Kapitel 50

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Schon als ich die Tür öffne und in den Raum trete, verstummen die Leute um uns herum und starren mich an. Genau wie Fenris gesagt hat. Ich versuche sie zu ignorieren und halte Ausschau nach meinem Vater. Da er nicht im Eingangsbereich ist und sicher nicht auf der Tanzfläche, versuche ich mein Glück im Speisesaal und werde fündig.
Er sitzt, meine Mutter zu seiner rechten mit einigen der älteren Gäste zusammen in einer Unterhaltung.
Als sein Blick mich erfasst wird sein Ausdruck hart und kalt wie Eis und lässt mich in meiner Bewegung erstarren. Er ist sauer, so richtig sauer.

"Soraya!" Seine Stimme donnert durch den Raum. Als er aufsteht, schwappt seine Alpha-Aura von ihm aus über mich hinweg wie eine große Welle, die mich einen Schritt zurück drängt. "In die kleinen Bibliothek, sofort." Er blickt zu Fenris und seine Stimme wird so schneidend wie sein Blick. "Du auch."
Da ich weiß, dass eine Diskussion hier keinen Zweck hätte, nicke ich ihm kurz zu und gehe mit Fenris in den zweiten Stock, wo sich das Zimmer mit dem kleinen Schreibtisch und den alten Dokumenten befindet. Wir warten nicht lange, bis ich erst seine Präsenz fühle, bevor er die Tür öffnet und den Raum betritt. Er positioniert sich hinter dem Schreibtisch und stemmt beide Arme auf die Tischplatte. Wut lodert in seinen Augen als er mich ansieht.

"Was fällt dir ein erst eine unserer Gäste zu verletzen und dann für über eine Stunde vom Erdboden zu verschwinden? Haben wir dich dieses Verhalten gelehrt?" Fenris will etwas zu meiner Verteidigung erwidern, doch mein Vater schneidet ihm das Wort ab. "Mit DIR habe ich nicht geredet. Ich habe meine Tochter gefragt." Sein Blick wendet sich wieder mir zu.
"Also, Soraya?" "Es tut mir leid was mit der Frau passiert ist. Aelia hat die Kontrolle übernommen und ich konnte sie nicht aufhalten." Kurz halte ich inne bevor ich noch etwas hinzufüge. "Aber selbst wenn ich gekonnt hätte, hätte ich es vielleicht nicht getan."

Seine Wut wandelt sich in Schock und er stellt sich aufrecht hin. Ich muss es ihm jetzt sagen. "Sie hat Fenris bedrängt und weder Aelia noch ich hätten daneben stehen und zusehen können. Vater, Fenris ist unser Schicksalsgefährte."
Er verharrt in seiner Position und seine Augen wechseln zwischen Fenris und mir hin und her, bis sie an meinem Partner hängen bleiben. "Stimmt das?" Ich spüren Fenris Hand auf meiner Hüfte, als er einen Schritt an mich heran tritt. "Ja, Alpha Rendolf, es ist wahr. Ich befand mich in einem - ungünstigen Zustand, deshalb hat es so lange gedauert, das heraus zu finden. Aber seit heute Abend ist es sicher."

Ich sehe wie sich Verzweiflung in das Gesicht meines Vaters mischt und bekomme ein wenig Mitleid. Das ist nicht die Situation die er sich vorgestellt hat. "Papa, ich weiß das ist nicht die Zukunft die du dir für mich gewünscht hast. Aber er ist mein Gefährte und ich liebe ihn über alles. Er ist das Gegenstück zu mir, mit dem mich die Mondgöttin zusammen sehen will. Und auch wenn er gerade von seinem Rudel getrennt ist, so ist er trotzdem ein Beta!"

Das ist die Chance anzusprechen warum ich gekommen bin. Ich bitte Aelia um ihre Stärke als ich mich vor dem Schreibtisch aufbaue um meinen Entschluss zu unterstreichen.

"Ich habe vor ihm zu helfen sein Rudel zu befreien und bitte dich darum mich vor der nächsten Alpha-Versammlung sprechen zu lassen um eine Allianz oder zumindest ein Team zu bilden, dass mir dabei hilft."
Seine Kinnlade klappt nach unten und er sieht mich einen Moment schockiert an. Dann wird sein Blick hart und gnadenlos und schwenkt hinter mich zu Fenris.

"Du." Sein Zeigefinger deutet drohend auf meinen Gefährten. "Du hast ihr das eingeredet. Du behauptest ihr Schicksalsgefährte zu sein und treibst sie dann zu deinem eigenen Vorteil in eine so gefährliche Situation."
Wut steigt nun in mir auf und der starke Drang meinen Partner zu beschützen. Bevor er weiter reden kann, trete ich einen Schritt auf den Alpha zu. "Nein Vater!"

Nun spüre ich selbst die Aura die von Aelia ausgeht und meinen Vater in den Stuhl hinter ihn setzt. "Es war alleine meine Idee! Fenris hat versucht mich davon abzubringen, aber ich muss diesen Leuten helfen. Er hat mir erzählt was dort passiert, sie werden versklavt oder wie Fenris in eine Zelle eingesperrt und als Boxsack verwendet. Auch wenn sein Rudel momentan kein Mitglied unseres Zusammenschluss ist, so haben wir nicht umsonst Regeln die ein solches Verhalten verbieten. Wir können nicht die Augen verschließen, vor der Ungerechtigkeit, die genau vor unserer Haustür stattfindet. Ich werde ihnen helfen, Vater. Mit oder ohne deiner Unterstützung!"

Einen Moment lang sieht mein Vater mich mit einer Mischung aus Schock, Irritation und Stolz an, während durch das Band zu Fenris reiner Stolz sickert. Warum sind sie stolz auf mich? Letzterer tritt wieder an mich heran und gibt damit zu verstehen, dass er bei meiner Entscheidung hinter mit steht.

Nach einer kleinen Ewigkeit der Stille, in der ich schon anfange zu hinterfragen was ich gesagt habe und vorallem wie ich meinem Vater diese Idee an den Kopf geschmissen habe, wird der Blick meines Vater wieder weicher und stabiler.
"In Ordnung Soraya, ich werde eine Notfall-Versammlung einberufen bei der du vor allen anderen Alphas sprechen kannst. Da die meisten hier sind dürfte ich schon morgen Abend einen Termin fest stehen haben. Mit etwas Glück schon für diese Woche. Ich rate dir dich gründlich darauf vorzubereiten. Du benötigst einen genauen Plan wie du dir diese Allianz und den Angriff vorstellst. Ich werde dir dabei nicht helfen."
Ich schlucke. Wie soll ich das schaffen?

"Ich werde ihr helfen. Ich kenne das Land und die Gebäude. Ich weiß wie man am besten eindringen kann ohne große Verluste." Dankbarkeit und Liebe für Fenris durchströmt mich als ich glücklich in sein entschlossenes Gesicht sehe. "Nun gut." Mein Vater nickt uns abschließend zu.
"Soraya, geh' jetzt wieder runter." Ich nicke bestätigend, was in meiner Erleichterung die Situation überstanden zu haben schon fast eine kleine Verbeugung wird und wende mich zur Tür. "Fenris, du bleibst da."

Ich erstarre in meiner Bewegung und sehe vom Alpha zu Fenris. "Schon gut Soraya, ich komme gleich nach." Mein Gefährte wirkt ruhig und gefasst als er mir die Hand auf die Schulter legt und flüchtig auf die Stirn küsst. Ich benötige ein weiteres ermutigendes Nicken von ihm, damit ich mich aus meiner Starre lösen und den Weg nach unten antreten kann.

Die Gefährtin des BetaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt