Verzweiflung

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**Jakes Sicht**

„Neeein!" schrie ich, völlig verzweifelt und panisch, als Lia den etwa 30 Meter hohen Wasserfall hinabstürzte. Noch nie in meinem Leben hatte ich solche Schmerzen gefühlt. Die Frau, die ich erst kurz kannte, aber mehr liebte als alles andere auf der Welt, war vor meinen Augen in den Tod gestürzt.Durch die Kopfhörer hörte ich Lilly schluchzen. „Was ist passiert, Jake? Was ist mit Lia?"Meine Gedanken rasten, meine Brust zog sich zusammen. Die Gruppe hatte unser Gespräch mit angehört, zumindest meine Worte. Sie mussten wissen, was passiert war. Doch ich konnte nicht antworten. Ich musste zu Lia.Ich sprang auf und rannte den Weg zum Parkplatz hinunter, von dort aus entlang der Felsen, die den Wasserfall säumten. Wo war sie? Hatte sie das Wasser erreicht oder war sie auf den Felsen zerschmettert? Mein Körper zitterte unkontrolliert, und meine Atmung war flach und hastig. Ich war völlig unter Schock.Ich wusste nicht, wie viele Minuten seit dem Sturz vergangen waren – vielleicht fünf. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Dann sah ich sie: ihren leblosen Körper, der im Wasser trieb.Ihr Körper lag im Wasser, doch ihr Kopf ragte glücklicherweise über die Oberfläche. Falls sie noch lebte, war sie zumindest nicht ertrunken.

Ich schrie Lilly am Telefon an, dass sie sofort einen Notarzt rufen sollte. Panik überschattete jede Faser meines Seins. Mit zitternden Fingern schickte ich ihr meinen Standort und sprintete ins Wasser, schwamm zu Lia, um sie auf das Trockene zu ziehen. 

"Lia, Lia, hörst du mich?" Meine Stimme brach, als ich mich verzweifelt über sie beugte. Meine Hände bebten, als ich vorsichtig nach ihrem Puls tastete, und mein Herz raste, als ich mich näher beugte, um ihre Atmung zu überprüfen. Unglaublich, aber wahr: Sie atmete, schwach, aber spürbar. Ihr Puls war da. 

"Du bist so unglaublich stark, Lia, weißt du das?" flüsterte ich ihr zu, während ich vorsichtig über ihre Wangen strich. Tränen brannten in meinen Augen, als ich mich bemühte, meine Stimme fest zu halten. "Du bist die tollste, stärkste und schönste Frau, die ich je kennengelernt habe."

Mein Blick wanderte über ihren Körper. Ihre Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen, und ihre Haut zeigte blutige Schrammen. Ihr linker Arm stand unnatürlich ab - sehr wahrscheinlich gebrochen. Doch was mich am meisten ängstigte, war die blutende Kopfverletzung und die Möglichkeit innerer Verletzungen. Zum Glück war sie ins Wasser gefallen. Wäre sie auf die Felsen geschlagen, hätte sie den Sturz niemals überlebt. 

Am anderen Ende der Leitung herrschte immer noch Stille. Hatten die anderen aufgelegt oder standen sie genauso unter Schock wie ich?

"Lilly? Bist du noch da? Hast du den Notarzt gerufen?" Meine Stimme zitterte, als ich sprach. "Lilly, sie lebt. Sie hat Puls. Der Notarzt muss sich beeilen!"

"Oh mein Gott, Jake, sie lebt?" Lillys Stimme war ein Schluchzen. "Ja ich habe schon angerufen und den Standort durchgegeben. Aber ich dich habe ich nicht erwähnt. Du musst sofort weg, Jake. Sie werden dich sonst festnehmen, wenn sie herausfinden, wer du bist."

Mein Herz kämpfte mit dem Verstand. Ich konnte Lia nicht alleine lassen, nicht jetzt. Ich hatte sie bereits im Stich gelassen, als ich ihre letzte, verzweifelte Nachricht ignoriert hatte. Ja, ich war wütend gewesen, so wütend. Sie hatte ihr Versprechen gebrochen und sich in Gefahr gebracht - für Fremde. Vielleicht würde ich eines Tages verstehen, warum sie das getan hatte. Doch jetzt... jetzt zählte nur, dass sie überlebte. 

"Ich werde dich niemals vergessen und immer in meinem Herzen tragen, Lia. Und genau deswegen musst du wieder gesund werden. Du musst." flüsterte ich ihr ins Ohr, leise genug, dass die anderen es nicht hörten.

Meine Hand streichelte unaufhörlich ihren unversehrten Arm, als ob ich sie dadurch irgendwie hier halten könnte. Plötzlich durchbrachen Sirenen die Stille. 

"Lilly, sie kommen." Meine Stimme klang hoffnungsvoller, doch tief in mir tobte der Sturm weiter.

"Jake, du musst jetzt weg!" Lillys Stimme war scharf, fast verzweifelt. "Sie werden sich gut um Lia kümmern" Ihre Stimme wurde weicher, versöhnlicher. 

Ich sah Lia an, meine Augen trüb vor Tränen. "Ich muss dich jetzt leider alleine lassen, aber Hilfe ist gleich da, okay? Bitte sei mir nicht böse. Ich werde mich bei dir melden, versprochen."

Ich beugte mich vor und drückte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Mein Herz schrie, als ich mich zwang, aufzustehen. Es war der schwerste Schritt meines Lebens. Ich drehte mich noch einmal um, um sie ein letztes Mal anzusehen, bevor ich losrannte. Mit jedem Schritt kämpfte ich gegen den Impuls, zurückzulaufen. 

Ich nahm nicht den Weg am Parkplatz vorbei, sondern querfeldein durch den Wald zu meinem Auto, das auf der anderen Seite der Mine stand. Der Gedanke, Lia erneut im Stich zu lassen, zerriss mich. Aber ich musste schnell ins Motel zurück, um die Daten von Lias Handy zu löschen. Die Polizei durfte die Chats, in denen ich vorkam, niemals lesen. Wenn ich aufflog, wäre nicht nur ich verloren - auch Lia wäre in Gefahr. 

Vergiss mich nicht - eine Duskwood StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt