Kapitel 31

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Wincent

Als ich unser Hotelzimmer betrete, sieht es aus, als wäre ich hier komplett alleine angereist. Verwirrt lege ich meinen Schlüssel auf die Kommode und schalte das Licht ein. Und tatsächlich, Lottas Koffer ist weg und das Bett wurde gemacht. ,,Lotte?", flüstere ich in die Stille. Verdammte Scheiße, was ist hier los? Ich laufe zum Kleiderschrank und reiße die Türen auf, aber es ist tatsächlich alles weg. Augenblicklich treten Tränen in meine Augen. ,,Schatz", hauche ich und setze mich aufs Bett. Erst da fällt mir der Zettel auf meinem Kissen auf. Mit zittrigen Händen greife ich danach und fange schon bei den ersten Worten an zu schluchzen. ,,Mein liebster Wincent, das was ich hier mache, mache ich nicht gerne, aber es geht nicht anders. Ich ertrage das alles nicht mehr. Durch dich habe ich wieder gelernt, jemanden zu lieben und das ist das wertvollste, was du mir jemals schenken konntest. Lange dacht ich, ich darf wieder leben. Aber Wincent, ich schaffe das alles nicht. Heute Abend bin ich langem Zögern zu Johanna, aber der Abend verlief ganz anders als geplant und er zeigte mir wieder, du brauchst jemand anderes an deiner Seite. Ich bin nicht die Richtig, auch wenn ich dich abgöttisch liebe. Such bitte nicht nach mir, ich bleibe die Nacht bei Johanna, bis ich morgen nach Hause fahre. Mach dir keine Sorgen um mich. In liebe Lotte." ,,Nein", wimmere ich und presse mir den Brief an die Brust. Nicht schon wieder, verdammte Scheiße, nicht schon wieder. Wieder bricht eine Beziehung wegen meinem Job zusammen. Das darf nicht passieren. Lotta ist mein Leben. Ich liebe sie so sehr und sie ist die Richtige. Sie ist die Eine und wird das auch bleiben. Verdammt, ich weiß nicht wo diese Johanna wohnt. Was mache ich jetzt? Ich kann nicht hier bleiben. Hier werde einfach nur verrückt. Ohne zu übelregen, schon fast im Rausch, schmeiße ich meine Sachen in den Koffer und verlasse das Hotelzimmer. Nachdem ich ausgecheckt habe, steige ich ins Auto und fahre dorthin, wo ich weiß, ich werde aufgefangen. Denn das brauche ich jetzt.

Eine Stunde später halte ich vor dem Mehrfamilienhaus in dem Marc wohnt und schnappe mir meinen Rucksack. Schon nach dem ersten Klingeln ertönt der Summer und ich rase die Treppe nach oben in den vierten Stock. Perplex und verschlafen schaut Marc mich an. ,,Wincent, hast du mal auf die Uhr geschaut?", spricht er aufgebracht, aber als er mein verheultes Gesicht sieht, wird er direkt sanfter. ,,Hey, komm rein", erwidert er sanft und hält mir die Tür auf. Im Flur erwartet mich schon Jackie, die mich aus müden Augen anschaut. ,,Wincent, was machst du denn hier? Und wo ist Lotta?", fragt sie leise. ,,S..Sie", schluchze ich und stehe vor ihr, wie ein kleines weinendes Kind. ,,Wince, komm her", spricht Marc und zieht mich aufs Sofa. ,,Sie hat sich getrennt", schluchze ich mir aus der Seele und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. ,,Was?", ertönt es schrill von Jackie. ,,Ja, ich war mit den Jungs auf den Wiesn. Sie wollte sich zur Ablenkung mit einer Münchner Freundin treffen. Als ich zurück kam, war alles weg und ein Brief lag auf dem Bett", schniefe ich. ,,Hast du ihn dabei?", fragt Marc, während mir Jackie beruhigend über den Rücken streichelt.

Nickend ziehe ich den zerknüllten Brief aus meiner Hosentasche. ,,Was soll das bedeuten: Der heutige Abend hat es wieder gezeigt?", murmelt Marc und schaut zu seiner Frau. ,,Ist da vielleicht irgendwas vorgefallen?" ,,Ich weiß es nicht. Ich habe nichts mehr von ihr gehört", seufze ich und reibe mir die Augen. ,,Irgendwas ist da komisch", flüstert Marc. ,,Was soll ich jetzt machen?", wimmere ich und schaue beide abwechselnd an. ,,Heute Nacht machst du gar nichts. Du legst dich jetzt hin und versuchst zu schlafen. Morgen ist ein neuer Tag und da schauen wir weiter." ,,Ich kann eh nicht schlafen." ,,Wince, bitte", versucht er es weiter. ,,Ich hole dir Bettzeug", sagt Jackie und steht auf. ,,Marc", sage ich gequält und schaue ihn an. ,,Wir bekommen das hin okay? Ich fahr dich morgen zu ihr." ,,Du?" ,,Ich lass dich doch in dem Zustand nicht allein durch komplett Deutschland fahren." ,,Danke", hauche ich. ,,So", lächelt Jackie und richtet mir das Sofa her. ,,Versuch jetzt bitte ein bisschen runterzukommen. Wenn was ist, weck und okay?", spricht mein bester Freund. Nickend schlüpfe ich aus meinen Schuhen.

Als sie wieder im Schlafzimmer sind, gehe ich ins Bad und schmeiße mir erstmal eiskaltes Wasser ins Gesicht. Ich mache aber nicht mehr, sondern lege mich einfach nur hin. Schluchzend vergrabe ich mein Gesicht im Kissen, um niemanden aufzuwecken. Ich muss aber wohl irgendwann eingeschlafen sein, denn ich werde durch leises Kinderlachen im Hintergrund aufgeweckt. Als ich meine Augen öffne, sehe ich Marc in der Küche hantieren. ,,Morgen", lächelt er, als er mich entdeckt. ,,Moin", murmle ich und setze mich auf. Trotz Schlaf fühle ich mich einfach nur gerädert. ,,Onkel Wince", ertönt Paulines Stimme und im nächsten Moment springt sie schon zu mir aufs Sofa. ,,Hallo Kleine", lächle ich und wuschle ihr durch die Haare. ,,Lotta?", fragt sie mit großen Augen, worauf ich direkt schwer schlucken muss. ,,Lotta ist zu Hause", erwidere ich mit brüchiger Stimme, kann mich aber gerade so noch fangen. Mit einem traurigen Blick klettert sie wieder runter und läuft zu ihrer Mama. ,,Hier", flüstert Marc und reicht mir eine Tasse Kaffee. Murmelnd nehme ich sie ihm ab und nehme direkt einen Schluck.

Nachdem wir gefrühstückt haben, oder eher gesagt, Jackie und Marc gefrühstückt haben, fahren wir los. Da ich nun doch die Strapazen der letzten Stunden spüre, schlafe ich im Auto recht schnell ein. Als ich aufwache, stehen wir auf einem Autohof. Verschlafen reibe ich mir die Augen und in dem Moment, kommt Marc aufs Auto zugelaufen. ,,Gut, ich wollte dich eben schon wecken. Hier, du musst was essen", spricht er und wirft mir ein Sandwich und eine Flasche Cola auf den Schoß. Murmelnd lege ich es vor mich auf die Ablage. ,,Hab keinen Hunger." ,,Wincent, du isst jetzt was!", erwidert Marc streng und schaut mich eindringlich an. Seufzend ergebe ich mich und packe das Brötchen aus. ,,Wie lange haben wir eigentlich noch vor uns?" ,,Wir haben jetzt genau die Hälfte." ,,Oh, habe ich 3 1/2 Stunden geschlafen?", frage ich perplex. ,,Wie ein Baby", schmunzelt er und trinkt einen Schluck. ,,Dann kann ich ja den Rest fahren", sage ich festentschlossen und schaue aus dem Fenster. ,,Vergiss es. Du bist total durch den Wind, übermüdet und völlig fertig. Auf keinen Fall lasse ich dich jetzt hinters Steuer." Ich gebe einfach nur ein leises ,,okay" von mir, denn diskutieren bringt jetzt eh nichts.

Die nächsten 3 1/2 Stunden ziehen sich enorm. Ich habe das Gefühl, wir kommen gar nicht mehr an. Vielleicht ist es auch die Angst, vor Lotta zu treten. Ob sie überhaupt zu Hause ist? ,,Was mache ich, wenn sie nicht mit mir reden will?", flüstere ich und schaue zu meinem besten Freund. ,,Wince, jetzt bleib einfach mal ruhig", seufzt er und schaut kurz zu mir rüber. ,,Das geht nicht", murmle ich und blicke weiterhin aus dem Fenster. Nach weiteren 20 Minuten kommen wir endlich an dem Mehrfamilienhaus an, indem Lotta wohnt. ,,Kannst du mit hochkommen?" ,,Willst du nicht lieber allein hochgehen?" ,,Nein, sonst ziehe ich eh nur den Schwanz ein." ,,Okay, dann komm", erwidert er und parkt an der Straße. Den Weg bis hoch zu Lottas Wohnung, gehe ich mit wackligen Knien. Doch auch nach mehrmaligen Klingeln, öffnet uns niemand die Tür. Da auch Seppl nicht bellt, vermute ich direkt, dass sie nicht zu Hause ist. ,,Was machen wir jetzt?", frage ich meinen besten Freund mit Tränen in den Augen. ,,Keine Ahnung, denkst du, sie ist nicht daheim?" Verdammt fertig schüttle ich einfach den Kopf. ,,Vielleicht ist sie ja auch noch gar nicht hier." ,,Keine Ahnung", seufze ich und lehne mich an die Wand. ,,Komm, ich hab uns ein Hotelzimmer gebucht. Lass uns noch ein bisschen ausruhen gehen", spricht Marc sanft und legt eine Hand auf meine Schulter. ,,Nein, ich muss hier bleiben. Was ist, wenn sie nach Hause komm?" ,,Wincent, wir fahren später nochmal her." ,,Sicher?" ,,Ja, versprochen", lächelt er und hilft mir hoch. Als wir in unserem Hotelzimmer ankommen, falle ich einfach nur übermüdet ins Bett. Kurz nach 19:00 Uhr werde ich wieder wach und wir starten einen nächsten Versuch bei Lotta. Aber auch diesmal öffnet sie nicht ihre Tür.

,,Wir fahren zu ihren Eltern", sage ich entschlossen und schaue Marc an. ,,Wince." ,,Nichts Wince, ich kann auch allein hinfahren." ,,Nein, lass uns fahren", seufzt er und steuert die Treppe an. Eine halbe Stunde später klingle ich auch schon an ihrem Elternhaus. Als Nicole die Tür öffnet, kommt uns schon Seppl entgegen gesprungen. Natürlich begrüße ich ihn direkt. ,,Hallo Wincent", lächelt sie. ,,Hey, ist Lotta hier?" ,,Ja, sie ist oben. Kommt rein", erwidert sie und hält uns die Tür auf. ,,Danke." ,,Hallo ihr beiden", lächelt Daniel. ,,Hallo, ist Lotta oben im Zimmer?" ,,Ja, danke das du gekommen bist." ,,Ich kämpfe um sie und werde sie schon vom Gegenteil überzeugen." ,,Bitte erschreck dich nicht, wenn du sie siehts", wirft Nicole ein. ,,Wieso?", frage verwirrt. ,,Sie sollte dir erzählen, warum sie wirklich abgehauen ist." Mit diesen Worten laufe ich die Treppe nach oben und steuere ihr Zimmer an. Ohne etwas zu sagen, klopfe ich an. Kurz darauf höre ich Schritte und Lotta öffnet einen Spalt ihre Tür. Geschockt schaut sie mich an, aber mein Blick geht genauso zu ihr. ,,Lotta.."

Ist so viel schöner, besser, leichter mit dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt