Kapitel 51

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Keine Ahnung, wie ich es überstand und ob ich es schaffte. Für den ersten Moment kam ich überhaupt nicht damit zurecht und suchte die Flucht in eine Ecke der Höhle. Es dauerte einen Moment, als ich überhaupt realisierte, wo ich mich befand. Mein Körper fühlte sich surreal an. Als gehörte er nicht mehr mir. Ich fühlte, dachte, lebte zwar noch, aber alles war, als hätte man meinen Geist in einen anderen Körper gepflanzt. Nebenbei sah ich, wie Drake sich auf den Boden fallen ließ. Sein stählerner breiter Körper wirkte schwach. Sein Atem ging schnell. Seine Augen waren geschlossen und seine Handflächen bohrten sich auf den Boden in kleine Steinchen.

Ich hingegen schaute mich verwirrt um, blinzelte gegen die Dunkelheit an. Mein Blickfeld veränderte sich nach und nach. Obwohl die Petroleumlampe langsam den Geist aufgab und kaum noch die Höhle mit Licht durchflutete, sah ich, als wäre es mitten am Tag, obwohl das nicht der Fall war. Mein Blick fiel auf seinen Körper. Er musste sich sein Shirt ausgezogen haben, denn das lag mit Schweiß durchdrängt ungefähr drei Meter neben ihm. Sein Körper war nass. Die Narben auf seiner Haut stachen mir ins Blickfeld, als erkannte ich sie als Mensch zuvor gar nicht richtig.

Irgendwo in der hintersten Ecke meines Schädels wusste ich, dass sie sich schon die ganze Zeit auf seiner Haut befanden, doch nun entdeckte ich viel mehr dünne schmale Linien, die mir zuvor verborgen blieben. Das braune Haar wirkte ganz anders wie zuvor. Es war das Gleiche. Das war gewiss. Dennoch auch nicht. Zuvor war es für mich, als besäße er die gleiche Farbe wie andere Menschen, doch nun konnte ich Schattierungen entdecken. Helle Strähnen. Dunklere. Die Farben wirkten unwirklich und ich senkte etwas meinen Kopf um meine zu betrachten. Noch immer war ich eine Frau, kein Tier. Dennoch wirkte das alles nicht real. Als sah ich tausend Mal besser wie zuvor und dabei benötigte ich vorher keine Brille.

Als sich schließlich unser Blick kreuzte, war dieses Grün in seinen Augen kaum wiederzuerkennen. Es raubte mir den Atem. Als tanzten hellgrüne Sprengel auf seiner dunkelgrünen Iris. Wie ein lebendiger Wald, der faszinierend und doch furchterregend zugleich war. Drake spürte meinen Blick ganz genau und wie ich mit den Augen über seinen Körper wanderte, um ihn zu erkunden. Dafür schämte ich mich nicht und auf seinen Lippen breitete sich ein erschöpftes Grinsen aus. Er war erleichtert mich so vorzufinden. Das war gewiss. Ich hingegen fühlte mich... fremdartig.

Als er sich nun etwas erhob und kleine Steinchen über den Boden kratzten, zuckte ich schwer zusammen. Automatisch hob ich die Arme, presste meine Handflächen gegen die Ohren und stöhnte als er fragte: »Wie fühlst du dich!« Seine Stimme donnerte so laut durch die Höhle, dass es schmerzte und er setzte leiser fort: »Das ist ganz normal, dass du so empfindlich bist« und kurz darauf spürte ich seine Hand an meiner Schulter. Sanft versuchte er mich auf die Beine zu ziehen, die augenblicklich begannen zu zittern. Es fühlte sich an, als wäre ich Wochen nicht mehr gelaufen, als er mich zu der Decke kurz daraufhin zog.

»Du solltest schlafen.« Er klang müde und ließ sich augenblicklich neben mich sinken. »Und ich auch.« Ich verstehe nicht. »Wie kannst du jetzt an Schlaf denken?«, brummte ich und zuckte zusammen, als ich meine Stimme extrem laut hörte. »Was, wenn sie uns erwischen?«, doch er gab leise zurück: »Den Wald komplett zu durchkämmen dauert etwas. Nolan ist nicht in der Nähe. Auch, wenn ich schlafe, ist das Tier in mir wach und bekommt alles mit. Allerdings ist auch meine Kraft irgendwann aufgebraucht.« Er zeigte auf meinen verschwitzten Körper. Ich wusste er musste mich die ganze Zeit festgehalten haben.

»Wie soll ich jetzt schlafen? Ich muss mich an diesen Körper...«, doch Drake legte sich hin und zog mich mit sich, sodass ich mit meiner Wange auf seiner Brust lag. »Du musst schlafen, um Kraft zu tanken. Ich passe auf dich auf. Mache die Augen zu. Nur ein bisschen.« Als ich meinen Kopf hob, um ihn in die Augen zu sehen, sah ich, wie seine Lider geschlossen waren, seine vollen Lippen etwas geöffnet und sein braunes Haar lag gefächert auf einem Pullover. Sein Atem hob und senkte sich. Er war kurz davor einzuschlafen, hielt mich dennoch umklammert, sodass ich nicht wegkam.

Midnight - Ruf der WölfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt