Unausgesprochene Gefühle

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Die Tage vergingen, und Yuka spürte, wie sein Verlangen nach Aois Blut immer stärker wurde. Doch es war nicht nur das Blut, das ihn zu ihr zog. Jedes Mal, wenn sie in seiner Nähe war, spürte er ein seltsames Kribbeln, das ihn verwirrte und gleichzeitig faszinierte. Sein Herz schlug schneller, seine Gedanken wurden wirr, und er ertappte sich dabei, wie er sie länger ansah, als es nötig war.

„Yuka," begann Aoi eines Abends, als sie gemeinsam in seinem Zimmer saßen. „Du siehst so nachdenklich aus. Was beschäftigt dich?"

Yuka wandte den Blick von ihr ab und starrte auf den Boden. „Nichts, was du wissen musst," murmelte er, obwohl er genau wusste, dass das nicht die Wahrheit war. In Wahrheit nagte das schlechte Gewissen immer stärker an ihm. Die Erinnerung daran, dass er Aoi entführt hatte, ließ ihn nicht los. Es war ein Akt der Verzweiflung gewesen, doch jetzt, da sie hier bei ihm war, konnte er nicht anders, als sich schuldig zu fühlen.

„Du kannst mir alles sagen," drängte Aoi sanft. „Ich bin hier, um dir zu helfen, egal worum es geht."

Yuka atmete tief durch und erhob sich langsam von seinem Stuhl. Er ging zum Fenster und zog den schweren Vorhang ein Stück zur Seite, um hinaus in die dunkle Nacht zu blicken. „Aoi... ich habe etwas getan, was ich nicht hätte tun dürfen," begann er zögernd. „Etwas, das ich bereue."

Aoi sah ihn verwundert an. „Was meinst du?"

Er drehte sich zu ihr um, seine roten Augen schimmerten im schwachen Licht. „Ich habe dich entführt, Aoi. Ich habe dir deine Erinnerungen genommen und dich in diese Welt gezwungen. Du solltest nicht hier sein, nicht auf diese Weise."

Aoi schwieg eine Weile, bevor sie langsam aufstand und zu ihm ging. Sie legte eine Hand auf seine Schulter. „Yuka, ich weiß, dass das, was du getan hast, nicht richtig war. Aber seitdem ich hier bin, habe ich nicht das Gefühl, dass ich entführt wurde. Du hast mich beschützt, mir geholfen. Ich habe mich in deiner Nähe sicher gefühlt."

„Aber das ist nicht genug!" Yuka schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück. „Du verdienst mehr als das. Du verdienst jemanden, der dich aus freien Stücken liebt, der dich nicht als... als Blutquelle sieht."

Aoi trat näher an ihn heran, ihr Blick fest auf ihn gerichtet. „Vielleicht sehe ich das anders," sagte sie leise. „Vielleicht bedeutet es mir mehr, dass du mich nicht als bloße Nahrung siehst, sondern dass du dich schuldig fühlst. Das zeigt mir, dass du tief im Inneren anders bist, Yuka. Dass du dich sorgst."

Yuka spürte, wie sein Herz schneller schlug. Die Nähe zu Aoi war überwältigend, und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich hilflos. „Warum tust du das, Aoi? Warum bist du so... so gütig zu mir, obwohl ich nichts anderes als Schmerz über dich gebracht habe?"

Aoi lächelte leicht, während sie ihre Hand an seine Wange legte. „Weil ich dich kenne, Yuka. Und weil ich glaube, dass du mehr bist, als du selbst denkst. Du hast ein gutes Herz, auch wenn du es nicht immer zeigen kannst."

Yuka fühlte, wie seine Wangen heiß wurden, ein verräterisches Zeichen, das er nur schwer unterdrücken konnte. Er schloss kurz die Augen und atmete tief durch. „Aoi... ich weiß nicht, was ich sagen soll."

„Du musst nichts sagen," antwortete sie sanft. „Lass mich einfach für dich da sein."

In den folgenden Tagen fiel es Yuka immer schwerer, sich von Aoi fernzuhalten. Jedes Mal, wenn sie in der Nähe war, kämpfte er mit seinen widersprüchlichen Gefühlen. Auf der einen Seite war da das unbändige Verlangen nach ihrem Blut, das ihn in den Wahnsinn trieb. Auf der anderen Seite war da dieses neue, unbekannte Gefühl, das sein Herz schneller schlagen ließ und seine Gedanken in eine ungewohnte Richtung lenkte.

„Warum kann ich nicht einfach normal sein?" murmelte er eines Abends, als er allein in seinem Zimmer war. Doch die Antwort blieb aus. Stattdessen dachte er wieder an Aoi, an ihr Lächeln, ihre sanfte Stimme und die Art, wie sie ihn ansah, als wäre er mehr als nur ein Monster.

Als Aoi ihm später an diesem Abend erneut ihr Blut anbot, zögerte er, doch der Durst war zu stark. Er konnte nicht anders, als sich wieder ihren Hals zu nähern, seine Reißzähne versanken in ihrer Haut, und das Blut, das in seinen Mund floss, erfüllte ihn mit einem überwältigenden Gefühl von Macht und Scham zugleich.

„Danke," flüsterte er, nachdem er sich von ihr gelöst hatte. Er sah sie an, und diesmal konnte er das Erröten auf seinen Wangen nicht verbergen. Aoi lächelte ihn an, ihre Augen schimmerten warm und verständnisvoll.

„Ich bin froh, dass ich dir helfen kann, Yuka," sagte sie leise. „Du bedeutest mir viel."

Yuka schluckte schwer und spürte, wie sein Herz schneller schlug. „Aoi, ich... ich weiß nicht, was ich tun soll," gestand er. „Es fühlt sich falsch an, und doch... kann ich nicht anders."

„Manchmal gibt es kein Richtig oder Falsch," antwortete Aoi und sah ihm tief in die Augen. „Manchmal gibt es nur das, was wir fühlen."

Yuka konnte nichts erwidern. Stattdessen umarmte er sie, zog sie sanft an sich und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Er spürte, wie seine Verwirrung und sein schlechtes Gewissen ihn überwältigten, doch Aois Nähe beruhigte ihn irgendwie. Er wusste, dass er sich in einem gefährlichen Spiel befand, doch gleichzeitig konnte er sich nicht von ihr lösen.

So standen sie eine Weile schweigend da, bis Aoi sich schließlich von ihm löste und ihm einen letzten, langen Blick schenkte. „Lass uns einfach sehen, wohin uns das führt," flüsterte sie, bevor sie sein Zimmer verließ.

Yuka blieb allein zurück, die Emotionen in ihm ein chaotisches Wirrwarr. Er wusste nicht, wie er mit all dem umgehen sollte, doch eines war klar: Aoi war ihm mehr als nur wichtig geworden, und das machte alles noch komplizierter.

„Was soll ich nur tun?" fragte er sich, während er erneut den Blick in die dunkle Nacht richtete. Doch auch diesmal blieb die Antwort aus, und er wusste, dass die kommenden Tage noch schwerer werden würden.

4o

Der Vampirprinz, der EntführerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt