Kapitel 4: Klaus, ich glaub da ist etwas unter dem Bett.

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Santa POV:

Ein wichtiger Teil meiner Magie ist, dass ich die Gefühle der Menschen erspüren kann. Bei offenen Menschen, oder Leuten die ich gut kenne, einfach so. Doch bei in sich gekehrten Personen, wie Nero, muss ich sie berühren, um sie lesen zu können, was er natürlich vermeiden will. Aber es gibt einen Menschen, der immun gegen meine Magie ist. Nämlich Kai. Bei ihm muss ich die normalen Möglichkeiten des Mimik- und Gestiklesens anwenden, ist manchmal ein bisschen anstrengend, doch es funktioniert.

Naja jedenfalls, beim Abendessen schaut Paul die ganze Zeit geknickt in seinen Teller. Ich könnte seine Selbstzweifel schon aus kilometerweiter Entfernung spüren. Es macht mich traurig ihn so zu sehen. Er mag zwar wie ein Angsthase rüberkommen, aber ich weiß, dass mehr in ihm steckt als ein rotzfrecher Blödmann, der, wenn es ernst wird, Panik bekommt. Kai stochert lustlos in seinem Essen rum und Sandro kippelt mit seinem Sessel, da ihm das Essen wieder einmal nicht schmeckt. Er ist so pingelig! Ich könnte mir noch hunderte Teller Suppe nehmen. Ich schaue weiter in die Runde, warte einer fehlt! „Weiß jemand wo Nero ist?", frage ich. Warum ist mir nicht gleich aufgefallen, dass er fehlt? Alle schütteln den Kopf. Ratlos zucke ich mit den Schultern und sage: „Hm, vielleicht ist er noch in der Bib."

Alles in allem verläuft das Abendessen ruhig, danach schickt uns eine Nonne in unser Zimmer. Dort liegt Nero grinsend auf unserem Bett. Mit einem Zahnstocher reinigt er sich die Zähne, obwohl er gar nichts gegessen hat. Manchmal ist er echt seltsam. Sandro setzt sich neben ihn und fragt: „Wo warst du während dem Abendessen?" „Ich habe weitere Alchemiebücher gelesen." Sandros Augen werden groß. Begeistert jauchzt er: „Alchemie? Das ist so genial! Dazu gibt's Bücher in der Bib.?" „Wenn du einmal im Leben ein Buch aufschlagen würdest, wüsstest du das", lacht Nero, „Aber wenn es dich interessiert können wir zusammen ein bisschen forschen." Sandro sieht begeistert aus. Ich kann das nicht nachvollziehen. Wir haben doch unsere Magie, wieso brauchen wir dann noch Alchemie? Auch Paul denkt so, er schüttelt den Kopf und zieht sich schon einmal den Pyjama an. Wir tun es ihm gleich. Danach beschäftigt sich jeder noch ein bisschen, bis wir schlafen gehen. Nero säubert immernoch seine Zähne, Sandro spielt mit seiner Sanduhr (Wie auch immer das funktionieren soll...), Paul schaut nachdenklich ins Leere, ich spiele mit einem meiner Kastanientiere und Kai schaut wie hypnotisiert zum Mond. Da kommt eine Nonne herein und sagt: „Gute Nacht Kinder, löscht die Lichter, sonst holt euch der Beelzebub." Dann verlässt sie das Zimmer wieder. Ich spüre den Schauer, der Paul den Rücken hinunterläuft beinahe selbst. Mit zaghafter Stimme flüstert er: „Ich bekomm immer Angst, wenn sie das sagt." Sandro schnaubt abfällig. „Du bist echt so ein Angsthase!" Dieser Idiot! Das wird nicht helfen, dass er sich besser fühlt! Mein jüngster Bruder dreht sich nervös zu mir und wispert noch leiser als vorher: „Klaus, ich glaub da ist etwas unter dem Bett." Irritiert frage ich: „Unterm Bett?" Kai haucht geheimnisvoll: „Gewiss ein Monster." Ich spüre, dass sich die anderen beiden über Paul lustig machen, das macht mich echt ein bisschen sauer. Vor allem, weil er wirklich sehr Angst hat. Dann schiebt Nero auch noch die Meldung: „Monster fressen am liebsten die Schisser." Sandro entfährt ein belustigtes Schnauben und Paul quiekt erschrocken. Also jetzt reicht's! Ich bin mir ziemlich sicher, dass die anderen insgeheim auch Angst haben und das mit diesen blöden Sprüchen überspielen. Da unser großes Bett an der Wand steht, muss immer einer am Rand schlafen. Meistens wechseln wir durch. Heute wäre Paul dran, aber weil er eh schon so viel durchgemacht hat, sage ich: „Paul, lass mich am Rand schlafen damit ihr Schisser schlafen könnt." Bei „ihr" schauen mich die anderen fragend an, doch Paul strahlt und sagt: „Danke Klaus." Wir löschen die Lichter und schlüpfen anschließend unter die Decke. Die anderen schlafen schnell ein. Doch ich liege noch eine ganze Weile wach und wälze mich hin und her. Gerade als ich beinahe eingeschlafen bin, höre ich ein komisches Geräusch. Krrrrkrrrrkrrrk. Ich bleibe stocksteif liegen. Plötzlich ist es wieder totenstill, außer mein Herz, das ohrenbetäubend laut klopft. Ich spitze meine Ohren und lausche. Nichts. War wohl nur eine Maus. Krrrrkrrrrkrrrk. Mir rutscht mein Herz in die Hose. Ich versuche das Geräusch zu orten. Nach kurzem Lauschen bin ich mir sicher. Da ist etwas unter dem Bett. Ich drehe mich langsam zur Seite, während mein Herz immer schneller und lauter pocht. Nichts. Plötzlich schießt eine schwarze Hand unter dem Bett hervor! Arrrgh! Ich verstecke mich panisch unter die Decke. Die Furcht droht mich zu ersticken, mein Herz scheint in meinem Magen zu hämmern, der heftig rumort. Ich spitze wieder meine Ohren. Stille. Absolute Stille. Vorsichtig luge ich unter der Decke hervor. Dunkelheit. Dunkelheit die nur dazu existiert, die Schrecken der Nacht zu verschleiern. Ich bekomme kaum Luft vor Panik. Doch ich fasse den letzten Funken Mut der noch in mir steckt. „Klaus, du Weichei! Du versteckst dich unter der Decke wie der größte Schisser auf dem Planeten Erde!", sage ich mir. Atme einmal tief durch und komme unter der Decke hervor. Nichts. Kein Grund sich zu fürchten. Plötzlich knarzt der Boden. Mein Herz fängt wieder an zu rasen. Eine pechschwarze, in Lumpen gekleidete Gestalt rappelt sich auf. Meine Muskeln sind wie eingefroren. Mein Hirn hat abgeschaltet, doch mein Herz schlägt dafür umso mehr. Komplett eingefroren liege ich da, ich schaffe es nur noch meinen rechten Arm schützend vor meinen gelähmten Körper zu halten. Die schwarze Gestalt richtet sich zu ihrer vollen Größe auf. Sie dreht sich langsam zu mir um. Keuchend schnappe ich nach Luft. Das Gesicht ist von einer Maske verdeckt und er trägt eine runde, dunkle Brille, in deren Spiegelung ich mein leichenblasses Gesicht erkennen kann. Paul hatte recht mit dem gruseligen Mann! Ich weiß nicht was ich tun soll. Wie gelähmt liege ich da und die Gestalt starrt mich einfach nur an. Plötzlich spüre ich neben mir einen Ruck. Ich drehe mich zur Seite und sehe Kai, der mit geballten Fäusten in Kampfstellung dasteht. Mein Herz macht einen Hüpfer vor Freude. Mit kühler, fester Stimme sagt er: „Hab keine Angst Klaus! Ich lass dich nicht allein! Wir besiegen das Monster gemeinsam!" Ein warmes Gefühl strömt durch meinen Körper. Ich versuche immer meinen Brüdern zu helfen, jetzt ist es Zeit Hilfe anzunehmen! Ich fasse neuen Mut und stelle mich neben Kai und balle ebenfalls meine Fäuste. Der Fremde starrt uns immer noch an. „Auf drei", sage ich und Kai nickt. „Eins...zwei...drei!", schreie ich und wir feuern gleichzeitig einen Magiestrahl ab, was den Fremden zwar nicht schadet, doch ihn offenbar erschreckt. Denn er dreht sich um rennt davon und verschwindet im nächsten Moment spurlos. Plötzlich wachen unsere Brüder auf. Sandro nuschelt verschlafen: „Was'n los?" Ich schaue Kai an und schüttle unauffällig den Kopf. Ich will sie nicht beunruhigen, also sage ich nur: „Ach, da war eine nervige Maus, aber keine Sorge wir haben sie gefangen." Sie nicken und legen sich wieder schlafen, genauso wie Kai. Sie schlafen schnell wieder ein. Doch ich bekomme kein Auge zu. Der Schreck steckt mir noch zu tief in den Knochen. Ich versuche zu schlafen, doch es geht nicht! Plötzlich wirkt alles, was vorher normal war, tausendmal gruseliger. Ein lautes Knarzen. Läuft da wer? Ein leises Heulen und eine leichte Brise. Der Wind, oder ein Geist? Stocksteif liege ich in meinem Bett und kann einfach nicht schlafen. Irgendwann nicke ich doch ein und falle in einen leichten, unruhigen Schlaf. Plötzlich werde ich durch ein Knarzen geweckt und wache keuchend auf. Langsam graut der Morgen und der Raum ist von einem fahlen Licht erfüllt. Ich lasse meine Augen durchs Zimmer schweifen. Nichts. Seufzend lasse ich mich tiefer ins Kissen sinken und starre an die Decke. Jetzt nochmal einzuschlafen lohnt sich sowieso nicht mehr. Ich denke noch einmal über vergangene Nacht nach, während es immer heller wird. Je heller es wird desto ruhiger werde ich und je ruhiger ich werde desto mehr sickert in mich eine Erkenntnis. Ich habe in innerhalb einer Nacht panische Angst vor der Dunkelheit entwickelt und (Ich schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter.) vor dem Monster unterm Bett. Ich bin echt ein Weichei! Wie soll ich denn stark für meine Brüder sein, wenn ich jetzt so Angst vor der Nacht habe?

Zu fünft im Waisenhaus - Die Vergangenheit der WächterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt