Kapitel 12

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Während wir auf unsere Bestellung warten fällt mir wieder auf wie attraktiv er ist. Die schwarzen Haare hängen ihm ein wenig in die Augen, was ihn verwegen aussehen lässt. Seine Iriden, die in der Klinik noch fast schwarz wirkten, scheinen jetzt unter den direkten Strahlen der Sonne eher wie ein dunkles Braun. Als mich seine Augen plötzlich direkt ansehen schrecke ich aus meiner Bewunderung.

"Du hast das vorhin wirklich gut gemacht mit den anderen Rudelmitgliedern. Du bist freundlich, aufmerksam und höflich. Das Wohlergehen der Leute scheint dir echt am Herzen zu liegen. Du wärst sicher eine gute Alpha, schade dass Alpha Rendolf da anderer Meinung ist."
Ich seufze auf was ihn scheinbar erschreckt, denn er fängt an mit den Händen zu fuchteln. "Oh nein, tut mir leid. Ich wollte nicht in deiner Wunde herum stochern. Ich wollte dir eigentlich nur ein Kompliment machen. Tut mir leid."

Seine Reaktion ist so süß einfühlsam und gleichzeitig übertrieben, dass ich lachen muss. "Alles gut, als Kompliment habe ich es auch aufgenommen. Und aufgegeben habe ich noch lange nicht. Mein Bruder wird erst in zweieinhalb Jahren 21, das ist für mich noch reichlich Zeit um zu beweisen, dass ich diesen Posten auch ausfüllen kann." "Das ist eine sehr gute Einstellung. Verloren hat nur wer aufgibt."

Sein Gesicht hat wieder diesen warmen Ausdruck angenommen. "Wie ist dein Alpha und wie war seine Mutter als Alpha? Sicher war sie super stark wenn sie sich unter den ganzen Männern durchsetzen konnte!"
Als sich seine Augen fast unmerklich weiten erkenne ich erneut mein Fettnäpfchen. "Du musst nicht antworten. Tut mir leid, ich bin manchmal wirklich ein Trampel. Ich weis ja, dass dich die Gedanken an dein altes Rudel schmerzen."

In dem Moment wird unsere Bestellung gebracht und ich glaube schon fast, dass er die Frage vergessen hat, als er doch noch antwortet.
"Sie war großartig. Als Alpha und als Mensch. Immer einfühlsam und gerecht. Ich - sie war wie eine Mutter für mich nachdem meine Eltern,..." Mein Magen krampft sich zusammen als ich die Trauer in seinem Gesicht ablesen kann. Ich lege ihm die Hand auf den Unterarm um ihm mein Mitleid auszudrücken.

"Das tut mir furchtbar leid. Ich hätte nicht fragen sollen." Er sieht mir mit einer wilden Mischung verschiedenster Gefühle in die Augen "Nein ist schon gut, eigentlich sind es ja hauptsächlich schöne Erinnerungen. Weist du, mein Vater war damals Beta des Rudels und ist leider im selben Kampf gestorben wie sein Alpha. Er und meine Mutter waren Schicksalsgefährten und sie hat den Verlust nicht ertragen können. Sie hat sich selbst das Leben genommen. Das klingt grausam, denn sie hat mich dabei zurück gelassen, aber ich denke ich kann sie verstehen. Sie hat sich vorher darum gekümmert, dass sich Amelia, die Luna um mich kümmert. Du musst wissen dass Leo, ihr Sohn und ich schon als kleine Kinder immer zusammen gespielt haben und quasi unzertrennlich waren. Für mich war es natürlich tragisch, aber Leo war schon immer mein Bruder und Amelia hat mich nie unerwünscht oder fehl am Platz fühlen lassen. Ich habe ihr einiges zu verdanken."

Er wirkt tatsächlich glücklich als er mir das erzählt und ich bin überwältigt von seiner Offenheit. Und dann stutze ich "Halt, warte mal. Du sagst dein Vater war Beta und du bist mit dem zukünftigen Alpha aufgewachsen. Dann bist du der Beta des Silbersee Rudels!" Seine Körperhaltung fällt ein wenig zusammen und Niedergeschlagenheit breitet sich aus.

"Ja, ich war Beta meines Rudels. Aber das ist Vergangenheit. Jetzt bin ich ein Nichts, ein Mann ohne Rudel und ohne Familie." Ich fühle einen Stich in meinem Herzen der so stark ist, dass mir für einen Moment die Luft weg bleibt.
"Du bist kein Nichts Fenris. Ich kenne dich jetzt erst ein paar Tage aber ich finde du bist ein beeindruckender Mann. Du bist mitfühlend, du bist in der Lage Dankbarkeit zu zeigen und bist vorallem kein hochnäsiger Arsch so wie viele andere hochrangige Wölfe."

Das bringt ihn wenigstens kurz zum auflachen, was mir sofort ein wenig den Schmerz in meiner Brust lindert. "Und an der Sache mit dem Rudel kann man ja vielleicht was ändern. Ich jedenfalls habe das Gefühl du würdest hier gut rein passen."

Bei den letzten Worten habe ich meinen Löffel in die Hand genommen und in meinem inzwischen schon etwas weichen Eis herum gestochert. Mir ist bewusst, dass das Angebot ansich ein wenig zu früh kommt. Aber ich will nicht, dass er geht. Ich will dass er in meiner Nähe bleibt und Aelia geht es da genau so.

"Das ist ein sehr großzügiges Angebot Soraya und ich danke dir dafür." Ich spüre wie mein Herz schwer wie ein Stein wird und in rasanter Geschwindigkeit Richtung Boden sackt. Er will nicht bleiben.
"Aber es ist noch zu früh. Dein Vater würde das nicht erlauben, dafür ist er ein zu guter Alpha. Ich muss mich erst beweisen und vorallem ihm beweisen, dass ich dir und dem Rudel nichts böses will."

Mit den Finger hebt er mein Kinn an sodass er mir in die Augen sehen kann. "Aber ich verspreche dir, dass ich mein Bestes tun werde damit er keinen Grund hat mir zu misstrauen." Zack, mein Herz ist wieder an seinem Platz und von dem schnellen Positionswechsel scheinbar sehr angestrengt, denn es schlägt in einem Rhythmus als wäre ich eben einen Marathon gerannt.

Mein Blick wandert ohne mein Zutun zu seinen Lippen und ich erschrecke vor mir selbst als ich realisiere, dass ich gerne küssen möchte. Schnell sehe ich zurück in seine Augen, die mir jetzt ein gutes Stück dunkler erscheinen.

Ich räuspere mich um mich von seinem Bann zu befreien "Gut. Ich erwarte, dass du dein Versprechen hälst." Ein Lächeln zupft an seinen Mundwinkeln, welches ich herausfordernd erwiedere bevor ich weiter spreche.
"Und jetzt verspreche ich dir was: wenn du nicht bald deinen Muffin isst, werde ich es tun. Denn das hier mein Lieber, ist vermutlich der beste Muffin den du in deinem Leben probieren wirst!"

Er lacht laut auf und die Spannung die eben noch zu spüren war ist nun endgültig fort. Ich stimme mit ein und schiebe mir endlich den ersten Löffel meines Eis in den Mund.

Die Gefährtin des BetaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt