29. Der Maskenball

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(PoV: Nick)

Stille herrschte im Saal. Zumindest kam es Nick so vor, denn alles was er hörte, war das Klopfen seines eigenen Herzens und den Atem von Connor in seinem Nacken. Die Musik, die Gespräche der Gäste, alles andere um ihn herum verstummte. Als wenn es für einen Moment nur noch Connor auf dieser Party gab.

“Du dürftest nicht hier sein”, sprach Nick voller Empörung in seiner sonst sanften Stimme.

Connor lachte. “Du lädst mich von der Veranstaltung meiner eigenen Familie aus, wie entzückend”, sagte er und strich über Nicks Wange, von der er selber gar nicht bemerkte, dass sie rot anlief, als sein Feind sie berührte. Nick erinnerte sich genau an die Worte, mit denen der Jäger sich im Chemieraum von ihm verabschiedete. Sie waren Quitt miteinander und nun wieder Feinde auf einem Schlachtfeld, das ihren Familien und seiner Spezies galt. Doch war es wirklich jemals anders zwischen ihnen?

“Als guter Jäger solltest du mit deiner Familie jagen und gefährlichen Bestien wie mich erlegen oder sehe ich das etwa falsch?”, fragte Nick und versuchte einen Schritt zurück zu treten. Sein Körper traf jedoch bereits nach wenigen Zentimetern den von Connor.

Der Jäger entging Nicks Gedanke an die Flucht natürlich nicht. Er schlung einen Arm um die Hüfte des Werwolfs und erntete ein empörtes seufzen von seinem Feind. Wie konnte er es nur wagen, ihn so zu berühren? Nicks Kopf gleichte dem einer reifen Tomate, als sich nun kein einziger Millimeter mehr zwischen den beiden befand.

"Dasselbe könnte ich dich fragen. Ein guter Werwolf geht nicht auf einen Maskenball meiner Familie. Bist du etwa lebensmüde?”, stellte Connor ihm die Gegenfrage. Nicks Mundwinkel senkten sich. Er drehte seinen Kopf zu dem Jäger hin und blickte ihm direkt in die Augen als er sprach:

“Schätze, wir sind wohl beide schlecht in dem, was wir sind. Nun entschuldige mich bitte”, der Teenager wollte sich gekonnt von seinem Feind verabschieden und das Weite suchen. Die Mission war im Eimer, das war Nick bewusst, nun galt es so schnell wie möglich aus dem Haus zu verschwinden. Mittlerweile bekamen auch Charlotte und Rylee Wind von Connors Anwesenheit. Ihnen waren jedoch, ebenso wie Nick, die Hände gebunden. Würden sie den Jäger hier im Auge der Öffentlichkeit angreifen, war ihre Tarnung hinüber.

“Nimm sofort deine dreckigen Pfoten von Nick oder es setzt was”, drohte Charlotte ihm. Doch auch Connor wusste, dass ein Kampf nun unmöglich war, weswegen er der Freundin von Nick lediglich ein dreckiges Grinsen entgegenstreckte. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und seufzte lautstark. Nick nutzte die Tatsache, dass Connor für wenige Sekunden abgelenkt war und schlug den Arm des Jägers zur Seite. Er schlenderte über die Tanzfläche mit seinem Blick starr gerichtet auf den Ausgang der Villa. Er hätte es auch beinahe dorthin geschafft, wenn das Streichquartett nicht plötzlich von entspannter klassischer Musik auf romantische Musik, die alle Paare auf dem Ball zu einem Tanz einlud, wechselte.

Ehe der Junge sich versah, stand er mitten auf der Tanzfläche, umgeben von tanzenden Paaren, die jeglichen Weg zum Ausgang versperrten.  Gerade als er einen kleinen Schlitz durch den sein Körper hindurch passen könnte, entdeckte, spürte er, wie eine Hand ihn zu sich zog. Der Werwolf befand sich erneut in der Gefangenschaft des Jägers. Nur ahnten die noblen Gäste nichts von dem Kampf der beiden, den sie ohne ihren Waffen führten.

“Du willst also tanzen, Köter? Ich wette ein Wesen deiner Klasse, kann nicht mit einem Jungen wie mir mithalten”, behauptete Connor. Wo er doch recht hatte, dachte Nick. Bevor der Teenager sich dagegen wehren konnte, legte der Jäger auch noch seine freie Hand in die von Nicks und zog ihn in einen entspannten Walzer hinein.

Connor behielt recht. Er konnte keinesfalls mithalten. Anfangs watschelte der Teenager wie eine Ente über die Tanzfläche. Einige der Gäste versuchten ihr Lachen bezüglich seiner mangelnden Künste zu unterdrücken. Nick konnte es klar und deutlich hören. Einige Male trat er seinem unfreiwilligen Tanzpartner auf den Fuß, woraufhin dieser den Griff seiner Hände verstärkte. Nachdem er ein fünftes Mal auf Connors Fuß trat, erntete der Teenager aus einfachen Verhältnissen wider erwartens kein genervtes Seufzen oder Zwicken in seinen Handflächen, sondern ein sanftes: “Hey, entspann dich. Ein angespannter Körper kann gar nicht tanzen. Mach einfach das, was ich mache”.

Crescence - Boy meets LycantropyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt