20. Omega

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(POV: Nick)

"Guten Tag, ich bin hier um meinen Sohn abzuholen", ungefähr zehn Minuten nach dem Vorfall mit Alex fand Nick sich in der Situation wieder, dass seine Mutter vor dem Eingang der Schule stand und ihn abholen wollte. Sie sah exakt aus wie sie, doch der Geruch, den sie umgab, ähnelte ihr keinesfalls. Der Lavendelgeruch, welchen der junge Werwolf im Wald roch, als die Hexe zum ersten Mal versuchte, ihn zu fangen und nicht zu vergessen, als sie sich als Charlotte ausgegeben hatte. Ein normaler Mensch würde es nicht wahrnehmen, aber Nick konnte sie riechen. Es war nicht Rylees Körpergeruch. Vielmehr war es die Magie einer Hexe, welche so intensiv in seine Nase kroch.

Außerdem hatte sie vergessen, dass seine Mutter eine Narbe aus Kindertagen auf ihrem Unterarm trug. Diese schminkte sie bloß für ihre Fernsehauftritte ab. Dann noch diese Bluse bestickt mit dem kitschigsten Blütenmuster, was er je gesehen hatte. Das würde sie niemals tragen.

Als wenn das alles nicht gruselig genug für den Teenager war, streichelte Rylee ihm vor seinem Sportlehrer durch die Haare. Zur Krönung gab es dann noch einen Kuss auf die Wange. Da platzte Nick beinahe der Geduldsfaden. Innerlich wollte er schreien. Dieser ganze Tag fühlte sich an, als wäre alles ein schlechter Witz. Er wollte einfach nur nach Hause, ein wenig schlafen und als völlig normaler, menschlicher Junge wieder aufwachen.
Wenn er es sich recht überlegte, war dies alles nur passiert, weil er mit Charlotte auf dieses Konzert gegangen war, oder lag es doch an ihrem Bruder, der unbedingt eine Abkürzung wollte? Nein, das war alles Zaynes Schuld! Warum musste er gerade ihn für sein Rudel auswählen?

"Komm schon, Nick! Zuhause macht Mama dir einen schönen Tee und gibt dir ein paar Küsschen, dann geht es dir bald schon wieder besser, mi amor", sagte Rylee mit einer viel zu übertrieben hohen Stimme und schlang ihren Arm um seine Schulter. Nick schloss die Augen. Wenn der Lehrer darauf reinfallen sollte, zweifelte der Junge wirklich an der Menschheit.

"Alles klar, kommen Sie gut nach Hause. Gute Besserung, Nick", verabschiedete der Lehrer ihn guten Glaubens, dass er sich Zuhause erholen wird. Nun verstand er gar nichts mehr. Das Rylee tatsächlich damit durchkam, sich als seine Mutter auszugeben.

"Oh, auf dem Weg hat Charlottes Vater mich gebeten, sie gleich mit abzuholen. Sie hat nachher noch diesen Zahnarzttermin", behauptete sie. Damit müsste sie nun endgültig auffliegen, dachte Nick zumindest. Tatsächlich aber fanden die drei Teenager sich wenige Momente später in dem kleinen Waldstück neben der Schule wieder. Dort öffnete Rylee ihr Portal und schickte sie allesamt in Nicks Zimmer. Sie verließen sich auf den Fakt, dass Nicks richtige Mutter vormittags nie zu Hause war.

Nick warf sich auf sein Bett und schloss die Augen. Er spürte, wie er anfing zu schwitzen. Rylee setzte sich zu ihm. "Geht es noch?", fragte sie. Er gab ein klares Nicken von sich.

Charlotte nahm ihn in den Arm. "Was auch immer geschieht, ich bin für dich da", versprach sie. Nick wusste, dass wenn sie fest drückte, die Situation ernst war. Mehr als das sogar. "Vielen Dank, dass du mich auch als ein Monster liebst!", sagte er. Dabei entwich ihm beinahe eine Träne.

"Du wirst niemals ein Monster sein, egal was du bist!", meinte sie und gab Nick einen Kuss auf die Wange. Er konnte schwören, dass sie die Träne, welche seinem Auge entweichen sah, aber den Mund hielt. Sie saß einfach nur dort und lächelte ihn an. Bevor Nick zu sentimental wurde, wechselte er schnell das Thema. Wäre Rylee nicht da gewesen, hätte er sicher vor Charlotte geweint.

"Rylee woher wusstest du überhaupt wie meine Mutter aussieht?", insgeheim fragte er sich die ganze Zeit schon, wie sie an diese Information gelangte. Ihre Magie empfand er sowieso schon als äußerst gruselig.

"Durch den Wetterbericht! Deine Mom sieht echt gut aus für ihr Alter, Respekt!" antwortete Rylee. Nick wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Da seine Mutter diesen Reporter Job besaß, kannte sie jeder in dieser kleinen Stadt. Dass sie für ihr Alter ziemlich jung aussah, bekam der Junge oft zu hören. Einige Stimmen behaupteten gar, man würde es ihr gar nicht ansehen, dass sie Mutter ist. In Nicks Augen war dies jedoch ein wenig übertrieben.

Crescence - Boy meets LycantropyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt