Kapitel 27: Colin

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"Ihr scheint Regen echt zu mögen."

Es war das erste was ich hörte. Joel schaute Noah und mich verwirrt an. Er saß am Schreibtisch und beschäftigte sich mit irgendwas auf seinem Tablet. Gerade waren wir zurück in unser Zimmer gekommen und waren beide vollkommen durchnässt. Sein Blick wanderte zwischen uns hin und her. Wir gaben sicherlich gerade ein ziemlich verwirrendes Bild ab.

Noah sah noch immer ziemlich fertig aus und ich war ziemlich aus der Puste. Noch immer hielten wir die Hand des anderen und das Wasser tropfte auf den Boden. Ich wusste nicht wie lange wir im Regen durch Erfurt gelaufen waren, aber mit jedem Schritt, den wir uns von dem Cafe und von Noah's Vater entfernt hatten, spürte ich, wie er ruhiger wurde und seine Wut verschwand. Die ersten Minuten, hatte er mich einfach mitgezogen, meine Hand fest umklammert. Ich hatte Probleme bei seinem Tempo mitzuhalten. Er war ziemlich schnell wenn er wütend war. Dennoch ließ er meine Hand nie los. Nachdem die Wut verschwunden war, waren wir einfach nur langsam durch die Stadt gelaufen und der Regen war erbarmungslos gewesen. Die ganze Zeit über, wollte keiner von uns die Hand des anderen loslassen. Ich hatte gespürt, das er die Nähe einfach gebraucht hat. Schon im Cafe hatte er es zugelassen, das ich seine Hand unter dem Tisch halte. Erst wusste ich nicht, ob es eine gute Idee war, doch ich hatte seine Anspannung und den Schmerz gespürt. Ich wollte für ihn da sein, auch ohne Worte. Etwas zu seinem Vater zu sagen, hatte ich als schlechte Idee eingestuft, denn er hatte mich kaum eines Blickes gewürdigt und als ich mich vorstellen wollte, hatte er mich einfach ignoriert. Noah hatte mich ja vor dem Treffen gewarnt und mir gesagt es würde nicht schön werden, dennoch habe ich ihn begleitet, denn ich wollte für ihn da sein. Am Ende war genau das eine gute Idee gewesen, denn alles war ziemlich schnell eskaliert. Die Freundin von Noah's Vater hatte noch versucht das ganze zu beruhigen, doch da war keine Chance. Seinem Vater schien Noah wirklich vollkommen egal zu sein und die halbherzigen Versuche seiner Freundin, einen auf Familie zu machen, gaben mir ein ungutes Gefühl. Es würde nicht funktionieren, besonders nachdem sein Vater ihm gesagt hatte, das er nur wegen ihm so lange mit seiner Mutter zusammen war. Wie konnte ein Vater nur so herzlos sein? Jetzt verstand ich jedoch, warum Noah in gewissen Situationen so heftig und abweisend reagiert hatte. Das Verhalten seiner Eltern hatte ihn wirklich geprägt. Ich konnte nur hoffen, dass nach dem heutigen Treffen mit seinem Vater nicht noch mehr in ihm zerstört war. Den ganzen Weg zurück ins Internat, hatte er kaum etwas gesagt und nur meine Hand immer wieder fest umklammert, fast so als wollte er sicherstellen, das ich nicht loslassen würde. Das war nie mein Plan gewesen.

"Wo kommt ihr zwei denn eigentlich her? Ihr wart eine ganze Weile weg." Joel's Stimme riss mich aus meinen Gedanken und noch immer hatte er diese verwirrte Miene. Ich wusste nicht, ob Noah ihm von dem Treffen mit seinem Vater erzählen wollte, doch mit nur einem Blick zu ihm, wusste ich, dass es nicht passieren würde. In ihm war noch immer viel los und es war offensichtlich.

"In der Stadt." Mehr bekam Joel nicht als Antwort von Noah. Es war ja auch keine Lüge. Wir waren wirklich in der Stadt gewesen. Ich konnte nur nicken, denn Noah zog mich zu seinem Bett und setzte sich. Wir waren durchnässt und seine Decke wurde dadurch auch nass, aber das schien ihm egal zu sein. Noch immer ließ er meine Hand nicht los, also setzte ich mich einfach neben ihn. Joel verfolgte uns mit seinen Augen und schien überhaupt nichts mehr zu verstehen. Ihn so zu sehen war selten.

"Und jetzt wollt ihr nicht erstmal trockene Sachen anziehen und vielleicht warm duschen? Ihr holt euch noch eine Erkältung und das wird dann nicht lustig. Ihr verpasst den Unterricht und wichtige Informationen. Ihr könntet euch auch einfach mal einen Regenschirm zulegen." Unser Mitbewohner war wieder in seinem Element und sein Redefluss war mal wieder nicht zu stoppen. Wenn es um die Schule oder um seine Geschäftsideen ging, konnte Joel ewig reden.

Stay... | Wenn ich weiß, was Liebe ist, dann nur wegen dir... || NolinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt