Kapitel 3: Bist nur ein Opfer wie deine Sandfiguren!

119 11 1
                                    

Osterhase POV:

„Du blöder kleiner Idiot!" „Selber!", schrie ich, „Was ist dein Problem, Sandro? Das ist doch nur eine dämliche Sandskulptur gewesen." Sandro schaut mich wütend an. Wieso rastet der immer so schnell aus? Ich bin ja nicht absichtlich beim Laufen gestolpert, in den Sandkasten gefallen und habe seine Figur zerstört. „Ich bin schon ewig bei der gesessen und hab sie verfeinert!" „Maximal eine Viertelstunde", schnaube ich genervt. „Eine Viertelstunde voller Mühe und Kreativität für was? Nix!" „Wow, muss echt ein trauriges Leben sein, wenn die einzige Sache auf die du stolz bist, Sandburgen sind!", lache ich. Langsam scheine ich Sandro zur Weißglut zu treiben. „Sag nochmal sowas und ich mach dich dem Erdboden gleich!" Ich grinse schelmisch. „Gerne, wenn du mehr hören willst. Du bist nur ein Opfer genauso wie deine Sandburgen, ein Tritt reicht und du fällst um." Plötzlich hebt mich ein Magiestrahl vom Boden auf. Mir entwischt ein lautes Quieken. „Da siehst du wer der Stärkere und Mutigere ist, du Angsthase? Siehst du's?", zischt er und schleudert mich plötzlich mit voller Wucht in die Erde für die Beete, die mir in den Mund und die Augen rieselt. Hustend versuche ich mich aufzurappeln. „Ach, vom Großmaul zum kleinen Heuler in der Ecke. So schnell kann's gehen!" Ich spüre heiße Wut in mir aufkochen. Normalerweise würde ich versuchen sie zu unterdrücken, aber meine Magie funktioniert nur bei starken Emotionen und Sandro würde ich jetzt gerne eine Kostprobe meiner Macht verpassen. Ich staue die Wut auf, doch gerade als ich eine Druckwelle verursachen will, kommt Klaus angerannt und schaut uns irritiert an. „Was zur Hölle ist hier los?!" „Sandro hat mich in die Blumenerde geschleudert." „WAS?!", schreit Klaus entsetzt. Sandro verdreht genervt die Augen: „Paul hat meine Sandskulptur zerstört und dann einen auf Großmaul gemacht." „Es war nicht mit Absicht!" „Genug jetzt! Sandro das war viel zu hart!" „Hä?! Er hat..." „Aus VERSEHEN deine Skulptur zerstört die du jederzeit neu machen kannst! Und du schleuderst ihn einfach weg? Ist das gerecht?" Sandros Gesicht läuft rot an und er zischt: „Natürlich hältst du zu unserem ach so kleinen, armen Babybruder. Hätte es mir ja eigentlich denken können!" Wütend schnaube ich: „Nenn mich nicht Baby!" „Ja, hör auf damit! Immerhin ist er nur ein paar Minuten jünger als du!" Sandro nuschelt noch etwas Unverständliches und zieht sich beleidigt wieder in die Sandkiste zurück. Klaus mag ich von meinen Geschwistern echt am meisten. Wir sind einfach ein Herz und eine Seele, naja, nicht ganz, aber so gut wie! Erschaut Sandro kopfschüttelnd nach, dann boxt er mir gegen die Schulter. „Fangen?" Ich grinse ihn an und antworte: „Ja aber du bist Fänger!" Dann rase ich davon, gefolgt von Klaus. Eine Weile lang spielen wir noch nachlaufen, doch dann wird es fad und wir steigen auf Verstecken um. Ich soll zuerst suchen, weil Klaus ja vorher als erster Fänger war. In unserem Versteckspiel gibt es nur eine Regel: Im Klostergarten bleiben. Der hat genug Verstecke und ist sowieso groß genug. Ich halte mir beim Zählen die Augen zu, während mein Lieblingsbruder sich versteckt. 28...29...30 „Versteckt oder nicht in ein paar Sekunden hab ich dich!", rufe ich laut durch den Hof und ernte genervte Blicke von Sandro. Okay, wenn ich der allerliebste Bruder der Welt wäre, wo würde ich mich verstecken? Zuerst checke ich die üblichen Verstecke aus. Die Beete, die Büsche, das Plumpsklo... Nix. Also heißt es weitersuchen. Sandro, scheint es nicht mehr in meiner Nähe auszuhalten, oder er ist einfach gefrustet, weil seine Sandfigur nicht so aussieht wie er sich die vorstellt. Kann mir ja eigentlich auch egal sein, Fakt ist, er ist reingegangen und nicht mehr wiedergekommen. Kai ist unter der Fichte eingeschlafen, da kommt mir eine Idee. Was ist wenn... Ich stelle mich unter die Fichte und schaue ins Geäst. Wieder nichts. Warte, doch da! Ein cremefarbener Stoffzipfel! Lachend rufe ich hoch: „Hab dich!" „Och nein!", mault Klaus, „Es war doch so ein gutes Versteck!" „Nicht gut genug. Offensichtlich." „Ich zähl gleich hier oben.", ruft mein Bruder und ich sprinte los. Ich habe beim Suchen vorhin einen Hohlraum in den Rosenbüschen entdeckt und da Klaus Dornen wie die Pest hasst, wird er dort nicht suchen. Ha! Diese Runde geht sowasvon an mich.(Bei uns gewinnt der Versteckende die Runde, wenn der andere aufgibt.) Ich kauere mich zu Boden, sehr unbequem und ich habe mich auch schon ein paarmal an den Stacheln aufgekratzt, doch die Wunden sind sofort wieder verheilt. Die Zeitvergeht und es wird langsam dämmrig, doch ich denke nicht daran aus meinem Versteck zu kommen. Knack. Was zur Hölle? Etwas neben mir macht komische Geräusche. Ich beginne zu zittern und meine feinen Härchen am Arm stellen sich auf. Ich spüre wie sich eine neue Magiewelle anbahnt, doch jetzt aus Furcht und nicht aus Ärger. Unauffällig schaue ich nach links und rechts. Mein Puls rast, mein ganzer Körper ist angespannt, bereit zu fliehen. Plötzlich erscheint neben mir ein Mann, der in dunklen Lumpen gekleidet ist. Mir bleibt vor Angst der Atem weg, was will der denn hier, dann dreht der Typ sein Gesicht zu mir. Arrrrrrgh. Mein Instinkt geht mit mir durch. Ich löse eine heftige Druckwelle aus und sprinte aus den Büschen. Im Augenwinkel erkenne ich jedoch das meine Magie diesem seltsamen Mann nichts anhaben kann. Klaus und Kai kommen erschrocken auf mich zugesprintet. Sie haben die Druckwelle natürlich bemerkt. Tränen brennen in meinen Augen. Klaus breitet die Arme aus und umarmt mich fest. „Was ist passiert?", fragt er mit besorgter Stimme. „D...d...da war ein M...m...mann im B...b...busch!",schluchze ich, denn ich kann meine Tränen nicht mehr zurückhalten. „Im Busch? Wie soll der denn überhaupt ins Kloster gekommen sein?" Ich zucke mit meinen bebenden Schultern. Kai schaut sich mit kühlem Blick um. „Ich sehe nichts, aber wir sollten besser reingehen. Es wird sowieso langsam dunkel", sagt er und schaut dann jedoch fasziniert auf den immer-heller-werdenden Mond. Ich nicke und löse mich aus Klaus Umarmung, er legt mir einen Arm um die Schultern und Kai streichelt beruhigend meine Hand. „Wie hat der Kerl ausgesehen?" „Weiß ich nicht, e...er hatte eine M...maske auf und eine große, gruselige Brille...", schniefe ich. Klaus schaut mich fürsorglich an und sagt: „Keine Sorge, der wird dir keine Angst mehr machen." Mann ich bin so ein Weichei! Wieso kann ich nicht ein einziges Mal nur so mutig sein wie er. Vielleicht hat Sandro recht und ich bin wirklich nicht mehr als ein dummer, kleiner, schwacher Angsthase...

Zu fünft im Waisenhaus - Die Vergangenheit der WächterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt