Die Gefährtin des Beta

Kapitel 57

Jack wechselt auch die anderen Paare durch und startet eine neue Runde. Soraya steht vor ihm und er sieht die Herausforderung in ihren Augen blitzen. Er freut sich zu sehen was sie kann, er will wissen, dass sie in der Lage ist sich selbst zu verteidigen.

Seit seiner Kindheit hat er mit Leo trainiert und um den Platz des besten Kämpfers gerungen. Es gab nie einen klaren Sieger. Er wird es locker angehen lassen, es ihr aber auch nicht zu leicht machen.

Sie tänzeln umeinander herum. Sie ist anders als ihr Bruder, kontrollierter, bedachter und berechnender. Das gefällt ihm. Versuchsweise setzt er einen geraden Stoß zu ihrem Gesicht, dem sie locker ausweicht. Sie sieht ihn danach mit nach oben gezogener Augenbraue an, 'soll das etwa alles sein?' bedeutet dieser Blick. Er lacht leise auf, also gut, dann eben ernsthaft.

Er täuscht einen rechten Schwinger an und wechselt schnell zu einem kurzen Aufwärtshaken mit links. Sie bemerkt seine Finte und blockt seinen zweiten Schlag weg, bevor sie direkt in einen Gegenangriff übergeht. Er weicht den Angriffen aus. Sehr gut, er ist beeindruckt.

Dann lass mal sehen was sie damit macht. Er nimmt seine Hände in Boxerhaltung und bringt eine Schlagabfolge, in der er sich zwei Mal mit links herantastet um mit rechts einen starken Schlag zu setzen. Ihr Block kommt einen Hauch zu spät und er erwischt sie hart am linken Arm, den sie zum Schutz vor ihre Schläfe gehoben hat.
Sie taumelt leicht zurück, in ihrem Blick sieht er jedoch, dass sie noch nicht geschlagen ist. Schnell setzt er einen Tritt nach, dem sie jedoch knapp ausweicht.

Sie schafft es sein Bein am Ansatz seiner Oberschenkelmuakulatur so zu blocken, dass es beim Aufkommen unter ihm weg bricht. In sekundenschnelle ist sie hinter ihm und nimmt ihn in einen Würger.
Er schiebt seine Hand zwischen ihre Arme und seinen Hals und beugt sich nach vorne, wodurch sie gezwungen ist über ihn zu rollen.
Er rollt mit ohne sie los zu lassen und sitzt am Ende über ihr. Er blockiert ihre Arme mit seinen Beinen und grinst sie lasziv an. "So gefällst du mir." Neckend zwinkert er ihr zu.

Während seinem Moment der Unachtsamkeit schafft sie es ihre Beine so zu positionieren, dass sie ihre Hüfte anheben und ihn über ihren Kopf katapultieren kann. Eine Sekunde später sind die Rollen getauscht und sie thront auf seiner Brust. "So gefällst du mir noch besser." Sie imitiert sein zwinkern und beide brechen in Lachen aus. Sie ist wirklich verdammt gut. Er ist stolz auf sie.

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Als ich mich umblicke hat sich ein Kreis aus Zuschauern um uns gebildet. Wie lange stehen die da da schon? Scheinbar lange genug, denn einige rufen mir begeistert zu. "Sehr gut Soraya!" Andere hingegen sind offensichtlich eher auf Fenris' Seite. "Krasse Rolle Fenris! Mega Manöver!"

Jack tritt vor und hilft uns beiden hoch. "Sehr gut ihr zwei, schön aufgepasst und die Schwächen des Anderen gesehen und genutzt. Auch wenn ich glaube, dass das noch nicht alles von dir war." Die letzten Worte sind für Fenris bestimmt, dem er zu Zwinkert.
"Stimmt das?" Ich blicke meinen Gefährten fragend an. Wieder legt er sich die Hand an den Hinterkopf, eine Geste die, wie ich inzwischen weiß, sein Unbehagen ausdrückt.

"Naja, aber schon ziemlich nah dran. Du bist wirklich gut Soraya! Hier und da noch ein bisschen verspannt vielleicht, dadurch wird deine Reaktionszeit langsamer und in einem richtigen Kampf, kann es dein Sichtfeld einschränken. Aber du beobachtet gut und kannst Schwächen erkennen."
'Ich bin stolz auf dich und erleichtert, jetzt wo ich weiß, dass du auf dich selbst aufpassen kannst.' Sein Blick wird ganz weich und liebevoll und ich wünschte ich könnte ihn küssen, aber ich spüre noch immer die Augen der anderen auf mir.

"Jetzt knutsch sie endlich!" Mein Gesicht wird knallrot und auch auf Fenris' Wangen schleicht sich eine zarte Röte. Mein Bruder ist so doof. "Ja, los! Das ist ja nicht mit anzusehen!" Und meine angeblich beste Freundin genau so.

Ich bin vor Scham zu gelähmt um mich zu bewegen, doch auf dem Gesicht meines Partners zeichnet sich ein Lächeln ab, während er mir die Hand an die Wange legt und mich sanft zu ihm zieht. Kurz bevor seine Lippen meine berühren, flüstert er mir leise zu. "Manchmal muss man den Menschen geben was sie haben wollen."

Der Kuss ist sanft und warm und liebevoll und um uns herum wird Jubel laut. Ich meine aber auch einige enttäuschte Aufschreie zu hören. Vermutlich Frauen die nun verstehen, dass er mir gehört. Gut so. Ich vertiefe den Kuss, bevor sich Fenris von mir löst und mich breit grinsend ansieht. Er nimmt meine Hand und hebt sie in die Höhe als wäre ich der Gewinner eines Boxkampfes. Wir verbeugen uns in alle Richtungen und brechen mit der Menge in Gelächter aus, während wir Applaus bekommen.

Nach ein paar Sekunden tritt Jack zurück in den Kreis und klatscht laut in die Hände. "O.K., O.K. wir hatten unseren Spaß, jetzt weiter. Das Training ist noch nicht vorbei!"

Wir trainieren noch eine weitere Stunde, in der wir nun auch unsere Wölfe mit einbeziehen dürfen. Wir sind dabei zwar noch immer in menschlicher Gestalt, doch können wir die Sinne und Reaktionen unseres Wolfes nutzen, was mein Blatt komplett wendet. Ich weiß, das Aelia deutlich stärker ist als ich oder die meisten anderen hier. Da wir ständig die Partner wechseln, komme ich bis zum Schluss nicht mehr dazu mit Fenris zu trainieren. Aber er ist ja nun zum Glück öfter dabei.

Am Ende ruft Jack uns nochmal alle in einen Kreis. "Gutes Training Leute. Bevor ihr alle verschwindet, habe ich noch etwas zu sagen. Mit wurde zugetragen, dass jemand hier aus unserem Kreis plant in absehbarer Zeit ein Rudel aus der Unterdrückung zu befreien. Soraya, magst du kurz etwas dazu sagen?"
Er blickt zu mir und meine Knie werden weich. Reiß dich zusammen!

"Äh, ja, danke Jack. Es geht um das alte Rudel von Fenris. Es wurde vor geraumer Zeit von Streunern überfallen und lebt seit dem unter Folter und Versklavung. Ich bin der Meinung wir können nicht tatenlos daneben stehen und zusehen, während solch eine Ungerechtigkeit direkt vor unserer Nase passiert. Ich habe beschlossen den Leuten dort zu helfen und suche nun Freiwillige die sich mir anschließen. Am Donnerstag habe ich die Chance vor der Alpha-Versammlung zu sprechen und andere Rudel um Unterstützung zu bitten. Schon jetzt habe ich die Zusage von drei von ihnen, dass sie uns helfen wollen."

"Danke Soraya. Ich finde das eine wirklich gute und richtige Sache und werde mich selbst dem Trupp natürlich anschließen. Ich spreche nun vorallem die Krieger unter euch an, wenn ich sage 'überlegt euch ob ihr euch uns anschließen wollt'. Soraya will nur Freiwillige dabei haben, da das Rudel nicht zu unserer Allianz gehört. Entscheidet also bitte mit Bedacht, es wird einen reellen Kampf mit Toten geben, unter denen auch jemand von euch sein könnte." Er blickt einmal kurz in die Runde. "Trotz allem werden wir in den nächsten Tagen und Wochen auch immer wieder taktische Elemente mit einbringen. Das wars soweit. Ab nach Hause mit euch, bis morgen."