Epilog

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"Hier Mrs. Hansen. Es sollte wieder perfekt funktionieren", verkündete der Arzt nachdem er dem Jungen auf dem Patientenstuhl sein Hörgerät einsetzte.
Er überprüfte die Einstellungen, drehte an einem Regler und schon funktionierte es wieder einwandfrei. Der Junge bedankte sich mit einem Lächeln. Seine Mutter nahm ihn an die Hand und half ihm zurück in seinen Rollstuhl.

"Würden sie eine Weile im Wartezimmer warten? Dann bringe ich ihnen die Rechnung", fragte der Arzt. Die Mutter nickte und stellte ihren Sohn neben einem der Stühle im Wartezimmer ab. Für einen Mittwochmorgen war es wie gewöhnlich still in der Praxis. Keine Menschenseele weit und breit. Ab und zu hallte ein lautes Husten aus einem der Behandlungszimmer. Ein älterer Mann, der sich eine Grippe eingefangen hat. Sonst aber schien niemand zu dieser Jahreszeit krank zu sein. Das Geräusch einer tickenden Uhr weckte die Aufmerksamkeit des Jungen. Eines des ersten Geräusche, die er an diesem Tag hörte, nachdem sein Hörgerät bei dem Zusammenstoß mit einer Jungen Frau auf den Boden fiel und kaputt ging.

"Schatz. Mama geht mal kurz auf die Toilette. Dauert nicht lange", verabschiedete seine Mutter sich. Er wusste, dass sie nicht die Wahrheit sprach. Wenn seine Mutter einmal in der Damentoilette verschwand, kehrte sie nach einer halben Ewigkeit mit frischem Make-Up in ihrem Gesicht und einer blutigen, rissigen Nase zurück. Sie behauptete, eine trockene Nase zu haben, doch der Junge waren die Gerüchte, die man über seine Mutter verbreitete, längst bekannt. Das sie nach der Scheidung von seinem Vater und dem Vorfall anfing, Drogen zu nehmen.

Anfangs sprach ihr Sohn sie noch darauf an, mittlerweile erkannte auch er, dass sie ihm niemals die Wahrheit sagen würde. So groß war ihre Scham davor, ihrem eigenen Sohn zu sagen, dass sie seinen Anblick nicht länger ertragen konnte.

Ein Mann im Anzug trat in die Praxis herein. Er blickte auf seine Armbanduhr und stolzierte ohne Umwege direkt ins Wartezimmer hinein. Obwohl alle anderen Stühle frei waren, setzte er sich direkt neben den Jungen im Rollstuhl. Er schnappte eines der Magazine, die zum Zeitvertreib auf den Tischen lagen und blätterte einige Seiten durch, bis er schließlich den Satz aussprach, der das Leben des Jungen endlich wieder auf den richtigen Weg lenkte.

"Hallo Billy. Ich kenne deine Geschichte. Wirklich tragisch. Ein mysteriöser Vorfall auf einer Klassenfahrt. Ein schwerverletzter Junge und der Täter wurde nie gefunden", sprach der Mann. Diese Worte weckten Billys Aufmerksamkeit. Er blickte dem Fremden ins Gesicht. Als seine Augen anfingen gelb zu leuchten, zuckte er zusammen.

"Mein Junge, bitte fürchte dich nicht vor mir. Ich bin dein Freund. Mit der Kraft, die ich dir verleihe, musst du nie wieder Schmerzen haben. Deine Lähmung wäre innerhalb weniger Sekunden verschwunden. Nicht nur das. Du würdest die Kraft besitzen, um endlich Rache an dem Jungen zu üben, der dir das angetan hat. Also, was sagst? Sind wir im Geschäft?", fragte Zayne und hielt dem Jungen seine Hand hin.

Billy überlegte keine Sekunde lang, bevor er Zayne die Hand schüttelte. Der Mann grinste. Er krempelte den Ärmel von Billys Pullover nach oben und biss ihm ins Handgelenk. Ein lauter Schrei erklang im Wartezimmer und hallte durch die gesamte Praxis.

Als die Mutter aus der Damentoilette rannte, um nach ihrem Sohn zu sehen, stand dieser auf zwei Beinen vor ihr. Er lief auf sie zu. Die Frau fiel auf die Knie und brach dabei in Tränen. Nach all den Jahren in denen ihr Sohn an den Rollstuhl gebunden war, schien ein medizinisches Wunder geschehen zu sein.

Während die Ärzte aus der Praxis sich allesamt auf den Jungen stürzten, ihm fragen stellten und am liebsten gleich vor Ort Untersuchungen durchgeführt hätten, saß Zayne nur dort auf seinem Stuhl und grinste, während er seine Zeitung weiterlas.

ENDE DES ERSTEN BUCHES

Fortsetzung folgt...


Crescence - Boy meets LycantropyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt