26. Nicks Plan

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(POV: Nick)

Ein lautes Klopfen ertönte an Zaynes Tür. Der Geschäftsmann öffnete sie in Erwartung, einen wütenden Kunden vorzufinden. Tatsächlich aber befand sich ein Mitglied seines Rudels in der Türschwelle. Es war niemand geringeres als Nick, dem der Alpha noch eine Erklärung schuldete. Wie ein Kaninchen klopfte er mit seinem rechten Fuß auf den Boden und musterte seinen Anführer mit einem erbosten und zugleich enttäuschten Blick.

"Nick. Mein Junge. Was machst du hier um diese Zeit? Hat ein Junge in deinem Alter denn keine Schule?", fragte Zayne und legte die Papiere, an denen er gerade arbeitete, zur Seite.

"Zayne, wir müssen reden", sagte Nick und trat ohne Aufforderung in sein Büro herein. Der Teenager hatte nicht vor, sich mit irgendeiner billigen Ausrede abspeisen zu lassen. Zayne verzog keine Miene. Noch immer setzte er dieses dreckige Grinsen auf, das jeden um ihn herum glauben ließ, er könne kein Wässerchen trüben, dabei vergiftete er ganze Seen.
Natürlich tat es Nick unendlich leid, was mit ihm passiert war. Die Harrisons, besonders Elijah und dieser Nathaniel, der ihn beinahe unter die Erde brachte. Elijah, der nicht einmal davor zurückschreckte, seinen eigenen Sohn zu ermorden, weil er gebissen wurde. Zayne musste unvorstellbares durchgemacht haben.

Dennoch war Trauma in Nicks Augen keine Ausrede, ein Rudelmitglied alleine im Wald zurückzulassen und in keine Angelegenheiten, die das Rudel betraf, einzuweihen. Sahen sie ihn etwa nicht als vollwertiges Mitglied an?

"Warum hast du mir nie gesagt, dass du ein Harrison bist? Die anderen Rudelmitglieder schienen nicht geschockt darüber gewesen zu sein. Vertraust du mir denn nicht?", fragte Nick und schenkte ihm den Blick, den ein Kind seiner Mutter schenkte, wenn es von den Erwachsenen ausgeschlossen wurde. So fühlte sich der Teenager. Wie ein kleines Kind behandelt, dabei war er doch schon fast erwachsen.

"Das ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint, Nick. Du gehörst zu meinem Rudel, so wie alle anderen. Doch letzte Nacht hast du mich herausgefordert. Erinnerst du dich?", wechselte der Alpha das Thema. Er stand von seinem Bürostuhl auf und setzte sich breitbeinig auf seinen Schreibtisch. Nick verdrehte die Augen. Er fand es so lächerlich, wie Zayne den typischen Anführer raushängen ließ. Bei jeder Gelegenheit musste er unbedingt zeigen, dass er über Nick stand.

"Roll nicht vor mir die Augen, Omega. Weißt du, was ebenso gefährlich für ein Rudel ist, wie ein ungelüftetes Geheimnis? Ein Mitglied, das sich dem Anführer widersetzt. Ich habe dir eine Aufgabe gegeben, Nick. Diesen Connor aus dem Weg zu räumen. Er kennt dein Geheimnis und bedroht somit nicht nur dein Leben. Mal daran gedacht, wie egoistisch das ist? Sympathie für einen Feind zu empfinden?", warf Zayne ihn vor. Seine Augen färbten sich gelb und blickten direkt in die des Teenagers. Dieser wendete seinen Blick auf der Stelle von den Augen seines Anführers ab.

"Ich besitze keinerlei Sympathie für Connor. Ich bin generell gegen töten", beteuerte Nick und verschränkte die Arme vor seinem Alpha.

"Siehst du, das meine ich. Du lügst mir ins Gesicht. Ein Werwolf hat IMMER den Drang zu töten. Wir sind Raubtiere, das liegt in unserer Natur. Ein Werwolf verweigert das Töten nur bei jemanden, dem er Gefühle gegenüber hegt. Das liegt an dem menschlichen Teil in uns. Deine freche Art hängt mir zum Hals raus. Jemand der sich meinem Rudel nicht fügt. Jemand dem ich nicht vertrauen kann. Warum sollte ich so jemanden meine Geheimnisse anvertrauen?", richtete er eine weitere Frage an Nick.

Der Teenager spürte, wie das Herz in seiner Brust pochte. Seine Finger verformten sich zu Klauen. Seine Augen trugen längst nicht mehr ihre natürliche braune Farbe.

"Ich erwarte keine Antwort. Ich habe recht und das weißt du. Selbst wenn du nicht mit mir sprechen willst, mein Junge. Ich durchleuchte dich. Vergiss nicht, du brauchst mich, um wieder ein Mensch zu werden. Du klaust die Schatulle für mich. Wir beide bekommen was wir wollen. So lautete unsere Abmachung", erinnerte Zayne den Teenager an ihre Abmachung.

Crescence - Boy meets LycantropyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt