Kapitel 13: Neuer Tag, neues Drama

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Osterhase POV:

Ich wache auf und taste neben mich. Nichts. Wo ist Kai? Da fällt es mir schlagartig wieder ein! Er war, oder ist, draußen! Da draußen in der weiten Welt! Sofort bin ich hellwach und setze mich schnell auf. Da entdecke ich Kai, der nachdenklich beim Fenster sitzt. Ich seufze erleichtert. Er hat sein Versprechen gehalten! "Wieder da?", frage ich grinsend. Kai schaut mich mit strahlenden Augen an. "Ja." "Wie war's?" Er schüttelt den Kopf und zeigt auf die anderen. "Sag ich dir später." Ich nicke. Er hat ja Recht, wenn einer von ihnen munter wird und wir merken es nicht, kann das übel enden. Dann huscht mir ein Lächeln über das Gesicht. "Ich bin so froh, dass du deine Versprechen immer hältst. Im Gegensatz zu zwei anderen Leuten hier im Raum!", murre ich und werfe einen wütenden Blick zu Sandro und Klaus. Plötzlich wird Kai leichenblass und atmet scharf ein. "Was ist?! Alles gut?!", frage ich erschrocken. "Mir ist gerade eingefallen, dass ich dir doch Karotten mitnehmen sollte!", antwortet Kai entsetzt. Oh. Ich hatte mich schon gefreut... Mein Bruder schaut mich reumütig an. "Es tut mir so unendlich leid! Bei dieser ganzen Reizüberflutung habe ich komplett darauf vergessen!" "Welche Reizüberflutung?", fragt Nero, der gerade aufgewacht ist. "Äh...ähm", stammle ich, gut im spontanen Lügen war ich noch nie gewesen. Kai sieht auch ein bisschen überfordert aus, aber sagt dann schließlich: "Die Reizüberflutung bei den Experimenten am Samstag. Meine Emotionen und meine Magie sind mir da etwas durchgegangen, weißt du?" Nero zieht die Brauen hoch. Er glaubt uns nicht. Aber das Gute an ihm ist, es interessiert ihn auch nicht wirklich. Nero macht immer sein Ding und lässt uns meistens in Frieden. Er beginnt sich anzuziehen. Ich tue es ihm gleich, genauso wie Kai. Kurz darauf werden auch die anderen wach. Klaus schaut etwas missgelaunt aus. Offenbar hat er schlecht geschlafen. Aber besser schlecht als gar nicht, oder? Klaus und ich lassen uns wie immer Zeit mit den Frisuren. Meine sitzt heute gar nicht! Gott, meine Haare sind viel zu lang! Gut, dass die Nonnen uns heute Nachmittag die Haare schneiden. Als wir rausgehen, bleibt Nero kurz zurück. Er steht vor dem Spiegel und zupft auch ein wenig an seinem kinnlangen Haar herum. Hä? Seit wann macht sich Musterknabe Gedanken über sein Aussehen!?

Das Frühstück ist schnell vorbei. Und da wieder Montag ist, gehen danach die (heute besonders schmerzhaften) Experimente weiter. Eigentlich sind wir Brüder mittlerweile alle der Meinung, dass diese Untersuchungen unnötig sind. Die Nonnen haben in all den Jahren so viel rausgefunden, wie Nero in ein paar Monaten. Egal wie sehr sie es versuchen, wie unsere Magie wirklich funktioniert, werden sie nie begreifen. Aber das tut jetzt nichts zur Sache. 

Nachdem Mittagessen, gehen Kai und ich hinaus in den hintersten Teil des Hofes. Dort will er mir von seinem Abenteuer erzählen. Gespannt hänge ich beinahe sabbernd an seinen Lippen. "Und ich habe jemanden kennengelernt nämlich...", will er gerade mit seiner Erzählung fortfahren, als ein lautes Räuspern ihn unterbricht. Neben uns stehen Klaus und Sandro. Was wollen die denn jetzt? Klaus schaut mir unsicher in die Augen. Mein Blick fällt auf die Zipfelmütze, die ich ihm vor einigen Jahren geschenkt habe. Aua! Ein kurzes Stechen flammt in meiner Brust auf. "Ähm, Paul, ich äh...wollte nur... Also...äh...verdammt...wie soll ich das jetzt sagen..." Ich verdrehe genervt die Augen. Warum kommen sie jetzt!? Ich will wissen wie Kais Ausflug weitergeht! Sandro schnaubt verärgert durch die Nase. Klaus scheint sich wieder halbwegs gefangen zu haben und fängt nochmal an. "Äh, hallo erstmal." Er streckt seine Hand aus und ich schaue sie nur irritiert an. Was will er von mir? "Oh, dann nicht.", fährt er fort, "Ich wollte nur sagen, dass Sandro und ich uns entschlossen haben..." "Klaus wollte das und hat mich mitgeschleppt", wirft Sandro ein. Das Ganze ist so unangenehm! Ich wollte mich in Ruhe mit Kai unterhalten und sie platzen einfach ins Gespräch! Dann hält Klaus auch noch so eine peinliche Ansprache! Ich wünschte, ich könnte einfach im Erdboden versinken! Mein ältester Bruder stößt Sandro mit dem Ellbogen in die Rippen und meint: "Wir haben uns dazu entschlossen, dass wir uns bei dir entschuldigen sollten..." "Er! Nicht ich!", fügt Sandro mit einem finsteren Blick hinzu. WAS SOLL DAS! Ich spüre wie sich wieder Wut in mir aufstaut und die Magie zu vibrieren anfängt. Bevor ich wieder komplett ausraste, lasse ich meine Wut anders raus. Durch Schreien. "ALTER! WENN DU DICH SCHON SO UNANGENEHM ENTSCHULDIGST, KLAUS, MACH ES AM BESTEN OHNE SANDRO! DENN WENN ER DIE GANZE ZEIT SAGT, DASS ER SICH EIGENTLICH GAR NICHT ENTSCHULDIGEN WILL, GLAUBE ICH KAUM DASS DU DAS DANN ERNST MEINST!" Klaus schaut mich verwundert an. Auch in Sandros ekligem Gesicht flackert kurz Überraschung auf. Aber ich habe noch nicht genug! "ICH HABE KEINE LUST MEHR MICH DIE GANZE ZEIT VERARSCHEN ZU LASSEN! KAI NIMMT MICH WENIGSTENS ERNST UND TRAMPELT NICHT STÄNDIG AUF MIR HERUM!" Klaus schaut mich noch verwirrter an. "A...a...aber ich trample ja gar nicht auf dir herum...", seine Stimme wird fester als er fortfährt, "Ich wollte mich wirklich bei dir entschuldigen! Aber wenn du es nicht annehmen willst, bitte! Ich habe sowieso gerade andere Probleme, als einen Sturkopf der sich kleiner Bruder schimpft!" Dann dreht er sich um und haut ab. Sandro schaut mich noch kurz an, aber ich kann seinen Blick nicht deuten. Dann geht er auch weg. Ein paarmal atme ich noch durch. Dann stupst mich Kai an. "Hey, ich glaube Klaus hat das wirklich ernst gemeint. Er hat fast geweint, hast du's nicht gesehen?" Ich schüttle den Kopf. Ich will nicht mehr über diese blöden Idioten reden! "Kannst du mir einfach mehr von deinem Ausflug erzählen?"

Zu fünft im Waisenhaus - Die Vergangenheit der WächterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt