Kapitel 6: Das ist sie Sandro! Das ist die Lösung!

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Zahnfee POV:

Gestern habe ich den ganzen Nachmittag in der Bibliothek verbracht und alle „Einfache Alchemie-Bände" auf Anhieb durchgelesen. Und ich habe etwas Interessantes entdeckt. Vielleicht ist es größenwahnsinnig, aber ich muss es versuchen! Da wir die Bücher nicht aus der Bibliothek entfernen dürfen, habe ich kurzen Prozess gemacht und  die wichtige Seite aus dem Buch gerissen. Strengstens verboten, aber ich werde Klaus einfach bitten es wieder zu reparieren. Das kann er von uns fünf am besten. Keine Ahnung ob diese Zauber und Tränke, die in diesen Büchern stehen, wirklich funktionieren. Normalerweise bin ich nicht so der „Probieren geht über studieren"-Typ, doch es ist meine letzte Hoffnung. Erwischen darf ich mich aber nicht lassen. Die Nonnen würden mir bis an mein Lebensende Strafarbeiten geben und darauf habe ich überhaupt keine Lust. Aber sollte es klappen, sage ich ihnen definitiv Bescheid. Da wir sonntagskeinen Unterricht haben, habe ich den Vormittag anders genutzt und mir einen großen Topf aus der Küche gestohlen, zusammen mit einem großen Suppenlöffel. Die Sachen habe ich vorerst unter dem Bett versteckt. Es war ein Wunder, dass mich niemand erwischt hat . Jetzt, nach dem Mittagessen, schaue ich mir die benötigten Zutaten für den Zauber an. Eigentlich nicht so schwer zu bekommen, aber der Zauber hat ja schließlich nur Schwierigkeitsgrad 1/5, also sollte es mich nicht wundern. „Hey Nero, wollen wir wieder Sandburgen bauen?", fragt Sandro, der mir unauffällig über die Schulter schaut. „Nein, ich will gerade einen Alchemiezauber ausprobieren. "Seine Augen beginnen zu strahlen und er fragt, beinahe vor Aufregung hechelnd: „Ohhhhh, kann ich dir helfen? Bitte sag mir, dass ich helfen kann!" Irritiert schaue ich ihn an, so aufgeregt habe ich ihn noch nie erlebt! „Okay, ich besorge kurz die Zutaten aus der Küche." „Küche?" „Ja, für diesen Zauber braucht man nichts weltbewegendes", antworte ich und eile in die Vorratskammer. Es ist uns nicht verboten hier zu sein, aber die Nonnen sind meistens nicht so begeistert, wenn sie uns hier sehen. Deswegen hole ich schnell die Zutaten, während die Klosterschwestern im Speisesaal saubermachen. Als ich alles habe laufe ich wieder in den Garten. Sandro schaut mich skeptisch an. „Was ist?" Er schüttelt den Kopf: „Deine Zutaten sehen mehr so aus als würdest du Kräutersuppe kochen wollen." Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Das gehört aber so, bevor du wieder blöde Kommentare machst, kannst du ja den Topf und den Löffel, die ich schon besorgt hab, holen. Stehen unter unserem Bett." Sandro klappt die Kinnlade herunter. „Du bist echt organisiert!" „Ja, als Einziger. Hopp, hopp wir haben einen Trank zu brauen. Während Sandro weg ist, mache ich an einer, von Büschen versteckten Stelle ein Feuer. Schnell ist er wieder zurück. Er stellt den Topf in die Flammen und hat noch eine weitere Frage an mich: „Was soll das werden wenn's fertig ist?" Ich schaue ihn mit einem mysteriösen Blick an, antworte aber nicht. Ich drücke ihm nur Mörser und Stößel in die Hand (Das Zeug habe ich ebenfalls aus der Küche.) und fordere ihn auf Petersilienblätter und Schnittlauch zu zerstampfen, da mir noch eine wichtige Sache fehlt. Ich gehe zu den Bäumen im hintersten Teil des Klostergartens und suche auf dem Boden nach heruntergefallenen Ästen. Sie sollten mir ungefähr bis zur Schulter gehen. Ich entdecke verschiedene Stöcke, die gut geeignet sind. Die Wahl fällt letztendlich auf einen Ast einer Weißbirke, einfach weil ich die Farbe schön finde. Ich laufe zurück zu Sandro der mittlerweile gedankenversunken in die Flammen starrt. Als er mich bemerkt, starrt er komplett irritiert auf den Ast. „Was ist das denn jetzt?!" „Das ist sie Sandro. Das ist die Lösung!", antworte ich und entschließe mich endlich zu erklären was ich vorhabe. „Durch die Bücher habe ich rausgefunden, dass viele große Magier Probleme mit ihren Kräften haben. Dabei sollen anscheinend Zauberstäbe helfen. Es gibt für verschiedene... „Krankheiten" verschiedene Arten von Zauberstäben. Und mein Problem ist ja, dass ich meinen Magiefluss nicht zusammenschließen kann, dafür brauche ich einen schulterhohen, hölzernen Stab, den ich mir jetzt machen werde." Sandro hebt verwirrt die Hände und meint: „Warte, kurze Atempause. Du willst dir einen Zauberstab machen? Sicher, dass das funktioniert?" Beschämt senke ich den Kopf. „Nein, aber was soll ich sonst tun? Ich weiß einfach nicht mehr weiter und ich schäme...", ich stocke, wie es mir wirklich geht will ich ihm nicht sagen, „Egal. Wichtig ist, das könnte vielleicht die Lösung sein, dass ich meine Magie endlich richtig benutzen kann." Sandro grinst und sagt: „Kein Problem, aber eine letzte Frage hab ich noch..." Ich werfe ihm einen genervten Blick zu. „Was ist, wenn du wächst, dann passt der Stab ja nicht mehr?" Nachdenklich schaue ich auf die Buchseite. „Da steht, wenn ich alles richtig mache, wächst der Zauberstab mit. Jeder Zauberstab ist individuell und passt sich seinem Erschaffer an." Sandro nickt und schlussfolgert aus diesem Satz: „In Ordnung, das heißt, dass ich im Prinzip nur zuschauen kann, richtig?" Ich nicke und mache mich daran die Zutaten behutsam nach und nach hinzuzufügen. Ich halte mich genauestens an die Anweisungen. Nach einer ganzen Weile ist er fertig. Sandro scheint währenddessen in Gedanken versunken zu sein, doch den Moment der Wahrheit will ich ihm nicht vorenthalten. Ich schnipse ein paarmal vor seinen Augen und er erwacht kopfschüttelnd aus seiner Trance. „W...was ist?" „Es ist soweit", flüstere ich. Sandro lehnt sich interessiert nach vorne und ich stecke den Ast in den Trank. Dieser bildet einen wilden Strudel und fängt an grünlich zu schimmern. „Ähhhh, ist das gut?", fragt Sandro mit leichtnervöser Stimme. „Glaub schon..." Plötzlich schießt das grüne Licht in den Stock. WOW! Ich stolpere überrascht einen Schritt zurück. Der ganze Ast leuchtet mittlerweile grün und auch meine HAND?! Erschrocken versuche ich ihn loszulassen doch meine Finger scheinen festgeklebt zu sein. Plötzlich fängt es in mir an, heftig zu vibrieren. Bahh, das ist ein echt ekliges Gefühl. Meine seltsamerweise vibrierende Magie strömt mit rasender Geschwindigkeit in meinen Arm, mit dem ich den Stab halte. Die Magie fängt an heftig zu pulsieren (Was sich noch komischer anfühlt.) und das grüne Licht meiner Hand färbt sich langsam golden. Ich reiße die Augen auf. Sowas absurdes und gleichzeitig beeindruckendes sah ich noch nie zuvor! Doch das goldene Licht macht bei meiner Hand nicht halt, sondern vertreibt auch das Grün im Stab. Als der ganze Stab golden erstrahlt, rauscht meine Magie wieder aus meiner Hand raus. „Wahnsinn! Das war wild!" Plötzlich spüre ich eine Art „Klicken" in meiner Kraft und mein zerstreuter Magiefluss fließt zusammen in ein „Flussbett". Sandro schaut mich verwirrt an: „Hast du schon mal was von Gesichtsausdrücken gehört? Ich habe keine Ahnung was gerade passiert ist und deine nichtvorhandene Mimik hat nicht viel verraten!" Ich spüre wie mich ein unglaublich großes Glücksgefühl durchströmt und ich beginne zu lächeln. „Ach komm schon Sandro, für meine Verhältnisse war ich gerade super emotional!" „Naja, du hast gelächelt... Ist zumindest ein Fortschritt, aber hat's jetzt funktioniert?" „Weiß nicht, sag du's mir", grinse ich und leite meine gebündelte Kraft durch den Stab. Mit dem goldenen Strahl, der rausschießt, hebe ich den verblüfften Sandro hoch, drehe ihn in der Luft und lasse ihn kopfüber baumeln. Er braucht einen Moment um sich zu sammeln, doch dann verschränkt er die Arme. „Beeindruckend Nero." „Danke, ich weiß, dass es echt irre ist, dass ich so zaubern kann!" „Das meinte ich nicht. Ich wusste nicht, dass du so etwas wie Humor besitzt." Meine Mundwinkel senken sich. Als Konter hänge ich ihn kurzerhand über einen Ast eines nebenstehenden Baumes. „Okay, ich hab's verschrien...", schnauft er und verdreht die Augen. Da kann ich mich nicht mehr zurückhalten und breche in lautes Gelächter aus. Genauso wie Sandro. „Komm schon, das müssen wir den Nonnen zeigen!", rufe ich und renne los. Wann war ich das letzte Mal so glücklich? Ich weiß es nicht mehr...

Zu fünft im Waisenhaus - Die Vergangenheit der WächterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt