Nach drei Wochen haben wir alle wieser gefunden. Zacarias spielt immer noch mit uns. Suchen wir nach jemand bestimmten, taucht genau der überraschend genau vor unserer Nase auf, verwirrt und desorientiert, ohne eine Ahnung, wie er hier her gekommen ist. Alle außer Irina, Elvio, und Zoe. Nirgends sind sie zu finden. Cloe wird immer unkonzentrierter, sitzt nur noch zusammengekauert herum und starrt ins Leere. Ich will ihr helfen, aber ich weiß nicht wie. Nichts wird ihr helfen, außer ihre Schwester. Wir schaffen es immer wieder, ihr Essen und Trinken einzuflößen, auch wenn sie das vermutlich gar nicht mitbekommt. Die anderen sind wirklich froh, dass wir alle gefunden haben, allerdings kann sich keiner daran erinnern, was in der Zeit zwischen dem Sturm und dem Wiederfinden unsererseits passiert ist. Zacarias spielt mit uns. Das ist mir jetzt klar, nur kann ich nichts, rein gar nichts dagegen unternehmen.
Wir fahren auf der Lieblichen auf die Insel zu, wo uns die spanische Flotte aufgegriffen hat. Dort steht laut Flavios Angaben immer noch mein Schiff. Und das will ich unbedingt wiederhaben. Unter Deck höre ich jemanden streiten, Flavios und meine Crew hat sich immer noch nicht an die Zusammenarbeit gewöhnt. ich muss lächeln. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis sie sich vollends aufeinander eingespielt haben, obwohl Flavio und ich sowieso schon ähnliche Führungsstile haben. Irgendjemand tritt neben mich. Ich starre weiter auf die Wellen. "Natalia?" Mein Kopf fährt herum. Cloe?! Sie sieht furchtbar aus, abgemagert, fettiges Haar, die Kleidung ungewaschen. "Cloe! Wi-" "Ich weiß, wo Zacarias ist.", unterbricht sie mich. Ich starre sie an. "Woher?" "Es ist logisch. Vermutlich hat er alles von Anfang an eingefädelt. Er wird bei deinem Schiff warten. Mit Irina, Elvio, Olivia... und Zoe. Wir müssen ihn vernichten. Auch wenn wir das, was er will nicht haben. Wir müssen ihn fertig machen und sie befreien. Nicht nur Zoe, alle. Dort haben wir die Chance dazu. Bitte!" Flehend sieht sie mich an, in ihren Augen blitzt Hoffnung auf. Ich nicke. Wie kann ich ihr das abschlagen? Wie könnte ich ihre gerade erst erwachte Hoffnung einfach wieder zerschlagen? Ich nicke nochmal und gehe hinunter, um Vorbereitungen zu treffen.
Als die Insel ein paar Tage später in Sicht kommt, sieht Cloe fast wieder so aus wie früher, nur etwas magerer. Sie läuft unruhig am Deck herum, schaut immer wieder zur Insel und läudt weiter. Ich verstehe sie, ich will sogar mit ihr mitlaufen. Zoe ist wie eine Schwester für mich und, auch wenn ich es nicht zeige, macht mich ihr Verschwinden fast so fertig, wie Cloe. Aber der Kaptain muss stark sein. So verstecke ich alle Gefühle, wie ich es seit fast acht Jahren immer gemacht habe und versuche Cloe zu beruhigen. Aber auch der Rest der Crew wird aufgeregter, je näher wir der Insel kommen. Die wildesten Gerüchte haben sich verbreitet, seit dem Gespräch von Cloe und mir vor ein paar Tagen. Offenbar sind einige Leute der Meinung, das Zacarias der Teufel höchst persöhnlich ist und uns alle mit in die Hölle nehmen will. Ganz so fern liegen sie der Wahrheit damit vermutlich nicht.
Ich seufze und starre die Insel an, graue, fast schwarze Wolken bedecken den Himmel und kündigen einen Sturm an. Hinter mir höre ich Giselle Anweisungen schreien. Offenbar stimmt etwas mit dem Ruder nicht. Irgendwie schafft sie es dann doch den Kurs zu ändern und wir fahren eine langen Bogen um die Insel herum. Und da steht es, genauso wie Flavio gesagt hat: mein Schiff, die Diable. Und da steht er, genauso wie es Cloe gesagt hat: Zacarias. Auf meinem Schiff. Was tut der auf meinem Schiff? Er soll da runter! Sofort! So wie immer tut er aber wahrscheinlich nicht, was ich will. Giselle lenkt das Schiff so, dass wir neben meinem Schiff stehen bleiben. Ich springen hinüber und lege die Hand auf meinen Säbel. "Zacarias." Ich lächle resigniert. "Wie immer schön dich zu sehen." Er kommt auf mich zu, die blonden Haare vom aufkommenden Wind verweht. "Natalia. Wie ich sehe geht es dir gut. Nun, mein... Auftraggeber hat es sich anders überlegt, er möchte die Sachen jetzt schon. Hast du sie?" Ich schüttle den Kopf. "Ich hab es noch nichtmal in die Nähe von der Insel geschafft." Zacarias verzieht das Gesicht. "Dann haben wir ein Problem. Was machen wir jetzt?" "Ich mache gar nichts." Zac lächelte. "Nicht?" "Nein." "Nun, ich brauche ein Herz und eine Seele. Ich nehme also an, dass ich deine Geschwister verwenden kann?" Ich bekomme eine Gänsehaut und schaudere. Fest beiße ich die Zähne zusammen. "Niemals." "Was dann? Opferst du einen deiner Crew? Einen von Flavios Crew?" Würden Blicke töten können wäre Zacarias schon längst tot, allerdings ist das nicht der Fall. Ich versuche mich zu beruhigen und antworte langsam:"Nimm einen aus deiner Crew. Oder irgendjemanden aus irgendeinem Dorf. Jeden. Aber lass mich in Ruhe." Zac starrt mich an. Seine blauen Augen blitzen, kurz meine ich Schmerz zu sehen. Schmerz und Schuld. Dann weicht es Traurigkeit. "Die Personen... die Personen müssen mir etwas bedeuten." Ich schüttle kurz den Kopf. "Ich habe dich geliebt Natalia, mehr als jemals einen Menschen zuvor. Und das tue ich immer noch. Aber die Unsterblichkeit verlangt ihren Preis." Ein Stich geht durch mein Herz. Alte, längst verschwunden geglaubte Gefühle schwappten in mir hoch. "Zac..." Meine Stimme bricht. Alles wird verschwommen. Ich kneife die Augen zusammen und schüttele den Kopf, um wieder klar zu sehen. Hinter mir höre ich Flavio meinen Namen sagen. Flavio. Ein Lächeln malt sich auf mein Gesicht und ich greife mir an den Bauch. Dort, wo unser Kind heranwächst. Der Schwindelanfall ist vorbei. Zacarias folgt meiner Hand. Seine Augen werden groß, Zorn steht darin. "Du bist also mit ihm ins Bett gegangen? Mit "dem aufgeblasensten Wichtigtuer, den es gibt"? Mit "Flavio Flasche"? Ach." Er lacht. "Wie ich sehe, kannst du dich an die süßen Spitznamen erinnern, die du ihm gegeben hast." Hinter mir höre ich Flavio etwas murmeln. "Was interressiert es dich? Es kann dir egal sein, das einzige was dich interressiert, ist das Leben anderer zu ruinieren. Du hast es einmal geschafft und jetzt wieder. Und du denkst dir nichts dabei. Gar nichts." Ich fixiere ihn mit meinen Blicken. "Wenn ich mit Flavio schlafe ist das ganz allein meine Sache. Und auch wenn ich von ihm ein Kind bekommen sollte geht es dich nicht das geringste an. Nicht dsd geringste. Nimm meine Schwester. Nimm meinen Bruder. Nimm das verfluchte ungeborene Kind." Tränen liefen mir über die Wangen. "Nein. Nein. Nimm mich. Mach dem ganzen ein Ende. Töte mich. Mit einem sauberen Stich in die Brust. Hier." Ich ziehe meinen Säbel aus der Scheide und halte ihm den Griff hin. "Jetzt. Hier. Mach dem ganzen ein Ende." Zac starrt mich an, vollkommen entsetzt. Absolute Stille herrscht. Leichter Regen setzt ein, als ich hinter mir etwas höre. Wenige Sekunden danach steht Flavio vor mir. Er nimmt mir den Säbel aus der Hand. "Niemals werde ich das zulassen." Zac lacht. Ein bitteres Lachen. "Als würdest du dich dafür interressieren. Du liebst sie nicht. Und du hast sie nie geliebt. Du wolltest sie einfach nur flachlegen, wie all die anderen Schlampen in deinem Leben auch und dann meine Unsterblichkeit." Flavio ist zur Salzsäure erstarrt. Ich warte darauf, dass er etwas erwiderte, aber er tut nichts. "Flavio?", frage ich langsam. Immer noch rinnen Tränen meine Wangen hinunter. Er reagiert nicht. "Flavio, sag ihm, dass das nicht wahr ist. Sag es ihm. Sag es mir." Flavio reagierte noch immer nicht. Dann schloss er langsam die Augen. "Ich kann nicht." "Wieso? Wieso kannst du ihm nicht sagen, dass er nicht Recht hat? Wieso nicht?" Das letzte Wort ist nur noch ein Flüstern. Flavios Augen sind immer noch geschlossen. "Weil er Recht hat. Mit allem." Meine ganze Welt bricht zusammen.
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Fluch der Liebe - Die Geschichte eines Piraten
FantasySegel, Säbel, Wind und Wellen. Das war mein Leben. Und es war perfekt. Dann tauchte er auf. Und mit ihm die Karte. Und es war vorbei. Mein Glück, mein Reichtum, meine Familie, einfach alles. Es löste sich einfach in Luft auf, verschwand. Ich konnte...