Kapitel 14: Sand, der dich schneller schlafen lässt als Baldrian

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Zahnfee POV:

Im Hof angekommen, sehe ich meine Brüder, die allesamt schon kurz geschnittene Haare haben. Kai ist zwar noch nicht ganz fertig, aber so gut wie. Ich schaue Schwester Theresa an, die fokussiert und gewissenhaft Kais Haare kürzt. Wie sage ich am besten, dass ich das nicht möchte... Bevor ich mir einen Plan zurechtlegen kann, ist mein kleiner Bruder schon fertig. "Nero komm du bist der Letzte", sagt Schwester Theresa und fegt sich ein paar Strähnen von ihrem Gewand. Sag es jetzt Nero! Doch aus meinem Mund kommt kein Laut. Ich spüre die ungeduldigen Blicke der anderen. Das stresst alles so sehr! Wie von selbst bewegen sich meine Beine. Langsam lasse ich mich auf den Hocker sinken, auf dem wir immer die Haare geschnitten bekommen. Mein gesamter Körper ist verkrampft. Letzte Chance! Aber soll ich es wirklich sagen? Das würde meinen Ruf als gehorsamen Jungen, der niemals eine Regel bricht, in Grund und Boden stampfen. Ich spüre das kühle Metall der Schere, die sich langsam meinem Hinterkopf nähert. Meine Haut prickelt unangenehm. Ich merke das sie langsam geöffnet wird. "...nicht immer nach der Pfeife von anderen tanzen...", erschallt es wieder in meinem Kopf. "STOPP!", schreie ich ohne nachzudenken. Alle starren mich an. Mein Gesicht beginnt zu glühen. Ich hasse es wenn ich angeglotzt werde! "Was ist denn?", fragt Schwester Theresa irritiert. Mit leiser, zitternder Stimme stammle ich: "Eigentlich will ich meine Haare so behalten." Meinen Brüdern klappt die Kinnlade herunter. Die Nonne mit der Schere meint: "Was redest du da für einen Unsinn! Kurz sehen sie doch tausendmal besser aus! Abgesehen davon ist es eine Regel hier, euch einmal im Monat die Haare zu schneiden." Meine Unterlippe schiebt sich schmollend nach vor. Meine Arme verschränken sich. Ich spüre wie sich eine leichte Wut in mir anbahnt, doch ich unterdrücke sie nicht. Mit fester Stimme sage ich bestimmt: "Aber ich find sie so schöner! Und diese Regel ist so unnötig!" Meine Brüder schnappen nach Luft. Auch ich kann es nicht fassen, dass ich gerade eine Regel des Klosters kritisiert habe. Doch anmerken lasse ich mir gar nichts. Schwester Theresa schaut mich mit strengem Blick an und fragt: "Nero! Was ist denn bitte in dich gefahren? Du bist doch sonst immer so ruhig und brav!" "Ich will einfach nur meine Haare lang haben! Ist das zu viel verlangt?" Schwester Theresa atmet genervt durch. Ich spüre, wie sich die gespannten Blicke meiner Brüder in meinen Nacken bohren. Doch ich ignoriere das ungute Gefühl, dass diese in mir auslösen. Schwester Theresa schaut mir leicht verärgert in die Augen, ich blicke entschlossen und stur zurück. Ein kleiner Starrwettbewerb. Die Blicke der anderen wandern aufgeregt hin und her. Nach kurzer Zeit schlägt Schwester Theresa die Lider nieder und fährt sich mit einer Hand über das Gesicht. "Na gut! Dann behalte deine Haare so wie sie sind! Solltest du aber von irgendwem eine Strafarbeit wegen deiner Sturheit bekommen, sage nicht ich hätte dich nicht gewarnt!" Ich stehe vom Hocker auf und verkneife mir ein triumphales Grinsen. Schwester Theresa nimmt den Hocker in die Hand und verschwindet ins Innere des Gebäudes. Ich fühle mich erleichtert und stolz, aber auch ein wenig schlecht. So aufsässig bin ich wirklich noch zuvor nie gewesen! Da ich mit diesen Gefühlen nicht umgehen kann, schlucke ich sie hinunter. Alle meine Brüder kommen auf mich zu. Sandro an der Spitze. Er packt mich an den Schultern und schüttelt mich. "Wer bist du und was hast du mit Musterknabe gemacht!?" Beschämt schiebe ich seine Hände weg. "Das war einfach der Wahnsinn! Seit wann bist du so?", will Paul wissen. Sie stellen sich in einem Kreis um mich herum und sie reden alle gleichzeitig auf mich ein. Doch alles was sie sagen verschmilzt zu einem einzigen Summen. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, wollte ich nicht erreichen! In meinen Ohren klingelt es. Ich fühle mich extrem eingeengt! Ohne etwas zu sagen, dränge ich mich an ihnen vorbei. "Was ist jetzt los!?", fragt Paul verwirrt. Ich gebe ihm keine Antwort, aber er löchert mich zum Glück auch nicht. Wohin soll ich gehen? Ganz klar in die Bibliothek! Da rempelt mich jemand von hinten an. "Aua!" "Du bist so eine Mimose!", lacht Sandro. Natürlich er... Doch ehrlich gesagt bin ich auch froh darüber, dass es niemand anderes ist. Sandro fragt mich: "Wollen wir nochmal einen Versuch starten? Du weißt schon, wegen dem Schlafmittel." Ich muss unbedingt runterkommen und ein paar Alchemieexperimente sind dabei sicher hilfreich.  "Können wir machen. Ich hol nur noch kurz meine Notizen." Sandro verdreht die Augen. "Gut, du bist definitiv noch der Nero den wir kennen..." Gerade habe ich keine Lust auf seine Neckereien einzugehen, deswegen mache ich mich schnell auf den Weg in die Bib., um meine Unterlagen zu besorgen. In meinen Kopf erscheint plötzlich Robin. Er strahlt mich stolz an. Seine beneidenswert hübschen Grübchen sind zu sehen. Mit fröhlicher Stimme sagt er: "Siehst du? Du musst nicht immer das tun, was andere wollen." Auch wenn es nur ein Gedanke in meinem Kopf ist, fange ich unwillkürlich zu lächeln an. Keine Ahnung was es ist, aber Robin schafft es jedes Mal wieder mich zum Lachen zu bringen! Dieser Mensch hat eine ganz besondere Wirkung auf mich...

Zu fünft im Waisenhaus - Die Vergangenheit der WächterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt