Kapitel 12: Noah

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Ich fühlte mich total lebendig. Ich hatte es wirklich gewagt und hatte einfach nur auf mein Herz gehört.

Die Momente mit Colin im Wald waren einfach so besonders gewesen, besonders die Küsse. Zum ersten mal hatte ich das Gefühl, dass Liebe vielleicht doch nicht immer alles verändern würde. Wir hatten uns mehr als einmal geküsst. Er hatte meine Hand gehalten und mein Herz hatte sich so angefühlt als ob es gleich aus meiner Brust springen würde, aber dennoch hatten wir auch wie beste Freunde miteinander geredet und Witze gemacht. Es hat echt Spaß gemacht Colin mit seiner Angst vor Horrorfilmen zu ärgern. Sein schmollen war zu süß gewesen und wie er versucht hatte selbstbewusst zu klingen, besonders nachdem ein Geräusch irgendwo im Wald ihn erschreckt hatte.

Jetzt waren wir wieder im Internat. Irgendwie hatten wir es geschafft unbemerkt bis zu unserem Zimmer zu kommen. Ein paar andere hatten uns verwirrte Blicke zugeworfen. Wahrscheinlich hatten sie sich gefragt warum wir so doof waren und bei diesem Wetter draußen waren. Es war ja auch nicht schwer zu übersehen wie durchnässt wir waren. Trotzdem konnte ich nicht aufhören zu lächeln. Das war neu für mich. Lächeln gehörte zu Dingen die ich in der Vergangenheit nicht zu oft getan hatte. Zum Glück begegnete uns Frau Schiller nicht. Ich hatte keine Lust ihr zu erklären warum wir nicht beim Abendessen waren und warum wir beide draußen waren. Den Flur wollte ich auch nicht wischen, denn darauf würde es hinauslaufen. Unsere nassen und dreckigen Schuhe hatten Spuren hinterlassen und unsere tropfenden Klamotten ebenfalls.

Ich öffnete die Tür zu unserem Zimmer. Colin war dicht hinter mir. Draußen auf dem Hof hatten wir unsere Hände gelöst. Für neugierige Blicke, Getuschel und Fragen waren wir beide nicht bereit. Wir wollten erstmal sehen wie das mit uns weitergehen würde. Ohne Druck. Freundschaft oder Liebe. Momentan fühlte es sich verdammt stark nach Liebe an aber ich hatte noch nie jemanden geliebt, deshalb war ich mir auch nicht sicher. Ich würde Zeit brauchen um das alles zu ordnen und zu verstehen. Zeit die mir Colin geben würde. Noch immer galt das Versprechen von gestern. Wir würden nichts erzwingen und alles würde in meinem Tempo passieren.

"Wo kommt ihr denn her? Und wie seht ihr aus? Wolltet ihr euch den Tod da draußen holen? Es regnet seit Stunden." Wir waren noch nicht ganz im Zimmer, da ertönte schon Joel's vorwurfsvolle Stimme aus seiner Ecke des Zimmers. Ich sah zu Colin und der musste grinsen wärend er seine nasse Lederjacke auszog und über einen Stuhl warf. Da wo wir standen tropfte das Wasser auf den Boden.

"Wir waren mit Freddy unterwegs." Sagte ich mit einem Schulterzucken und griff zum zweiten mal an diesem Tag nach einem Handtuch. Ich konnte nur hoffen, dass keine Grippe folgen würde. Mir war wirklich eiskalt, aber die Küsse und ehrlichen Worte waren es auf jeden Fall wert gewesen.

"Bei dem Wetter?" Joel sah uns verwirrt an. So richtig wollte er mir die Sache nicht glauben, aber ich würde ihm garantiert nicht die Wahrheit sagen. Das ging ihn einfach an diesem Punkt noch nichts an. "Und was ist mit deiner Hausaufgabe? Ich dachte die wolltest du heute fertig bekommen. Du solltest dir bessere Prioritäten setzen. Ich habe meine schon fertig und jetzt das ganze Wochenende frei. Oder hat Colin dir bei der Hausaufgabe geholfen und du warst deshalb schneller fertig?" Seine Fragen gingen mir wirklich auf die Nerven, doch jetzt kam auch mir diese Hausaufgabe wieder in den Sinn. Plötzlich machte etwas in mir Klick und ich wusste genau was ich schreiben wollte. Die letzten Stunden mit Colin hatten mir die Idee gegeben und ich musste das jetzt nur noch irgendwie auf mein Blatt bekommen.

"Bei gutem Wetter kann das jeder. Und die Hausaufgabe ist so gut wie erledigt. Du solltest mich nicht unterschätzen." Ich griff nach trockenen Klamotten und sah wie auch Colin mich jetzt verwirrt anschaute. Auch seine letzte Info war, das ich keine Ahnung hatte was ich schreiben soll. Ich warf ihm ein kurzes Lächeln zu. Sein verwirrter Blick und die nassen, chaotischen Locken, welche er gerade versuchte mit einem Handtuch etwas zu trocknen, ließen ihn irgendwie niedlich aussehen. Wieder spürte ich ein Gefühl von Wärme und Glück als ich an die Momente im Wald zurückdachte. Es war immer noch der freie Fall, kein Aufprall in Sicht. Nur einen Moment lang schauten wir uns einfach nur an. Es war genug um noch mehr Fragezeichen in Joel's Gesicht zu bringen.

Stay... | Wenn ich weiß, was Liebe ist, dann nur wegen dir... || NolinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt