7. Die Einladung

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(POV: Nick)

"Nick, ich verstehe, dass du Angst hast dich zu verwandeln, aber was sollen diese hässlichen Handschuhe?", entsetzt blickte Charlotte auf die mit Patchworkmuster bedeckten Handschuhe ihres Freundes.

"Wenn meine Krallen wieder auftauchen sollten, sind sie versteckt", sagte Nick völlig überzeugt von seiner Idee. Seine Freundin schüttelte den Kopf. Sie war sich sicher, dass dies nur noch mehr aufsehen erregen würde, als die gesamte Situation an sich.

"Außerdem hat meine Großmutter die für mich gestrickt", gab er ihr zur Kenntnis. Nick tat zwar schon, als wäre er ein vollwertiger Erwachsener, aber tief in seinem Inneren verbarg sich doch noch ein wenig Kind.

"Verstehe, aber jeder wird dich drauf ansprechen. Das ist das genaue Gegenteil von unauffällig sein", behauptete Charlotte, doch Nick war sich seiner sicher.

Die Sonne stand bereits früh am Himmel und warf ein Farbenspiel von Rot- und Orangetönen am Morgenhimmel. Keine einzige Wolke verdeckte die Schönheit des Sonnenaufganges, der sich in den gläsernen Dachfenstern der Zughaltestelle spiegelte. Da wusste jeder, dass ein wunderschöner sonniger Tag auf einen wartete. Selbstverständlich wurde der Teenager bei solch rosigen Wetteraussichten schief angestarrt, als seine Mitschüler die Winterhandschuhe an ihm bemerkten.

"Na Rodriguez, haste dich in der Jahreszeit geirrt? Es ist noch Sommer", spottete einer der muskelbepackten Footballspieler und wuschelte Nick beim vorbeigehen durchs Haar. Sofort richtete er seine Frisur. Diese Katastrophe würde schon bald wieder vorbei sein, davon versuchte er sich zu überzeugen. Nächste Woche, nein vielleicht sogar schon in wenigen Tagen, da würde er wieder normal sein. Schließlich ist eine Expertin an seiner Seite. Wenn es möglich ist, einen Menschen in einen Werwolf zu verwandeln, dann geht es doch auch umgekehrt, richtig?

Diese Sätze wiederholte der Teenager kontinuierlich in seinen Gedanken. Dies waren im Moment die einzigen Worte, welche es schafften, ihn zu beruhigen. Es waren lediglich die Dinge, die Charlotte ihm immer wieder sagte. In ihrem Mund, klangen sie jedoch viel zuversichtlicher.

"Charlotte, deine Aufsätze waren der Hammer. Ich bin unter den Top 10 gelandet! Deine Fähigkeiten grenzen wirklich an Magie", behauptete Tyrone als er die beiden beim vorbeigehen an ihrem Spind entdeckte. Nick seufzte. Der Junge tat so, als würde er etwas in seinem Spind suchen, damit er seinem Klassenkameraden keine Ansage gab. Wut kochte in ihm auf, als er diese Worte hörte. Er hielt nur Charlotte zur Liebe die Füße still. Diese Platzierung gehörte ihr. Das sind ihre Aufsätze, ihr Talent, ihr Schweiß und Blut, die sie in diese Texte steckte.

Dieser Kerl wagte es die Früchte ihrer Arbeit zu tragen, in dem er die Medaille des vierten Platzes um seinen Hals trug.

"Du Charlotte, könntest du mir einen Biologie Aufsatz für nächsten Monat klar machen?", fragte er und spielte dabei an dem Reißverschluss seiner dunkelblauen Strickjacke.

"So kurzfristig?", sie blickte ihn fragend an.

"Ich bezahle es auch extra", grinste er.

Sie seufzte lautstark und erklärte sich schließlich dazu bereit.

Der Drang ihm die Meinung zu geigen, wuchs stetig. In seinen Gedanken sprach er bereits die richtigen Worte aus. Nick atmete tief ein und aus. Dies zog er solange durch, bis Tyrone wieder verschwand. Welch eine Erleichterung er dabei verspürte. Gegenüber Charlotte verlor er kein Wort mehr über ihren illegalen Nebenjob. Einerseits verstand er, dass sie nun mal damit ihr Geld verdiente.

Es fühlt sich nunmal unangenehm an, sich ständig welches leihen zu müssen. Andererseits dachte er schon, dass diesem Jungen mal eine Lektion erteilt werden musste. Außerdem wusste Charlotte nichts von seinen Geschäften. Welche er aus ähnlichen Gründen vor ihr verbarg.

Crescence - Boy meets LycantropyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt