Jürgens Schultern schmerzen schon sehr, doch er kann nicht aufhören, seinen Vater zu tragen. Nicht mehr lange ist es bis zum Haus des Arztes. Das behauptet zumindest der Hausarzt alle 20 Sekunden. Aber es kann wirklich nicht mehr lange dauern, denkt Jürgen. Seine Mutter war schließlich auch schnell wieder da gewesen. Sein Vater ist mittlerweile kaum noch am Stöhnen und am Keuchen. Er ist einfach zu schwach und er schwebt in Lebensgefahr. Schon wieder dieser Satz. »Es dauert nicht mehr lange.« Die Last seines Vaters wiegt schwer. Jetzt wird es wirklich zum Problem, dass dieser jeden Tag in der Kneipe Bier in sich hineinschüttet wie kein anderer. Auch Jürgen fängt an zu keuchen. Mit nur einer Schulter muss er das halbe Gewicht eines 120 Kilo schweren Mannes tragen. Das an sich wäre ja kein allzu großes Problem. Jürgen selber ist wirklich gut gebaut und sein Körper ist für das noch junge Alter von 14 Jahren schon sehr entwickelt. Doch wenn er mit diesem Gewicht auch noch schnell laufen muss, schwindet auch seine Ausdauer schnell. Er tröstet sich damit, dass der Arzt ja auch das Gewicht tragen muss. Außerdem beschwert sich dieser auch nicht. Dann endlich ein Lichtblick. Jürgens Mutter kommt von hinten angelaufen. Sie ruft: „Jürgen, du machst das super." Du darfst nicht nachlassen. „Wenn ich könnte, würde ich selber helfen, aber schau mich an." Diese motivierenden Worte verleihen Jürgen nochmal neue Kraft. Mittlerweile fühlt sich seine Schulter sowieso schon ganz taub an. Er spannt seinen ganzen Körper an und holt alles aus sich heraus. Seine Mutter läuft derweil schon einmal vor. „Ich bereite schon mal alles zu." Jürgen und der Arzt lassen Sie ohne eine Antwort laufen. Nach weiteren vergangenen zwei Minuten hört der Arzt plötzlich auf zu laufen. Beinahe fällt der Vater. Jürgen keucht: »Was ist los?« " Die Antwort kommt prompt: »Hier ist es.« Jürgens Mutter hört das Gestampfe der Stiefel des Arztes. Sie ruft: „Hierher." „Kommt hierher." Die beiden lassen sich das nicht zweimal sagen. Zusammen laufen sie mit dem Vater im Schlepptau in ein Zimmer, das wie ein Schlafzimmer wirkt. Dort liegt zwar nur eine Matratze auf dem Boden, aber die nimmt Jürgen dankend an. Er wirft seinen Vater beinahe schon von seinen Schultern. Der Arzt, dessen Namen Jürgen nicht einmal weiß, kramt derweil in irgendwelchen Regalen. Nach kurzer Zeit kommt auch er ins Zimmer. Sofort spritzt er dem gequälten Vater irgendwas in die Schulter. „Herr Ohlsen", fängt er an zu reden. „Versuchen Sie, sich zu entspannen." „Ich weiß, das wirkt schwierig, aber es ist wichtig, dass Sie nicht verspannt sind." Dann wendet er sich an Jürgen: „Du hast heute Großartiges geleistet, aber du musst dich jetzt auch hinlegen." Geh auf das Sofa im Wohnzimmer. Deine Mutter führt dich hin. Jürgen antwortet empört: „Ich kann doch jetzt nicht einfach weggehen." „Papa braucht mich." Doch seine Mutter wirft ihm diesen Blick zu, der ihm sagt, dass es nichts bringt, sich zur Wehr zu setzen. Sie packt ihn an der noch immer schmerzenden Schulter. Er stöhnt leise, auf doch einen entschuldigenden Blick und eine stille Aufforderung seiner Mutter zu folgen später liegt er im Bett und schläft schnell ein.
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Jürgen Ohlsen - Mythen über Mythen aber keine Antworten
AventureZunächst will einmal gesagt sein, dass diese Geschichte weder die Taten der Nationalsozialisten im Dritten Reich verherrlichen oder verharmlosen, noch die vielen Toten entwürdigend darstellen soll. Jürgen Ohlsen wurde am 15. März 1917 in Berlin gebo...