"Du bekommst nur, was du verdienst."

301 26 19
                                    

"Du bekommst nur, was du verdienst."

××

Joanne

Ich schluchzte, doch das schien den Mann wenig zu kümmern. Er machte die Tür wieder zu und ich hörte, wie er die Fahrertür aufmachte und sich ans Steuer setzte. Kurz darauf fuhren wir los.
Mein Zeitgefühl verlor ich, ich wusste nicht wie lange wir schon fuhren. Es war eine gefühlte Ewigkeit, wahrscheinlich saß ich schon seit Stunden hier und ließ mich durch die Gegend fahren. Und schon wieder kreisten meine Gedanken alleine um die einzelne Frage, warum nur mein Leben so kompliziert war. Konnte nicht einmal etwas unkompliziert sein? Wenn es einen Gott da oben gab, dann hatte er etwas gegen mich. Ich war doch immer ein anständiges Mädchen gewesen. Hatte mein Essen so gut wie immer aufgegessen. Ja, die Betonung lag auf 'so gut wie', aber trotzdem hatte das, was ich durchmachen musste, keiner verdient. Und das nur, weil ein kranker Fan von Ed besitzergreifend war. Und da waren sie auch schon wieder. Die vielen Vorwürfe, die ich Ed machte. Ich wusste, dass es falsch war, ihn für alles zu beschuldigen. Ihm die ganze Schuld zuschieben. Denn er konnte nichts dafür. Er lebte für seine Musik, die Fans waren eine sich daraus ergebende Konsequenz. Und er lebte für Samuel und mich, seiner Familie. Er hätte nie gewollt, dass das passiert. Und doch geschah es. Aber so oft ich mir dies einredete, so oft ich es widerholte, es als ein Mantra immer und immer wieder vor Augen führte, war mein Gehirn unfähig zu denken, dass es nicht seine Schuld war. Ich konnte nicht mehr Freund von Feind unterscheiden. Für mich waren es alle Feinde.

Mit einem Ruck blieben wir stehen. Ich hörte, wie der Mann ausstieg und kurze Zeit später meine Tür öffnete.
Unsanft packte er mich am Arm und zog mich aus dem Auto, ohne ein Wort zu sagen. Er schliff mich über einen Hof und steuerte zielstrebig eine Hintertür an. Es war eine Lagerhalle, in die er mich brachte.
"Ah, da bis du ja, David", flötete eine Stimme, die ich wohl mein ganzes Leben nie wieder vergessen würde.
"Und wie ich sehe, hast du deinen Auftrag ausgeführt. Sehr schön", sagte sie weiter. Sie trat aus einer dunklen Ecke heraus. Nun konnte ich ihr Gesicht erkennen. Die Psychiatrie hatte sie mitgenommen, das sah man eindeutig. Und dennoch war sie so schön, wie vor einem Jahr. So schön und doch so gefährlich.
"Willkommen in deinem neuen Zuhause, meine Liebe. Ich hoffe es gefällt dir."
"Hör auf, Samantha. Was will du von mir?"
"Was ich will? Nun genau genommen will ich etwas von deinem lieben Ehemann. Du bekommst nur, was du verdienst."
"Und was verdiene ich?"
"Schmerzen. Die Schmerzen, die du mir angetan hast, als du mir Ed weggenommen hast. Und als ob das nicht schon genug wäre, bist du dafür verantwortlich, dass ich ein Jahr in dieser Psychiatrie leiden musste."
Ich schnaubte abfällig. Ich hatte ihre krankhafte Art so satt.
"Ed gehört mir. Während er noch nicht einmal von deiner Existenz gewusst hatte, waren wir schon lange glücklich verheiratet. Komm von deinem Wahn runter, du hast keinen Anspruch auf Ed. Niemand hat das. Du redest von ihm, als wäre er ein Gegenstand, aber verdammt nochmal, das ist er nicht! Dass du in der Psychiatrie gelandet bist, ist deine eigene Schuld und es wäre besser für dich gewesen, du wärst dort geblieben", beendete ich meine Wutrede. Von Wort zu Wort war ich immer lauter geworden und es tat gut meinen Frust endlich raus zu lassen. Die Frau anzuschreien, die mein ganzes Leben auf eine solch grausame Art geprägt hatte.
Samantha stand nun vor mir, wenige Centimeter trennten unsere Körper. Sie erhob ihre Hand und holte weit aus. Mit voller Wucht traf sie meine Wange. Mein Kopf wurde zur Seite geschleudert und ich schrie auf. Es schmerzte mehr, als es mir lieb war. Ich biss meine Zähne zusammen, um nicht aufzuwimmern. Bloß keine Schwäche zeigen!
"Pass auf, was du sagst, Fräulein. Sonst lernst du mich richtig kennen", flüsterte sie bedrohlich leise.
"Wenn du denkst, das waren Schmerzen, dann weißt du nicht, was dir noch blüht. Also, mach es nicht schlimmer, als es ohnehin schon ist."
Dann wandte sie sich an David.
"Bring sie in den Keller. Morgen früh werde ich mich um sie kümmern. Und stell ihr ein Becher Wasser hin. Sie soll bei Kräften sein, wenn wir morgen spielen."
David nickte.
Warum wusste ich, dass wir kein UNO spielen würden?

××
Wie ihr sicher (oder auch nicht) bemerkt habt, habe ich mich dazu entschieden, mit All of the fears (und Lady Dracula) bei den Wattys2015 mitzumachen. Ich denke nicht, dass ich gewinnen werde, aber dabei sein ist alles :) Also, drückt mir die Daumen :)
Love, Armitagegirl22 ♥

All of the fears (Ed Sheeran)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt