Kapitel 26

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Sofort schrillten meine Alarmglocken. Lag es an meiner Vergangenheit und das ich schon je her, die Gefahr ausmachen musste, oder übertrieb ich lediglich? Gleichwohl ich genau wusste wo ich mich befand. Das ich Vorsicht walten lassen musste war klar. Und wenn mir gesagt wurde, dass ich der einzige Gast war, gab es keinen Grund noch vorsichtiger zu sein, oder? Hinzukommend war ich mir sicher, dass sich kaum jemand die Blöße gab und freiwillig in diesem Motel übernachtete. Beim näheren Betrachten war es unabhängig davon schon etwas gruselig, obwohl der Morgen noch nicht zum Mittag wich. Das ungute Gefühl in mir bereite sich zunehmend aus.

Zuerst dachte ich an Ethan. Er ließ mir etwas Vorsprung. Darüber hinaus fuhr der Bus von Downtown nach Baltimore nicht im Stundentakt. Keine Ahnung, ob er Penny von dem Ganzen alles erzählte. Mit dem Wissen hätte sie mich wahrscheinlich aufgehalten und nachdem sie wusste, was ihr Sohn war und was damals passierte, glaubte ich auch nicht daran, dass sie zuließ, dass er sich in Gefahr begab und das roch danach. Es ließ sich regelrecht fühlen, dass es nur der Anfang von etwas war, was ich eigentlich nicht erleben wollte. Des Weiteren machten sich blaue Augen vor mir breit, die ich so schnell wie möglich aus meinem Hirn haben wollte.

Natürlich entstanden sie lediglich in meinem Kopf. Sie waren nicht wirklich vor mir, sondern in meinen Erinnerungen. Konnte es tatsächlich Daryl gewesen sein? Beobachtete er mich, so wie auch früher schon? Wie es mich quälte auf der Straße zu leben, mit kaum Essen und heruntergekommen Klamotten; keinem Zuhause und in der einigen Kälte bibbernd und hoffend, dass man den nächsten Morgen überlebte... Einen kurzen Wimpernschlag glaubte ich sogar daran, dass er mich auf offener Straße hätte liegen lassen, wenn man mich abstach, nur damit ihn keiner sah. Ungeachtet dessen war ich mir sicher, dass er es nicht sein konnte. Unbemerkt beobachtete ich die Menschen, die sich in meiner Näher aufhielten und das war niemand, den ich kannte. Da war ich mir sicher.

Unvermittelt setzten sich aus diesem Grund meine Beine in Bewegung, sodass ich hinter dem dicken Vorhang an der Wand verschwand. Gut, dass sich mein Rucksack in unmittelbarer Nähe befand. Außerdem konnte man ihn vom geöffneten Fenster aus nicht sehen. Mich nun auch nicht mehr; solange niemand von außen einstieg, doch warum sollte man das tun? Nun verunsicherte es mich, dass dieses Gebäude lediglich eine Etage besaß, denn das hieß, ich muss erst recht auf ungewöhnliche Vorkommnisse achten. Wenn in dieses Hostel jedoch sonst niemand weiter kam, wen verschlug es dann hier her? Bevor ich mir jedoch noch weiter den Kopf darüber zerbrach, hörte ich einen dumpfen Schlag und konnte nicht verhindern zusammenzuzucken.

Genau neben der schweren Gardine und meinen Kopf kam abrupt eine leere Flasche Schnaps geflogen. Dass ich das Glas nicht abbekam wurde lediglich verhindert, weil ich mich noch weiter in die Ecke drückte, um nicht gesehen zu werden. Auf der Stelle hörte ich mein eigenes Blut in meinen Ohren rauschen, schob dieses Geräusch weg und versteifte mich sichtlich, als wäre ich eine Statue. Automatisch hielt ich den Atem an, in der Hoffnung man hörte mich überhaupt nicht. Nichtsdestotrotz kam mir mein Herzschlag so laut vor, als hörte man diesen Kilometer weit. Das können lediglich auch nur Halbstarke sein, die Stunk suchen. Prompt dachte ich an die alte Frau. Zwar war sie sich sicher, dass ihr nichts an diesem Ort geschah, doch wie sah es in der Realität aus?

Mein Blick fiel auf der Stelle zu der geschlossenen Zimmertür, an der von inne der Schlüssel steckte. Unbewusst schloss ich zuvor zu. Nun war es vielleicht auch besser so. Trotzdem konnte man sofort durch das Fenster einsteigen. Also eigentlich komplett sinnlos. Frustriert schüttelte ich mit dem Kopf und hörte kurz darauf eine Stimme: »Was willst du von der Alten? Du weißt, dass Anson nicht ohne ist. Bist du dir außerdem sicher, dass er sie einfach ohne Schutz hierlässt? Das glaubst du doch nicht wirklich, oder?« Ich war mir sicher, dass ich diesen Mann überhaupt nicht kannte, um den es ging. Mir begegneten bisher ziemlich viele Menschen, doch das wusste ich sofort. Zwar konnte ich mir nicht immer den Namen zum dazugehörigen Gesicht merken, doch ich kannte und hörte niemanden zuvor, der so hieß.

Midnight - Ruf der WölfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt