Bank fallen, während ich mir den Stuhl nahm.

»Sie hat es selbst eröffnet, also ja.« Ich deutete auf die Speisekarte, die in einer silbernen Halterung zwischen uns stand. »Wir können uns etwas zu trinken bestellen und dann an der Theke einen Kuchen aussuchen.«

»Gute Idee.« Mary nahm sich die Karte und studierte sie.

Kaum eine Minute später kam Ella auf uns zu, die Kellnerin, die gerade Schicht hatte. Sie arbeitete schon mehrere Jahre hier. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie zu einem Zopf zusammengebunden, Tattoos rankten sich über ihre Arme bis zu ihrem Hals.

»Hallo, Delian«, begrüßte sie mich. »Was verschlägt sich hier hin? Keine Schule?«

»Die entfällt, deswegen dachten wir, wir kommen zum Frühstücken.« Ich lächelte ihr zu, sie erwiderte es erfreut.

»Exzellente Idee. Was kann ich euch bringen?« Sie zückte ihren Notizblock.

»Eine heiße Schokolade«, antwortete ich. Ich wusste nicht, ob ich je schon etwas anderes genommen hatte.

Ella schaute zu Mary. »Ich auch, aber mit Hafermilch«, antwortete sie schnell und legte die Karte beiseite.

»Cool. Mit oder ohne Sahne?«

»Ohne«, antworteten Mary und ich gleichzeitig und mussten grinsen. »Und wir nehmen noch einen Kuchen«, fügte ich hinzu.

Ella nickte und entfernte sich.

»Weißt du schon, was du nimmst?«, fragte ich Mary, als wir vor der Kuchentheke standen.

Etwas ratlos schaute sie auf die Auswahl an verschiedenen Kuchen, manche mit Beeren, manche mit Schokolade. »Hast du Empfehlungen?«

»Sie sind natürlich alle toll. Also wirklich. Es kommt immer darauf an, was du magst. Ich nehme die Torte mit Blaubeeren.« Ich zeigte auf eine der vorderen Torten, deren Sahne sich durch die Beeren violett verfärbt hatte. Schon griff Ella danach und legte mir ein Stück auf einen Teller.

Wie zwei Geister im UniversumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt