Kapitel 39: Colin

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"Was macht ihr beiden denn schon hier?"

Verdammt. Keiner von uns hatte an Frau Schiller gedacht. Bis zu diesem Moment hatte der Plan von Noah perfekt funktioniert. Innerhalb von nur wenigen Minuten, hatten meine anscheinend doch ziemlich glaubwürdigen Schauspielkünste, uns vom Unterricht erlöst. Die Lehrerin hatte mir das wirklich abgenommen. Es war aber auch nicht wirklich schwer gewesen den Kranken zu spielen, denn ich wusste noch genau, wie ich mich in der letzten Woche gefühlt hatte. Ohne viel zögern, hatte sie mich vom Unterricht befreit und zurück zum Internat geschickt. Noah hatte natürlich sofort angeboten mich zu begleiten, denn in diesem Zustand sollte ich nicht allein sein. Er hatte so besorgt geklungen, fast so wie als ich wirklich krank war, doch da war es noch ein bisschen mehr gewesen. Erst hatte sie gezögert, aber dann hatte sie eingesehen, dass es wirklich besser wäre, wenn ich Begleitung hatte. Als wir den Raum verlassen wollten, hatte Joel uns angesehen, als ob wir den Verstand verloren hatten, aber er hatte nichts gesagt. Nach der Schule würden wir uns aber garantiert seinen Fragen stellen müssen.

Warum wir uns wirklich dazu entschieden hatten zurück ins Internat zu gehen, wussten wir beide nicht so wirklich, aber wahrscheinlich war es die Möglichkeit, unser Zimmer endlich mal für ein paar Stunden nur für uns zu haben gewesen. Das passierte ziemlich selten, also wollten wir das nutzen. Wir waren auch wirklich leise gewesen und hatten versucht uns unauffällig zum Zimmer zu schleichen, aber Frau Schiller hatte uns trotzdem bemerkt. Jetzt waren wohl meine Schauspielkünste erneut gefragt und ich wusste nicht, ob man die Frau so leicht überzeugen konnte wie unsere Lehrerin. Immerhin hatte Frau Schiller mich am Morgen gesund und fit in die Schule gehen sehen.

"Colin ging es plötzlich nicht mehr so gut. Ich glaube da ist doch noch was von der Erkältung übrig und das kommt jetzt irgendwie zurück." Noah fand als erster von uns beiden seine Stimme wieder, denn für einen kurzen Augenblick hatten wir wohl beide Panik gehabt. Mehr als uns zurück in die Schule schicken konnte Frau Schiller auch nicht machen, aber genau das wollten wir ja nicht. Ich wollte endlich ein paar Stunden allein mit meinem Freund. Ich spürte den Blick der Frau auf mir und sie musterte mich eindringlich. Sofort übernahm der Schauspieler in mir und ich kramte alle mir noch bekannten Symptome wieder hervor, lehnte mich etwas geschwächt gegen Noah, der sofort einen Arm um meine Hüfte legte und ich fasste mir an den Kopf. Frau Schiller hob eine Augenbraue. Ich war so erbärmlich und unglaubwürdig. In der Schule hatte ich das besser hinbekommen. Julia würde mich auslachen, wenn sie diese miese Vorstellung hier sehen könnte. Der Gedanke an meine beste Freundin in Köln versetzte mir einen kleinen Stich. Ich begann jetzt schon sie zu vermissen. Wie sollte das dann nur im nächsten Schuljahr werden? Dieser kleine Stich jedoch, schien meinen Gesichtsausdruck ebenfalls zu ändern, denn plötzlich sah die Schiller nicht mehr ganz so skeptisch aus.

"Wenn das wirklich so ist, dann legst du dich besser gleich mal hin und ruhst dich ein bisschen aus. Noah, du kommst mit und ich gebe dir was für Colin, falls es wieder schlimmer wird. Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen, bevor hier heute Nachmittag wieder volles Haus ist. Ich verlasse mich also auf dich, Noah." Noah nickte nur. Ich war erstaunt, dass es doch so einfach war, aber da Frau Schiller anscheinend noch zu tun hatte, verzichtete sie wohl einfach auf weitere Fragen und schenkte uns ihr Vertrauen, zumindest in diesem Moment. Keine Ahnung ob sie uns sowas nochmal abkaufen würde. Ich war eben kein perfekter Schauspieler, aber es hatte gereicht. Noah und ich würden endlich ein bisschen Zeit für uns haben und da Frau Schiller beschätigt sein würde, mussten wir auch keine Angst haben, dass sie einen Kontrollgang machen würde.

Nachdem Noah mit Frau Schiller gegangen war, um was auch immer für mich zu holen, ging ich die letzten Schritte zu unserem Zimmer und ließ mich dann erleichtert auf mein Bett fallen. Die Ruhe in diesem Raum war so selten und ich genoss jede Sekunde davon. Ich schloss meine Augen. Nur wenige Minuten später öffnete sich die Tür wieder und ich sah Noah mit irgendwelchen Medikamenten im Arm. Das meiste davon kannte ich schon von der letzten Woche und den Großteil davon hatte ich schon da nicht angerührt. Jetzt war ich eigentlich gesund, also würde ich es auch da definitiv nicht tun. "Ich glaube, wenn ich mir das hier so anschaue, denkt sie du lebst nicht mehr lange." Er legte alles auf dem Schreibtisch ab und warf dann seinen Rucksack und die Jacke auf sein Bett. Ich stand wieder vom Bett auf und ging auf ihn zu. Endlich war der Moment gekommen. Wir waren endlich allein.

Stay... | Wenn ich weiß, was Liebe ist, dann nur wegen dir... || NolinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt