GRACE
Seufzend sehe ich aus dem Fenster des fünften Stocks. Alles ist grau und es schüttet in Strömen, sodass man nur noch wenige Meter weit sehen kann. Das Wetter sollte mich nicht überraschen, blöd nur, dass es das tut und ich keinen Schirm dabei habe. Selena ist bereits weg, daher kann ich auch nicht darauf hoffen, dass sie besser vorbereitet ist.
Doch so wie die Windböen gegen das Fenster peitschen, hätte mich auch ein Schirm nicht vor dem Regen retten können. Es ist zwar nicht sonderlich weit bis zu mir nach Hause, aber es ist diese Art Wetter, bei dem man bereits nach zehn Sekunden bis auf die Haut durchweicht ist. Vor einer Stunde hatte ich noch die Hoffnung, dass es besser wird, aber da der Regen noch immer unaufhaltsam vom Himmel fällt, werde ich mich wohl bald entscheiden müssen, ob ich die Nacht im Büro verbringe oder den Weg durch den Regen antrete.
Mittlerweile ist kaum noch jemand im Büro. Ethan ist natürlich noch da, aber da er wieder die Schalusien vorgefahren hat, sehe ich nur das schwache Licht, das dahinter zum Vorschein kommt. Owen, der immer mindestens so lange wie Ethan bleibt, sitzt am anderen Ende des Büros. Ich frage mich, ob er wirklich so viel zu tun hat. Häufig habe ich ihn schon dabei ertappt, wie er sich auf irgendwelchen Websites herumtreibt, die ganz sicher nichts mit der Arbeit zu tun haben. Das bestätigt meine Vermutung nur weiter, dass er es einzig und allein tut, um Ethan zu beeindrucken.
Da im Büro übernachten, nicht wirklich eine Option ist, werde ich mich wohl oder übel dem Wetter stellen müssen. So schlimm wird es schon nicht werden, richtig? Immerhin kann ich meine Klamotten zuhause sofort wechseln und mich unter einer warmen Dusche aufwärmen. Meinen Laptop verschließe ich in den Schließfächern, um nicht zu riskieren, dass er nass wird. Somit sollte der Schaden, den der Regen anrichten kann, begrenzt sein.
Am Aufzug stocke ich doch noch einmal, als in der Ferne irgendwo ein Donner zu hören ist. Ich hasse Gewitter. Obwohl so ganz stimmt das nicht. Mit einer heißen Tasse Tee, einer Decke und einem Buch bewaffnet auf dem Sofa, liebe ich es. Tatsächlich waren Stunden, die zu meinen schönsten Erinnerungen gehören, während eines krassen Gewitters. Doch das ist etwas, woran ich jetzt auch nicht denken sollte.
Insbesondere sollte ich besser Gas geben, wenn ich verhindern will, vollkommen in das Gewitter zu geraten. Das würde mir gerade noch fehlen, neben dem Regen auch noch Blitze um mich herum toben zu haben.
„Bewunderst du die Aussicht?"
Bei Ethans Stimme fahre ich herum. Er steht nur wenige Meter von mir entfernt und sieht mich an. Sein Jackett trägt er über seinem Arm und in der Hand hält er seinen Autoschlüssel.
„Uh ... ja sie ist toll", erwidere ich und schon bei seinem skeptischen Blick ist klar, dass diese Aussage ziemlich dämlich war. Aussicht hat man gerade absolut gar keinen. Die unnachgiebige Regenwand verschlingt alles, was dahinter normalerweise zum Vorschein kommen würde.
„Komm, Grace. Ich fahre dich heim."
„Das ... das ist nicht nötig. Ich habe es nicht weit."
„Wenn du nicht zufällig deine neue Wohnung in diesem Gebäude hast, ist es egal, wie weit es ist. Du wirst definitiv komplett nass werden."
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High Season (Wilbur Creek 2) | laufend
RomanceEr ist die Liebe, die ich nie vergessen konnte und gleichzeitig mein größter Fehler. *** Grace Arnolds kehrt nach Jahren in ihre Heimatstadt Wilbur Creek zurück und landet prompt im Hotel ihres Ex-Freundes Ethan Tyrell - der jetzt auch noch ihr Boss...