Die Fischer (4/4)

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Jana starrte die Frau an und es kam ihr zum ersten Mal so vor, als würde sie, die Frau wahrlich sehen. Die Frau hatte lange schwarze Haare, violette Augen, ein schmales Gesicht, eine niedliche Nase und einen wunderschönen Mund. Hätte sie die Frau auf der Straße getroffen, hätte Jana sie wahrscheinlich angeflirtet. Ihr Blick wanderte runter. Die Frau trug das weiße Kleid, das irgendwie mittelalterlich wirkte. War da nicht eben noch Blut auf dem Stoff gewesen, Jana war ziemlich sicher, dass das Kleid eben noch in Blut getränkt war. Was allerdings schlussendlich Janas Aufmerksamkeit auf sich zog, waren ihre Hände oder besser gesagt ihre Fingerspitzen, die bis zum ersten Gelenk schwarz waren. So als hätte Kohlestaub sich auf den Bereich gelegt und wäre einfach nicht mehr abgegangen. Ein Zeichen von wirklich dunkler, dunkler Magie. Jana erzitterte, solche Male bekam man, nur wenn man wirklich schrecklich Verbrechen an der Natur selbst verübte. Mit so jemandem sollte eine Hexe nicht reden. Aber hatte solch eine Mentalität nicht gerade für Janas Verbannung gesorgt?

Jana zuckte dennoch zurück. »Geh Jana und ich kann dir deine Sicht für immer wieder geben!«, sagte die Frau. Sie konnte für einige Sekunden die Frau anstarren. Ihre Augen ... Sie könnte Jana ihre Augen wieder geben. Aber warum bestand die Frau so sehr darauf, dass Jana sie gehen sollte. Und zwar jetzt, nicht in ein paar Minuten, sondern genau jetzt. Es war fast schon so, als wollte sie Jana weg haben. Aber ihre Augen ... oh wie gerne sie wieder sehen wollte. Die Welt um sich herum, ihre Mutter, ihren Vater und ... Kaz, auch wenn er ein Arschloch von Zeit zu Zeit war. Wie schön es doch wäre, all das wieder sehen zu können. Doch keine Hexe sollte in der Lage sein, ihre Augen ihr wiederzugeben. Das war nicht rechtens, sie hatte den Preis für ihre Magie zahlen müssen. Und was Magie einmal genommen hatte, gab sie nicht wieder. So waren die Regeln. »Das kannst du nicht. Nicht einmal die oberste eines Zirkels kann das!«, zischte Jana und dann fiel ihr etwas anderes auf. »Woher kennst du meinen Namen, ich hab ihn dir nie verraten!« Die Frau lachte nur, bevor sie aufseufzte. »Ich habe wirklich gehofft, dass du einfach gehen würdest.« Jana spürte es, den kalten Stahl an ihrer Kehle und mit einem Mal wurde ihr klar, dass die Frau sie nur sehen hatte lassen, was sie sehen wollte.

Sie hatte das Messer in der Hand der Frau nicht gesehen, sie schaute über ihre Schulter zurück zum Drachen, er schien echt zu sein, sie hatte ihn fühlen und hören können. »Was wirst du jetzt tun? Eh mich töten?«

Die Frau schenkte ihr ein Grinsen. Das Blutvergießen versprach. Jana schloss die Augen, sie wusste nicht viel über Menschen, die dunkle Magie ausübten, aber sie wusste wie man im Dunkeln zurechtkam, wusste sie das auch? Mit einer schnellen Bewegung hob sie ihre Hände. »Thal'ahor« Die Hexe schrie laut auf und Jana wurde selbst wieder in Dunkelheit gehüllt, als der Zauber, den die fremde Hexe über ihre Augen gelegt hatte, brach. Jana wusste, wo sie lang musste, um möglichst viel Abstand zwischen sie und die Fremde zu bringen. Jana wusste aber auch, dass der Drache in Gefahr war, sie wusste es einfach und sie beschloss dem Tier zu helfen. Später würde sie sich bestimmt selbst fragen, was sie da geritten hatte, doch das war ihr in dem Moment recht egal. Sie wusste, wie sie sich auf ihre Sinne verlassen musste.

Sie hörte, wie die Hexe durch die Dunkelheit stolperte. »Wo hast du dich versteckt, kleines Vögelchen?«, rief die Frau. Sie versuchte sicher zu klingen, bestimmt, so wie der Serienkiller in einem Horror-Film. Jana hörte jedoch ihre Stimme zittern und konnte sich sehr gut vorstellen, dass die Hexe umherstolperte wie ein frisch geborenes Fohlen. Sie dachte vielleicht, sie wäre der Serienkiller in ihrem Horror-Film, doch Jana würde schlussendlich die sein, die sie umbringen würde. Sie brauchte keine Augen, um zu wissen, wo die Frau war. Jana machte bedacht leise Schritte, sie pirschte sich an die Frau an. Sie atmete viel zu schnell und Jana hörte das Zischen des Messers als sie mit ihren Armen desorientiert in der Luft herumfuchtelte. Blitzschnell aber dennoch immer noch bedacht auf jedes Geräusch was sie machte, bückte sie sich, um dem Messer zu entkommen. Sie wusste in etwa wo die Kniekehle der Frau war und trat mit so viel Kraft wie möglich dagen. Es brachte sie zum Straucheln. Die Hexe kreischte, während sie nach vorne wegkippte wie ein gefällter Baum. Jana konnte hören, wie das Messer auf einigen Felsen aufkam und weg schilderte. Besser so. Jana überlegte nicht lange, sie stürzte sich auf die Frau.

Vor einer Sekunde hatte Jana noch die Frau unter sich gespürt, in der nächsten spürte sie nur noch Gras unter sich. Das war unmöglich, nicht einmal Hexen konnten sich einfach so in Luft auflösen ... »Sie ist weg, Jana«, das war Kaz. Auf einmal legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Wie konnte er so plötzlich hier sein. »Kaz?« »Mach dir keine Sorgen Jana, ich bringe dich zurück zum Schloss, dort bist du sicher.« Sie stieß gegen seine Brust, als er versuchte, sie aufzuheben. »Wo ist der Drache Kaz?« Die Hitze schien auf einmal von der Lichtung wie verschwunden zu sein und kalte Luft umhüllte sie, als der Himmel aufbrach und eisiger Regen auf ihr Gesicht nieder tropfte. »Mach dir keine Sorgen um den Drachen. Er ist weggeflogen.« Oh wie sehr sie seinen Worten glauben wollte, doch das konnte sie nicht. »Lüg mich nicht an, Kaz, der Drache hatte einen gebrochenen Flügel. Er hätte unmöglich so schnell und auch leise wegfliegen können!«

Janas Unterlippe begann zu zittern als sie darüber nachdachte, was das wirklich und wahrhaftig bedeutet. »Lüg mich nicht an! Bist du der Drache?« Kaz zog seine Hand, die auf ihrer Schulter gelegen hatte, weg. Es war das Geständnis, auf das Jana gewartet hatte. Es fühlte sich trotz allem so an, als hätte jemand ihr ein Loch in die Brust gerammt. Ihre Beine gaben nach und sie sackte auf den Boden. Sie spürte, wie ihre Knie im Schlamm versanken. Sie verstand es an sich, aber gleichzeitig auch nicht. Er war der Drache, er hatte Leute umgebracht, ER hatte sie entführt, er hatte sie gerettet, er hatte ihr beigebracht sich zurechtzufinden, er hatte ihr Fischen beigebracht und Brot zu backen.

»Jana ...« Sie zuckte von seiner Stimme weg. »Bleib weg von mir!« Sie verstand nicht, wie er jetzt noch denken konnte, wie er mit ihr reden konnte. Sie spürte auf einmal, wie Tränen über ihre Wangen rannen. Und wie ihr Herz gegen den Käfig ihrer Rippen schlug. Sie wurde auf einmal unter den Armen gegriffen und hochgezogen. Jana schlug um sich, während immer mehr Tränen über ihre Wangen liefen. Sie versuchte, um sich zu beißen wie ein wildes Tier. Dann schlug sie mit dem Kopf nach hinten, in dem Versuch ihm wenigstens die Nase zu brechen. »AHHH!«, der Schrei kam nicht von ihr, sondern von ihm und da viel ihr ein, dass er immer noch einen gebrochenen Arm haben musste, sein Flügel war doch sein Arm, oder? Jana hatte nicht wirklich Zeit, darüber nachzudenken. Denn seine Arme lockerten sich, auch wenn nur für einen kurzen Moment, den sie nutzte, um sich loszureißen und zu rennen. Sie kam zwei Schritte weit, dann fühlt sie einen brennenden Schmerz auf ihrem Hinterkopf und alles um sie herum wird schwarz.

Hallo ihr lieben, falls euch das Kapitel gefällt würde ich mich sehr über einen Kommentar oder Like freuen.

Flammengeküsst-Die Auserwählte des DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt