Kapitel 15: Das Wiedersehen

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Mann im Mond POV:

Endlich ist auch Sandro eingeschlafen! Keine Ahnung was er noch gemacht hat, aber es ist mir eigentlich auch egal. Ich muss mir nämlich überlegen, wie ich ohne Hilfe nach draußen komme. Ohne Magie wird das unmöglich sein... Schnell schlüpfe ich aus dem Bett, schnappe mir meinen Umhang und stürme in den Klostergarten. Dort starre ich etwas ratlos die hohe Steinmauer an. Was kann ich jetzt tun? Ich lasse meinen Blick etwas umherschweifen, bis er bei den Bäumen des Gartens hängen bleibt. Hm, das könnte funktionieren... Langsam nimmt ein Plan in meinem Kopf Gestalt an. Wenn ich auf einen Baum klettere könnte ich vielleicht über die Mauer springen, das Problem ist nur, dass die Bäume etwas zu weit weg sind. Aber habe ich eine andere Wahl? Nein! Ich muss unbedingt zu Iris, selbst wenn ich für sie mehrere Meter in die Tiefe stürzen soll! Ich entscheide mich für den Baum, welcher der Mauer am nächsten ist. Eine große Kastanie. Doch beim Versuch hochzuklettern, versage ich kläglich. Da hilft nur mehr Magie! Ich versuche mich so gut es geht zu verbergen und lasse meine Magie in meine Arme und Beine strömen. Mithilfe von Telekinese halte ich mich an den Ästen fest und ziehe mich an dem Baumriesen hoch. Das goldene Strahlen der Kraft erhellt die Nacht wie ein Leuchtfeuer. Hoffentlich schlafen wirklich alle im Kloster, wenn nicht, würde man mich bestimmt bemerken. Unauffälliger kann niemand ausbrechen! Ich klettere so hoch, wie es mir die Äste erlauben. Irgendwann werden sie zu dünn und knacken unheilvoll, als ich mich hochziehen will. Ich kauere mich auf den Ästen zusammen und schaue mich nochmal um. Ich bin wirklich hoch oben, doch das schreckt mich nicht ab. Ich bin schon von Kirchtürmen runtergesprungen, also sollte ein Baum wirklich kein Problem sein. Die Schwierigkeit ist eher, dass ich sehr weit springen muss, um über die Mauer zu kommen. Zweifel bahnen sich in mir an. Kann ich das schaffen? Da erscheint Iris in meinen Gedanken. Ihre Haare, ihr Gesicht, ihre Augen, ihre Zahnlücke... Ich will das alles unbedingt wiedersehen! Also habe ich keine Zeit für Unsicherheiten! Ich atme durch, stehe langsam auf dem wackeligen Ast auf und versuche so viel Schwung wie möglich zu holen. Dann fasse ich all meinen Mut und springe. Ich reiße die Beine nach vorne, um noch weiter zu kommen. Die kalte Nachtluft peitscht mir ins Gesicht. Der Umhang flattert wild hinter mir her. Mein Herz beginnt zu rasen. Der Boden und die Mauer kommen immer näher. Wird es reichen? Nein! Wird es nicht! Oder? Die Mauer ist nicht mehr weit entfernt, doch auch die Erde lässt nicht mehr lange auf sich warten. Es gibt nur mehr eines, was ich tun kann! Ich strecke meine Hände nach vorne und schaffe es gerade noch so, mich oben an der Mauer festzukrallen. Ein paar Zentimeter rutsche ich über die rauen Steine ab und meine Handinnenflächen beginnen zu brennen. Au! Meine Magie strömt zu den Verletzungen.  Trotz der Schmerzen ziehe ich mich hoch und lasse mich an der anderen Seite herunterfallen. Dort mache ich eine kurze Pause, um wieder zu Atem zu kommen. Puh, Schritt Nummer 1 war schwieriger als gedacht! Ich überprüfe kurz meine Hände, doch von den Schürfwunden ist kaum mehr etwas zu sehen. Eine kühle Brise umstreicht mich und ich richte meinen Blick wieder auf die malerische Landschaft des Waldes. Ich spüre wie sich ein aufgeregtes Kitzeln in meinem Magen ausbreitet. Ich muss ganz schnell zum Stein am Fluss! Ich stürme los und folge dem tiefblauen Gewässer. Als ich mir sicher bin, dem Stein ganz nahe zu sein, höre ich einen leisen Gesang, welcher vom kühlen Wind sanft zu mir getragen wird. Iris! Ich beschleunige mein Tempo noch mehr und erreiche den Felsen schon nach kurzer Zeit. Das Mädchen, welches dort sitzt, erschreckt sich, bis sie mich erkannt hat. Sie strahlt mich an und ich kann ihre Zahnlücke erkennen. "Zwei Dinge muss ich dir sagen du Charmeur!", lacht sie und ihre grauen Augen leuchten wie der Mond, der hoch über uns steht, "Erstens, es ist unhöflich eine Dame warten zu lassen! Und zweitens, es ist noch unverschämter eine zu erschrecken!" Ich muss lachen. "Anscheinend muss ich noch einiges lernen!" "Offensichtlich!" Dann steht sie auf kommt zu mir und legt ihre Hände in meine. "Ich bin so froh dich wieder zu sehen." Ein schiefes Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. "Obwohl ich dich warten ließ?" "Ja. Hey, ich hätte eine Idee was wir heute machen könnten!" "Und das wäre?" "Soll ich dir einen anderen tollen Ort im Wald zeigen? Einer meiner Lieblingsorte." "Gerne", antworte ich. Iris lässt eine meiner Hände los und wir gehen nebeneinander los. Iris gewelltes Haar wippt leicht bei jeder Bewegung. Ihre blasse, weiche Haut scheint im Sternenlicht zu leuchten und ihre Augen glitzern wieder genauso wie gestern. Sie hält an einer kleinen Lichtung, die von ein paar Nadelbäumen gesäumt ist. Der Mond schaut groß und rund auf das kleine Fleckchen herab. Auf den ersten Blick ist dieser Ort nicht so unglaublich wie die Mohnblumen. "Ich weiß, dass es hier nicht wirklich interessant aussieht. Aber hier liebe ich es denn...", sagt Iris, zieht mich auf die Lichtung und setzt sich zu Boden. Ich tue es ihr gleich und mir entfährt ein überraschter Laut. Die Schönheit neben mir strahlt. "Das Moos ist unglaublich weich, oder?" Sanft lasse ich meine Hand über das feuchte Gewächs gleiten. "Ja, das ist ja wirklich unglaublich!", strahle ich. Iris schaut hinauf zum Mond. Ihr Blick wirkt sehnsüchtig und etwas traurig. "Hier bin ich gern. Die Stelle ist nicht weit vom Dorf entfernt, deswegen kann ich es riskieren hier auch tagsüber, wenn es wolkig ist, hinzugehen. Weil ich ja schnell wieder nach Hause kann." Nachdenklich blicke ich ebenfalls zum Nachthimmel hinauf. Der Gedanke an Iris Krankheit stimmt mich etwas traurig. Es gibt so viele furchtbare Menschen da draußen und einer der wenigen wunderbaren leidet an so einem Schicksal. Ist das gerecht? Ich drehe meinen Kopf zu Iris. Sie blickt mich wieder an und lächelt. "Aber ich will nicht Trübsal blasen! Die Nacht ist noch lang und ich bin nicht mehr allein! Das ist doch das was zählt." Ein leichtes Lächeln huscht über meine Lippen. Diese positive Einstellung ist unglaublich beneidenswert!

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 10 ⏰

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