(Kapitel 16)

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Die ersten beiden Stunden gingen schnell vorüber. Auch die Pause brachte keine ereignisreichen Momente. Jedoch beschlich Jürgen schon in der Pause das Gefühl, dass die nächste Stunde kein Zuckerschlecken sein würde. Herr Hoffmann würde die nächste Stunde leiten und er war unter den Schülern sehr verhasst. Seine Vermutung würde sich bewahrheiten, aber anders als er es sich vorgestellt hatte.

„Wirklich gar keine Lust auf den alten Hoffmann", meint Moritz zu seinen beiden Freunden Jürgen und Johannes. Zusammen warten sie mit dem Rest der Klasse vor der Tür des Musikraums, welche noch immer verschlossen ist. Herr Hoffmann ist noch nicht zu sehen. Langsam steigt die Vorfreude in der Klasse. Viele haben die Hoffnung, dass er die ganze Stunde nicht kommen würde. Falsch gedacht. Mit einer riesigen Trommel kam der Musiklehrer schnaufend den Gang entlang. Kurz stellt er die Trommel ab, schließt die Tür auf und sagt: „Stellt eure Taschen ab und holt euch ebenfalls jeweils zu zweit eine Trommel aus dem anderen Musikraum oben." Sofort schauen sich Johannes und Moritz an. Entschuldigend werfen die beiden Jungs Jürgen einen Blick zu. Jürgen ist zwar enttäuscht, aber er kann es nachvollziehen, da die beiden sich schon das ganze Leben lang kennen. Kurz denkt er nach, mit wem er sonst zusammen die Trommel holen sollte, aber es ist zu spät. Nur noch Lars, der in der ganzen Klasse als Volltrottel und Säufer bekannt war, war noch übrig. Mit schleifenden Schuhen geht Jürgen zu ihm. Er versucht seine Missgunst nicht zum Ausdruck zu bringen, dennoch sagt er mit einem abwertenden Ton: „Sieht wohl aus, als müssten wir für die Stunde zusammenarbeiten." Lars sieht mindestens genauso wenig begeistert aus wie Jürgen, was aber auch daran liegen könnte, dass er immer so aussieht. Scheinbar scheinen ihn schon diese Worte von Jürgen verwirrt zu haben. Denn er gibt nur ein dumpfes Brummen von sich. Jürgen entschließt sich alleine, eine Trommel zu holen. In seinen Gedanken würde Lars dabei sowieso keine große Hilfe sein. Als er wieder kommt, hatte Herr Hoffmann die Tische alle beiseite geräumt und jeweils zwei Stühle zusammengestellt. Vor den Stühlen stehen von fast allen Schülern schon die Trommeln. Nur noch Jürgen und Lars, seine fehlen noch. „Mal wieder Herr Ohlsen, der als Letztes antanzt", gibt der Musiklehrer einen gehässigen Kommentar ab. Jürgen, der einfach nur sauer ist, dass nur er angeschissen wurde, stottert betont ehrfürchtig: „Es tut mir wirklich sehr leid, Herr Hoffmann. Es wird sicher nicht noch einmal vorkommen. Als Antwort kriegt er ein ohrenbetäubendes Lachen: „Wer's glaubt." Schnell setzt Jürgen sich auf seinen neuen Sitzplatz neben Lars. Dieser schaut noch immer genauso trüb drein wie eben. Der ganze Klassenraum ist still. Niemand scheint sich auch nur zu trauen, zu flüstern nach der vorherigen Demütigung ihres Klassenkameraden. Doch plötzlich ein Rumms. „Wer war das", schreit der Lehrer. Jemand musste auf eine der Trommeln geschlagen haben. Herr Hoffmann dreht sich wieder um und schreibt etwas an die Tafel. Jürgen ist derweil zu sehr mit Kichern beschäftigt, um das Geschriebene zu lesen. Dann nochmal dieses Rumms. Herr Hoffmann schnellt herum. Seine Augen scheinen rot zu leuchten. Dann führt er seine Schrift an der Tafel fort. Kurz darauf wird zweimal auf die Trommeln gehauen. „Sollte das noch einmal passieren, wandert ihr alle zum Direktor", keift Herr Hoffmann. Die ganze Klasse lacht. "Findet ihr das etwa witzig?" Aus einer der hinteren Reihen ertönt ein lautes Ja. Noch größeres Gelächter bricht aus. Wütend läuft das Gesicht des Lehrers rot an. „Ich gebe euch noch eine letzte Chance." Dann dreht er sich erneut um. Ehe Jürgen auch nur hätte aufhören können zu kichern, trommelt plötzlich die ganze Klasse. Lachend und trommelnd sitzt die Klasse nun da. Herr Hoffmann ist machtlos gegen die Schah an Kindern. Auch Jürgen fängt nun an zu trommeln. Normalerweise ist er zwar eher ein ruhiger Schüler, aber er will seinem Hasslehrer unbedingt eins auswischen. Dann klopft es plötzlich an der Tür. Sie wird geöffnet und ein wutentbrannter Direktor steht davor. Wütend sagt er: „Kommen Sie bitte mit mir, Herr Hoffmann." Dieser will anfangen zu reden, aber der Direktor bringt ihn mit einer schnellen Handbewegung zum Schweigen. Also geht Herr Hoffmann in Richtung Tür „Dann wird die Stunde wohl doch ganz okay", ruft Moritz hinten aus dem Klassenraum, nachdem sich die Tür geschlossen hatte.

Jürgen Ohlsen - Mythen über Mythen aber keine AntwortenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt