Olivia

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Flavio bereitet sich auf Krieg vor. Wieso? Ich verstehe es nicht. Nur weil Zacharias hier ist, heißt das nicht, dass Krieg ausbricht. Schon gar nicht in großem Sinne, vermutlich wird niemand davon mitbekommen. Obwohl... der dunkle Kaptain ist beim Königshaus nicht gerade beliebt. Vielleicht wird das hier doch größer, als ich es angenommen habe.
Mein Blick schweift durch das Zimmer und mustert alles, als würde ich das hier zum ersten Mal sehen. Der Tisch aus poliertem Eichenholz, auf dem meine Füße, hunderte Karten und Feder und Tintenfass liegen, die schlichten Holzwände, an denen veraltete Karten hängen, die Kommode an der linken Wand und die Tür gegenüber von mir. Mein Blick bleibt am dem Spiegel aus poliertem Silber hängen, der zwischen den Karten an die Wand genagelt ist. Darin sehe ich mich: langes, schwarzes, unzähmbares Haar, kantiges Gesicht mit sturmgrauen Augen, sonnengebräunte Haut, ein einfaches Leinenhemd, dass sich über der Brust spannt, ein roter Mantel mit goldenen Knöpfen, schwarze Leinenhosen und rote Stiefel bis zu den Knien mit umgeknicktem Rand, um die Hüfte ein schwarzer Gürtel mit goldener Schnalle. Am Gürtel hängt mein Säbel. Gute Handarbeit, bequemer Griff, perfekt ausbalanciert, tödlich. Eine typische Piratenwaffe. Ein typischer Pirat. Bis auf die Tatsache, dass ich eine Frau bin. Das scheint allerdings wenig relevant für andere zu sein, vor allem, wenn mein Säbel in ihrer Brust steckt.
Gedankenverloren starre ich auf die Karten. Sie rutschen hin und her, die Wellen sind stark diese Nacht. Plötzlich kommt unter den vielen alten, vergilbten eine neuere zum Vorschein. Ich strecke meine Hand danach aus. Dann fällt es mir ein und ich zucke zurück.
"Sie führt dich zum größten Schatz überhaupt, chéri. Sie wird dich reich machen. Ich brauche nur eins von dir. Ein Liebespfand. Etwas sehr...materielles. Eine Opfergabe, wenn du so willst. Ich bin mir sicher, ich bekomme sie von dir, nicht wahr? Na dann ist es ja gut. Ich habe sie mir schon genommen. Ich bin mir sicher du kannst sie enbehren." "OLIVIA!" Keuchend wache ich auf. Meine Hände zittern, als ich andere Karten über die eine Karte schiebe. Sara streckt den Kopf zur Tür herein. "Kaptain? Alles in Ordnung?" Ich bringe ein Nicken zustande. Olivia. "Hast du wieder davon geträumt?" Wieder ein Nicken. Sara kommt ganz herein und schließt die Türe hinter sich. Sie setzt sich auf die Lehne meines Sessels und nimmt mich in den Arm. Immer noch zitternd versuche ich meine Atmung unter Kontrolle zu bringen. "Alles in Ordnung, Natalia, alles okay." Sie weiß, wie sehr mich das ganze aufwühlt. Sie benutzt meinen echten Namen.  Das tut sie sonst nie. Immer nur Kaptain. Ich verweile noch kurz in ihrer Umarmung, dann befreie ich mich daraus. "Das Ganze ist drei Jahre her, ich habe es hinter mir gelassen, jetzt bin ich fast achtzehn, habe alles wieder aufgebaut, es gibt nichts, worüber ich mir Sorgen machen müsste.", versuche ich mich selbst zu beruhigen. Sara lächelt ihr bezauberndes Engelslächeln. "Siehst du, schon viel besser. Und jetzt fahren wir zu Flavio." Ich stöhne. Das hat mir jetzt noch gefehlt. Ich lasse Sara vorgehen und komme ein paae Minuten später nach draußen. Gebe Anweisungen. Schreie herum. Schimpfe. Bin Kaptain. Ich stelle mich ans Steuer und starre in die Nacht. Es ist Vollmond, er spendet mir Licht, allerdings könnte ich hier mit verbundenen Augen fahren. Jedes Mitglied meiner Crew könnte das. Wir kennen die Küste hier genausogut wie die anderen Crewmitglieder. Ich starre auf den Ozean, während das Schiff durch die Wellen saust. Er ist schwarz wie die Nacht, die Sterne spiegeln sich darin. "Siehst du das Sternbild da drüben? Ja, genau da. Immer, wenn du vollkommen verloren bist, egal wo du bist, segle ihm hinterher und du findest nach Hause. Findest zu mir zurück." Ich fröstelte. Sie hatte nie mehr nach Hause gefunden. Sie war mit ihm davongesegelt. An den Mast gebunden, bewusstlos geschlagen, blutig. Zitternd ziehe ich den Mantel enger um mich und versuche auf andere Gedanken zu kommen. Es gelingt mir nicht. Ich mustere die Klippen und und bewege das Steuer. Das ganze Schiff beginnt lautlos, die Richtung zu ändern. Ich werde sie rächen. Ich werde ihn töten. Ich werde sie nach Hause bringen. Olivia.

Fluch der Liebe - Die Geschichte eines PiratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt