Die Tage vergingen, und Yuka fand sich zunehmend in die Rolle des Thronerben und zukünftigen Herrschers des Vampirreiches gedrängt. Die Bürde, die einst vor allem auf den Schultern seines Vaters lastete, wurde nun langsam auf ihn übertragen. Es war ein schwerer und unliebsamer Übergang für Yuka, der mit der Pubertät und den neuen Herausforderungen mit Aoi schon genug zu kämpfen hatte. Doch Befehl war Befehl, und der König duldet keine Nachlässigkeit.
Eines Morgens betrat Yuka den Thronsaal, wo sein Vater bereits wartete. Der König, hoch aufgerichtet und mit ernster Miene, überblickte die Reihen von Beratern und Untertanen, die auf seine Anweisungen warteten. Als Yuka sich näherte, nickte ihm sein Vater knapp zu.
„Yuka, es wird Zeit, dass du deine Verantwortung als Thronerbe ernst nimmst," begann der König ohne Umschweife. „Die Verwaltung des Reiches ist eine Aufgabe, die du nicht länger ignorieren kannst."
Yuka senkte den Kopf leicht, um den Unmut seines Vaters zu verbergen. „Ja, Vater. Ich verstehe. Aber... ich fühle mich noch nicht bereit."
„Bereit oder nicht, du musst dich dieser Aufgabe stellen," antwortete der König scharf. „Das Reich erwartet von dir, dass du die Führung übernimmst, wenn die Zeit gekommen ist. Und diese Zeit rückt näher."
Yuka seufzte innerlich, doch er wusste, dass es keinen Sinn hatte, zu widersprechen. Er straffte seine Schultern und trat an die Seite seines Vaters, um den ersten Stapel an Dokumenten und Berichten zu übernehmen. Die Berater, die um den großen Tisch herumstanden, begannen, die neuesten Entwicklungen im Reich zu diskutieren. Yuka hörte aufmerksam zu, auch wenn die schiere Menge an Informationen ihn überwältigte.
„Du musst lernen, zwischen wichtigen und unwichtigen Angelegenheiten zu unterscheiden," erklärte sein Vater, während er Yuka einen besonders dicken Bericht übergab. „Das hier betrifft die Situation an der südlichen Grenze. Es ist von größter Bedeutung, dass du diese Entwicklungen verstehst und darauf reagierst."
Yuka nahm das Dokument entgegen und begann, es durchzublättern. Die Worte verschwammen vor seinen Augen, doch er zwang sich, konzentriert zu bleiben. „Was genau ist das Problem?" fragte er, um Zeit zu gewinnen.
Ein älterer Berater trat vor und erklärte die Lage. „Es gibt Berichte über Unruhen in den südlichen Gebieten, mein Prinz. Einige der menschlichen Siedlungen haben begonnen, sich gegen die Herrschaft des Reiches zu erheben. Es scheint, als ob eine Rebellion im Gange ist."
Yuka nickte langsam und dachte nach. „Und was schlagen die Berater vor? Wie sollen wir darauf reagieren?"
Der König beobachtete seinen Sohn genau, bevor er antwortete. „Das ist deine Entscheidung, Yuka. Es ist an der Zeit, dass du Verantwortung übernimmst und das Wohl des Reiches im Blick behältst."
Yuka schluckte schwer, aber er wusste, dass er keine andere Wahl hatte. „Wir sollten..." Er hielt inne, unsicher, ob seine Entscheidung die richtige war. „Wir sollten eine diplomatische Mission senden, um zu versuchen, die Spannungen zu beruhigen. Gewalt sollte unser letztes Mittel sein."
Der König musterte seinen Sohn und nickte schließlich langsam. „Ein vernünftiger Ansatz. Aber sei gewarnt, Yuka. Diplomatie ist eine schwierige Kunst, und du musst bereit sein, auch drastischere Maßnahmen zu ergreifen, wenn es notwendig ist."
Yuka fühlte den Druck, der auf ihm lastete, wie eine erdrückende Last. „Ich werde mein Bestes tun, Vater," sagte er, obwohl seine Stimme einen Hauch von Unsicherheit verriet.
Nachdem das Treffen beendet war, zog sich Yuka in seine Gemächer zurück, um die vielen Dokumente und Berichte zu studieren, die ihm aufgetragen worden waren. Er wusste, dass er sich anstrengen musste, um den Erwartungen seines Vaters gerecht zu werden, doch das war leichter gesagt als getan. Der König hatte ihn mit einer Verantwortung betraut, die er nur widerwillig annahm.
Während Yuka in die Dokumente vertieft war, öffnete sich die Tür leise, und Aoi trat ein. Ihr Anblick ließ Yuka einen Moment lang alles vergessen, doch er riss sich zusammen und lächelte sie schwach an. „Aoi... du solltest schlafen. Es ist spät."
Aoi setzte sich neben ihn und betrachtete die vielen Papiere auf dem Tisch. „Du arbeitest zu viel, Yuka. Du solltest dich auch ausruhen."
Yuka schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Zeit, mich auszuruhen. Mein Vater erwartet, dass ich mich um die Angelegenheiten des Reiches kümmere. Es ist... es ist meine Pflicht."
Aoi legte eine Hand auf seine. „Aber du bist auch nur ein Vampir, Yuka. Du kannst nicht alles allein bewältigen. Lass mich dir helfen, wenn ich kann."
Yuka sah sie an, ihre Augen waren voller Sorge. „Aoi... du bist schon eine große Hilfe, allein dadurch, dass du hier bei mir bist. Aber diese Verantwortung... sie ist meine. Ich muss lernen, damit umzugehen."
Aoi lehnte sich leicht an seine Schulter. „Ich verstehe. Aber vergiss nicht, dass du nicht allein bist. Deine Familie... sie sollte dich unterstützen."
Yuka seufzte tief. „Meine Schwestern sind eher daran interessiert, mir das Leben schwer zu machen, als mich zu unterstützen. Yukari und Yukiko nutzen jede Gelegenheit, um mich schlecht dastehen zu lassen."
Aoi nickte langsam. „Aber du bist stark, Yuka. Du wirst das schaffen. Du hast mehr Kraft, als du denkst."
Yuka lächelte schwach. „Danke, Aoi. Du weißt nicht, wie viel mir das bedeutet."
In den nächsten Tagen und Wochen setzte Yuka alles daran, die Angelegenheiten des Reiches in den Griff zu bekommen. Er lernte, Entscheidungen zu treffen, Berichte zu analysieren und zwischen verschiedenen Optionen abzuwägen. Doch je mehr er sich in die Arbeit vertiefte, desto mehr merkte er, wie sehr ihn die Verantwortung belastete.
Eines Abends, als er wieder über einem Stapel von Papieren saß, trat sein Vater in das Zimmer. „Yuka," begann er ernst, „ich sehe, dass du dich bemühst, aber du darfst dich nicht in der Arbeit verlieren. Es gibt mehr im Leben als nur Pflichten."
Yuka sah von den Dokumenten auf. „Aber Vater, du hast mir selbst gesagt, dass das Reich an erster Stelle steht. Ich will dich nicht enttäuschen."
Der König trat näher und legte eine Hand auf Yukas Schulter. „Du enttäuschst mich nicht, Yuka. Aber ich will nicht, dass du dich selbst verlierst. Ein König muss stark sein, aber er muss auch leben."
Yuka sah seinen Vater an, und zum ersten Mal sah er eine Weichheit in seinen Augen, die er selten zuvor bemerkt hatte. „Ich... verstehe. Ich werde versuchen, ein Gleichgewicht zu finden."
Der König nickte und lächelte leicht. „Das ist alles, was ich von dir verlange, mein Sohn. Du wirst ein guter Herrscher werden, davon bin ich überzeugt."
Nachdem sein Vater gegangen war, lehnte sich Yuka in seinem Stuhl zurück und schloss für einen Moment die Augen. Die Worte seines Vaters hallten in seinem Kopf wider, und er wusste, dass er einen Weg finden musste, mit der Last umzugehen, die auf ihm lag. Doch tief in seinem Inneren war er sich nicht sicher, ob er wirklich bereit war, die Krone zu tragen.
Aoi trat erneut ins Zimmer und sah die Erschöpfung in seinen Augen. „Yuka," sagte sie sanft, „es ist genug für heute. Komm, lass uns gemeinsam etwas Ruhe finden."
Yuka nickte und ließ die Papiere beiseite. Er nahm Aois Hand und folgte ihr in die Dunkelheit der Nacht, entschlossen, einen Weg zu finden, die Balance zwischen seiner Pflicht und seinem Leben zu wahren.
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Der Vampirprinz, der Entführer
VampireIn den geheimnisvollen Schatten eines uralten Vampirreichs lebte Yuka, der älteste und einzige Sohn der mächtigen Vampirkönige. Mit seinen 5000 Jahren war er nicht nur der Erbe einer unermesslichen Macht, sondern auch ein Wesen von atemberaubender S...