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Plötzlich wurde er allerdings ein wenig nervös und die Selbstzweifel begannen ihn zu erreichen.

Was wird Oscar denken? Wird er überhaupt mit ihm reden?

Die Nachricht war schon relativ kurz und direkt, es könnte übergriffig oder einschüchternd gewirkt haben.

Er vergrub sich immer weiter in diesen Gedanken, bis er eine Hand auf seiner Schulter ausmachen konnte und unwillkürlich zusammenzuckte.

„Hey, alles in Ordnung?", waren die Worte des jungen Australiers, die ihn wieder in die Realität zurückbrachten, „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken", schob dieser so gleich hinterher und jetzt fühlte sich Carlos wirklich schlecht.

Wieso entschuldigte sich der McLaren-Pilot? Immerhin war doch er derjenige, der einfach hier vor seiner Tür stand. Doch irgendwie machte ihn die Anwesenheit des anderen nervös.

„Uhm, ja, alles gut. Du musst dich nicht entschuldigen. Ich muss mich entschuldigen, dafür, dass ich einfach so hier aufkreuze. Ich kann auch, also ich meine, gehen, wenn du mich nicht hier haben willst. Eigentlich wollte ich reden aber...", redete der Spanier sich in Fahrt und Oscar ließ diesen verstummen, indem er ihn einfach am Handgelenk packte und in sein Zimmer zog, wo er ihn so gleich an den Schultern aufs Bett drückte.

„Carlos, entspann dich", versuchte er seinen Gast zu beruhigen, während er sich vor ihn kniete und seine Hände auf dessen Oberschenkeln platzierte, „Alles ist gut und du störst nicht. Möchtest du etwas trinken?", versuchte er vom Thema der Nervosität abzulenken.

Ohne auf eine Antwort zu warten, erhob sich Oscar aus seiner Hocke und lief geradewegs auf den kleinen Kühlschrank in seinem Zimmer zu, ehe er diesen öffnete.

Carlos war in einer Art der Trance, er wusste nicht mehr wie ihm geschah. Irgendwie hatte ihn das Handeln des Australiers etwas aus der Bahn geworfen – vielleicht etwas mehr als es sollte. Warum, wusste er nicht.

Allerdings war er schon wieder so sehr in seinen Gedanken versunken, was ihm erst auffiel als Oscar ihn mit einem belustigten Blick musterte.

„Sorry, was hast du gesagt?", fragte er deshalb und versuchte so cool wie möglich zu wirken, was nicht wirklich klappen wollte.

„Ich habe gefragt, ob du lieber Apfel- oder Orangensaft möchtest?", wiederholte dieser seine Frage und erhob zeitgleich zwei Trinkpäckchen, die eigentlich für Kinder gedacht waren.

„Orange", war seine simple Antwort, bevor Oscar ihm besagtes Trinkpäckchen in die Art drückte und sich dann neben ihm aufs Bett sinken ließ.

Dieser löste den Strohhalm von der Verpackung, zog ihn aus dem Plastik und steckte ihn in die vorgefertigte Öffnung, ehe er einen großen Schluck nahm. Carlos hatte ihn dabei nur gespannt gemustert.

Aus einem, ihm noch unbekannten, Grund, wirkten die Bewegungen des Australiers ästhetisch und irgendwie angenehm auf ihn. Seine Augen hatten den Jüngeren fixiert, während dieser diese Geste nur mit einem leichten Schmunzeln kommentierte.

Oscar griff nach dem Trinkpäckchen, welches er dem Spanier zuvor in die Hand gedrückt hatte und tat das gleiche, wie zuvor bei seinem eigenen. Dabei spürte er den Blick des Älteren deutlich auf ihm, machte sich allerdings nichts daraus.

Carlos registrierte erst was passiert war als er plötzlich einen Strohhalm vor seinem Gesicht ausmachen konnte.

Mit einem einfachen „Trink jetzt" schloss er seine Lippen um den Strohhalm vor sich und nahm ein paar große Schlucke. Er konnte förmlich spüren, wie das kühle Nass seine doch sehr trockene Kehle hinunterrann.

Nach einer kurzen Stille wagte Oscar es dann, denn er musste wissen, wieso der Spanier plötzlich vor seiner Tür stand und wieso dieser so abwesend war.

„Möchtest du mir erzählen was passiert ist?", fragte er deshalb vorsichtig. Sofort hob Carlos seinen Blick und sein Atem begann wieder zu stocken.

Seit wann sah Oscar eigentlich so gut aus?

Wieso waren ihm seine Grübchen nie aufgefallen?

Gedankenverloren und fast wie hypnotisiert fand seine Hand den Weg an die Wange des Jüngeren, wo er mit dem Daumen zart über die Haut strich.

„¿Desde cuándo eres tan guapo? [Seit wann bist du so gutaussehend?]"

„Carlos, i-ich kann kein S-Spanisch", brachte Oscar leise über die Lippen.

Carlos' Augen hielten ihn gefangen und er wagte es nicht sich zu bewegen. Nun begann auch der Australier die Gesichtszüge des anderen zu mustern, wobei er seinen Blick immer wieder, mehr oder weniger absichtlich, über die Lippen seines Gegenübers wandern ließ.

Dieses Zeichen gab Carlos den Rest, er kam näher, stoppte dann allerdings, nur um ein leises „Lando no se entera de esto [Lando erfährt hiervon nichts]" gegen seine Lippen zu hauchen und diese im nächsten Moment mit den eigenen zu verbinden.

Kurz war Oscar von dieser Geste und seinen Emotionen überfordert, doch dies legte sich ziemlich schnell und schon hatte er seine Hände in Carlos' Haaren vergraben.

Der Kuss fühlte sich so perfekt an, es fühlte sich an, als hätten ihre Lippen nie etwas anderes getan, als wären sie füreinander gemacht.

Als sie sich schließlich aus Sauerstoffmangel voneinander lösen mussten, sahen sie sich tief in die Augen, ehe ein „Fue el mejor error de mi vida [Das war der beste Fehler meines Lebens]" von Carlos die Stille brach.

Der Spanier erhob sich von der Bettkante, schnappte sich sein Trinkpäckchen, nahm Oscars Hand, hauchte einen Kuss darauf und verließ dann, ohne ihren Blickkontakt zu brechen, den Raum.

Zurück blieb ein ziemlich überforderter und benebelt-wirkender Oscar.

two red, one orangeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt