Fahrt ins Ungewisse

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**Jakes Sicht**

Lia: „Jake, bitte. Ich habe mich entschieden. Ich habe Michael bereits geschrieben. Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Duskwood – mit oder ohne deine Unterstützung. Du weißt, wie sehr ich dich und deine Entscheidungen respektiere, aber diesmal kannst du mir diese Aufgabe nicht abnehmen. Michael will mich und niemand anderen, das ist nicht verhandelbar."

Das ist doch völliger Wahnsinn! Spinnt sie jetzt total? Wut und Enttäuschung brodelten in mir, während ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Mein Herz schlug schneller; ich konnte kaum glauben, was ich da las. Ich fing an zu schreiben: „Sag mal, spinnst du jetzt komplett, Lia? Du kannst dich doch dem Löwen nicht zum Fraß vorwerfen!"

Doch ich konnte ihr das nicht schreiben. Fluchend löschte ich die Nachricht, bevor ich sie abschicken konnte. Ich musste hier sofort raus und frische Luft schnappen; ansonsten drehte ich durch.

Ich fuhr den PC herunter und steckte mein Handy in die Hosentasche. Der muffige Geruch des Motel Zimmers drang mir in die Nase; es fühlte sich an wie ein Gefängnis. Hastig verlies ich das Zimmer und trat ins Freie.

Was mache ich denn jetzt verdammt? Sie wird sich ins Verderben stürzen – und das für Menschen, die sie nicht einmal kennt! Aber genau das mochte ich doch auch an ihr, oder? Ihre Selbstlosigkeit hat mich immer beeindruckt; sie hat mir relativ schnell vertraut.

Wir waren von Anfang an ein gutes Team; ihre Sprüche haben mich oft zum Lachen gebracht und mich aus meiner Reserve gelockt. Ich erinnerte mich an unser erstes Gespräch – wie sie mir immer wieder Kontra gab, ich war anfangs echt genervt von ihr. Damals wusste ich noch nicht, dass sie mein Leben verändern würde.

Ich würde sie so unglaublich gerne im realen Leben kennenlernen. Würde sie gerne, wie sie es schrieb, in den Arm nehmen, die Welt um uns herum vergessen und sie küssen. Als sie das schrieb, hatte ich ein unglaubliches Bauchkribbeln – ein Gefühl der Hoffnung und des Verlangens zugleich. So etwas habe ich noch nie gespürt; vielleicht nennt man das Liebe.

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht bemerkte, wie weit ich schon gelaufen war. Die kühle Abendluft wehte mir ins Gesicht und brachte einen Hauch von Freiheit mit sich – aber auch die nagende Angst um Lia. Plötzlich wurde mir klar: Ich musste umdrehen und einen Plan schmieden! Ich musste vor ihr in den Minen sein, um Hannah und Richy zu retten – bevor es zu spät war.

Mit jedem Schritt zurück zum Motel wuchs meine Entschlossenheit. Ich konnte Lia nicht verlieren; nicht jetzt! Sie brauchte mich mehr denn je.

**Lias Sicht**

Ich schickte die Nachricht ab und stellte enttäuscht fest, dass Jake nicht mehr online kam, um sie zu lesen. Alles klar, dann muss ich jetzt zusehen, so schnell wie möglich nach Duskwood zu kommen. Ich packte eine Sporttasche mit allem, was ich für ein paar Tage brauchte: Klamotten, Kulturtasche, Ladekabel für mein Handy und In Ears, Portemonnaie und Autoschlüssel. Während ich meine Sachen zusammenpackte, breitete sich ein mulmiges Gefühl in meinem Magen aus – war das wirklich die richtige Entscheidung?

Ich suchte nach einer Unterkunft in Duskwood und entschied mich zunächst für das Motel von Miss Walter. Falls wegen des Pine Glade Festivals nichts mehr frei sein sollte, müsste ich woanders suchen. Ich rief meine Mutter an und fragte sie, ob sie Mila, meine Rottweiler Hündin, für ein paar Tage nehmen könnte und ob sie die Katzen zweimal am Tag füttern und bespaßen würde. Zum Glück war das kein Problem; meine Mutter liebte Mila über alles und genoss jede Sekunde mit ihr.

Mit einem letzten Blick auf mein Zimmer nahm ich mein Handy und gab die Adresse des Motels ins Navi ein. Drei Stunden Fahrt – wenn alles glatt läuft. Gut. Ich schnappte mir meine Tasche, überprüfte noch einmal alle Fenster und verließ das Haus. Als ich im Auto saß, mein Handy in die Halterung steckte und den Motor startete, begann ich vor Aufregung zu zittern. Was zur Hölle machte ich hier eigentlich? sagte ich laut zu mir selbst, während ich aus der Einfahrt fuhr. Das ist doch alles kompletter Wahnsinn! Was, wenn mein Bauchgefühl bei Michael doch falsch lag und er nicht zögert, Hannah und Richy gegen mich auszuspielen? Egal – ich kann es jetzt nicht mehr ändern.

Vergiss mich nicht - eine Duskwood StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt