Kapitel 20

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Ich hatte genau die zwei Dinge getan, die ich eigentlich auf keinen Fall hatte tun wollen. Zum einen war ich tatsächlich mit Ella shoppen gegangen und zum anderen betrat ich mit Dylan ihr Haus, aus dem die laute Musik bereits dröhnte. Zugegeben, das Shoppen war nicht so schlimm wie erwartet gewesen, ganz im Gegenteil. Ich war überrascht über ihr Verhalten, welches für die meisten Menschen wahrscheinlich immer noch kaum ertragbar gewesen wäre, aber sie hatte mich an meine beste Freundin erinnert. Und meine beste Freundin wiederum war mir selbst ziemlich ähnlich oder zumindest einem Teil von mir. Dem Teil, der immer mehr in den Hintergrund rückte, seit ich hier war. 

Kaum hatten wir das Haus betreten, kam Ella uns mit einem Tablett voll Getränken entgegen und drückte sowohl mir, als auch Dylan einen der mit Alkohol gefüllten Plastikbecher in die Hand. Um diesen Abend zu überstehen, müsste ich wahrscheinlich ein paar mehr von diesen trinken - was ich jedoch nicht tun würde, denn mich hier zu betrinken, war nicht mein Ziel.

Den Plastikbecher trank ich jedoch trotzdem leer und fragte mich im Nachhinein, was ich da überhaupt getrunken hatte. Was auch immer es war, es schmeckte verdammt gut. 

"Und, was genau soll hier sein? Es sieht aus wie eine ganz normale Party, laute Musik, Alkohol, die Hälfte der Leute kennt Ella wahrscheinlich nicht mal und einige von ihnen sind sogar schon betrunken", stellte ich nach kurzem Umsehen fest. Das Wohnzimmer war gefüllt mit lauter Jugendlichen, die zu der lauten Musik tanzten oder ihre Becher mit Alkohol nachfüllten. Im Garten waren sogar fast noch mehr Menschen als im Wohnzimmer, viele von ihnen waren in dem Pool, teilweise noch in ihren Klamotten, teilweise aber auch nur noch in Unterwäsche. Es war wirklich die typische High School Party, die man sich vorstellte. 

"Was hast du erwartet, einen Massenmord?"

Ich verdrehte meine Augen und verschränkte die Arme vor der Brust, als wir nach draußen in den Garten gingen, wo die Luft etwas frischer war. Alkohol hin oder her, wie hielten sie es bei dem Wetter in dem Pool aus?

"Du hast doch gesagt, dass irgendwas nicht stimmt und wir deswegen hierher kommen sollten", sagte ich, beim zweiten Teil des Satzes Dylans Stimme imitierend, was sich in meinem Kopf allerdings um einiges besser angehört hatte als in der Realität, sodass ich es ihm nicht mal übel nehmen konnte, als er ein leises Lachen von sich gab. 

Wir ließen uns auf den Gartenstühlen nieder, die Personen beobachtend, aber da waren nur die betrunkenen Leute, die nun mal Dinge taten, die sie im nüchternen Zustand nie tun würden. Selbst nach gefühlten fünf Stunden entdeckte ich nichts Außergewöhnliches. Nichts außer einem Mädchen, das am Poolrand saß und scheinbar mit sich selbst redete, denn sie starrte in die Leere, niemand war um sie herum. Selbst von weitem konnte ich sehen, dass sie zitterte und so verängstigt wie sie aussah, fragte ich mich, ob es nur an der Kälte oder auch an ihrer Angst lag. Und selbst das war wahrscheinlich eine Folge des Alkoholkonsums. Menschen reagierten verschieden auf Alkohol, vielleicht hatte sie ihre Grenzen überschritten und das war das Resultat. 

Oder Dylan hatte doch Recht und irgendetwas stimmte nicht. Ich hatte viele betrunkene Menschen gesehen, einige, die sogar im Krankenhaus gelandet sind, aber ein vor Angst zitterndes Mädchen, das in die Leere starrte und mit sich selbst redete, nein, das war mir neu. 

Und dann entdeckte ich doch jemanden in ihrer Nähe, eigentlich sogar direkt hinter ihr. Es war der Mann, komplett schwarz gekleidet, breite Schultern und sein Gesicht wie immer nicht zu erkennen. 

Ich stand sofort auf, vergaß alles um mich herum und lief auf den Mann zu. Das war das erste Mal, das ich tatsächlich sah, wie er sich bewegte, immer weiter und weiter von dem Mädchen weg. Er lief in das Haus hinein.

Ich sollte ihn sehen und ihm folgen. Genau dieses Gefühl vermittelte er mir.Ich spürte die Körper, gegen die ich auf dem Weg durch das Haus stieß, aber ich realisierte es nicht. Alles, was ich wahrnahm, war dieser Mann. Ich musste ihm folgen. Nur noch daran konnte ich denken. 

Hunted | Dylan O'BrienWhere stories live. Discover now