Kapitel 19

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Mali: Lust rauszukommen?

Die Nachricht tauchte auf meinem Handy auf, gerade als ich es für heute Nacht ausschalten wollte. Amaliel schien ein Gespür dafür zu haben, mir kurz vor dem Schlafengehen zu schreiben. Schon am Wochenende hatte er mich überreden können, nachts mit ihm einen Spaziergang durch unser Viertel zu unternehmen.

Für einen Moment schloss ich die Augen, dachte zurück an den kühlen Nachtwind, an Amaliels warme Haut an meiner, als seine Hand beim Laufen meine gestreift hatte. Er hatte sie nicht sofort zurückgezogen.

Delian: Sicher. Aber wenn mein Vater etwas merkt, bin ich in ziemlicher Erklärungsnot. Und ich habe morgen Schule

Mein Herz hatte schon vor zwei Tagen bis zum Hals geklopft, als ich mich raus und später wieder ins Haus geschlichen hatte. Meine Mutter hatte einen leichten Schlaf, da war es von Vorteil, dass sie heute nicht da war. Auch wenn ich nicht wusste, wo sie sich aufhielt und ob sie im Laufe der Nacht wieder nach Hause kommen würde.

Mali: Ach, komm schon. Das Licht im Schlafzimmer ist vor mindestens einer halben Stunde ausgegangen. Außerdem hast du nur noch vier Tage Schule bis zu den Sommerferien. Erzähl mir nicht, dass ihr da noch was Wichtiges macht

Ich seufzte. Er hatte doch recht. Aufregung machte sich in meiner Brust breit bei dem Gedanken an einen weiteren nächtlichen Spaziergang.

Delian: In ein paar Minuten bin ich bei dir

Mali: Ich wusste es

Mali: Ich warte im Garten

Widerwillig stemmte ich mich aus meinem warmen Bett hoch. Mein Herz klopfte bis zum Hals, als ich meine Zimmertür öffnete und lauschte. Ich tat nichts Verbotenes, aber mit jedem Treffen mit Amaliel erhöhte sich die Gefahr, dass jemand ihn entdeckte. Mit der Zeit wurden wir nachlässiger.

Auf Zehenspitzen schlich ich nach unten in den Flur, um meine Schuhe zu holen. An der Tür zum Garten blieb ich mit angehaltenem Atem stehen und lauschte auf verdächtige Geräusche. Alles ruhig.

Amaliel empfing mich im Schatten der Hauswand und wartete, während ich meine Schuhe anzog.

»Was hast du vor?«, fragte ich im Flüsterton, lauter traute ich mich nicht zu sprechen.

Ein Schulterzucken. »Spazierengehen. Es ist schön hier bei Nacht.«

»Ich weiß, wir waren erst vor ein paar Tagen unterwegs, falls du dich noch erinnerst.« Ich folgte ihm durch unser Gartentor, das ich sorgsam hinter mir verschloss.

»Die Erinnerungen verblassen schon, wir müssen sie auffrischen«, meinte er theatralisch seufzend und warf mir ein Lächeln zu. Er sah so ... weich aus in seiner hellgrauen Jogginghose, mit dem weiten T-Shirt und den ausgebreiteten Armen, während ihn von hinten der Mond und die Straßenlaternen beschienen. Ich musste jeden Rest Konzentration zusammenkratzen, um meinen Blick von seiner Gestalt abzuwenden.

»Ach, Mali«, flüsterte ich, konnte das Lächeln nicht zurückhalten. »Was kannst du mir heute zeigen?« Im Laufen drehte ich mich einmal um die eigene Achse und deutete dabei hinauf zum Himmel. Amaliel betrachtete mich schmunzelnd.

»Leider ist der Blutmond schon vorbei, der war vor sechs Tagen. Ich meine, vom Gartenhaus aus habe ich nicht wirklich etwas gesehen, aber die Bilder im Internet waren schön.« Er zuckte mit den Schultern, den Blick weiter nach vorne gerichtet. Der Mond über uns war noch halb voll.

»Stimmt, das kam im Radio. Ich bin verwundert, dass du mich an dem Tag nicht aus dem Bett gezogen hast.«

Er musste lachen. »Ich wollte dir nicht noch mehr wichtigen Schlaf rauben. Im Gegensatz zu mir kannst du nicht schlafen, wann du willst. Außerdem waren deine Eltern da und wir wollen ja nichts riskieren.«

Wie zwei Geister im UniversumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt