Kopfzerbrechen und Paniknächte

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**Lias Sicht**

Jessy bombardierte mich während der ganzen Taxifahrt mit Fragen über Finn. Viel konnte ich ihr allerdings nicht erzählen, da er kaum Persönliches von sich preisgegeben hatte. Alles, was ich sagen konnte, war, dass ich ihn unglaublich attraktiv fand – seine strahlend blauen Augen, das dunkle, schwarze Haar und diese athletische Figur. Und sein Geruch erst, er roch wunderbar – eine Mischung aus Duschgel und frisch gewaschenen Klamotten. Für mich einer der schönsten Düfte, die es gab.

„Habt ihr Nummern ausgetauscht?" fragte Jessy neugierig. Ich schüttelte bedrückt den Kopf. „Nein, er kommt nicht aus Duskwood, er war wohl nur auf der Durchreise." Jessy sah mich entsetzt an. „Was? Das ist doch total egal, Lia! Man hätte sich doch trotzdem mal schreiben können. Vielleicht ist er irgendwann mal wieder in der Nähe. Und wer viel reist, kommt bestimmt auch mal in deiner Gegend vorbei."

Ich zuckte mit den Schultern. „Daran hab ich ehrlich gesagt gar nicht gedacht. Um ehrlich zu sein... am liebsten wäre ich mit ihm direkt in ein Hotelzimmer gegangen, du weißt schon, was ich meine." Jessy lachte schallend. „Sag's doch einfach: Sex, Lia, es heißt Sex!" Ich lachte mit. „Ja, Sex."

Als wir uns bettfertig gemacht hatten, lag ich noch lange wach auf Jessys Couch. Seit ich bei ihr wohnte, hatte sie mir immer ihre Couch überlassen, die viel bequemer war, als sie aussah. Doch trotz der Gemütlichkeit wollte mir der Schlaf nicht kommen. Zu viele Gedanken schwirrten mir durch den Kopf: Wer war Finn wirklich? Woher kam er? Und warum hatten Lilly und Hannah ihn so komisch angesehen?

Irgendwann fielen mir vor lauter Erschöpfung die Augen zu, aber der Schlaf war alles andere als erholsam. Ich hatte einen Albtraum. Ich sah Finn, wie er sich mit einem anderen Mann prügelte. Ich wollte dazwischengehen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Irgendetwas hielt mich zurück. Plötzlich stand ich an einem Felsvorsprung, und als ich wieder nach oben sah, war Finn da. Der Schreck durchfuhr mich, ich stolperte und fiel... tief und endlos. Ich schrie laut auf.

Mit einem heftigen Ruck wachte ich auf, schweißgebadet und völlig außer Atem. Mein Herz raste, und Panik breitete sich in mir aus. Es fühlte sich an, als würde mir die Luft wegbleiben, als würde mich etwas erdrücken. Jessy kam ins Wohnzimmer gerannt. „Lia, was ist los?!" Ihre Stimme klang besorgt, doch ich konnte nur ein Wort hervorpreschen: „Luft!"

Sofort eilte sie zum Fenster, riss es auf und kam dann wieder zu mir. Sie sah mir tief in die Augen und sprach ruhig: „Lia, du kannst atmen. Dein Körper lässt dich atmen, aber dein Kopf spielt dir gerade einen Streich. Versuche, ruhig ein- und auszuatmen." Sie zeigte mir, wie ich langsam und tief atmen sollte. Nach und nach gelang es mir tatsächlich, ruhiger zu werden, und als ich wieder normal atmen konnte, brachen die Tränen aus mir heraus.

Jessy nahm mich sofort in den Arm, streichelte mir beruhigend den Rücken und flüsterte: „Alles wird gut, Lia. Ich glaube, du hattest eine Panikattacke." Ich schluchzte weiter in ihren Armen, bis ich mich schließlich etwas beruhigte.

„Geht's dir wieder besser?" fragte sie leise. Ich nickte schwach. „Ja", brachte ich heiser hervor. „Komm, du schläfst den Rest der Nacht bei mir", sagte sie.

Wir gingen in ihr Schlafzimmer, legten uns ins Bett, und sie umarmte mich von hinten. „Möchtest du jetzt darüber reden oder lieber morgen?" fragte sie behutsam. „Morgen", antwortete ich leise. „In Ordnung", sagte sie und legte sich bequem hin.

Irgendwann schliefen wir beide ein, und der Rest der Nacht war ruhig – ohne Träume.

Als ich aufwachte fühlte ich mich wie gerädert. Mein gebrochener Arm schmerzte. Ich hatte mir glaube ich ein bisschen zu viel zugemutet, am gestrigen Abend. Jessy neben mir schlief noch, also stand ich leise aus dem Bett auf und ging ins Bad um zu duschen und mir die Zähne zu putzen. Mir schossen immer wieder die Bilder des nächtlichen Albtraums in meinen Kopf. Was hatte dazu bedeuten? Was hatte Finn mit meinem Unfall zu tun? Er musste etwas damit zu tun haben. Warum sollte ich sonst so etwas träumen? Ich setzte mich mit einem frisch aufgebrühten Tee, in eine Wolldecke eingewickelt, auf den Balkon. Jessy kam wenig später auf den Balkon, in einem bequemen Morgenmantel und mit zerzausten Haaren. Sie hatte anscheinend bemerkt, dass ich früh auf war und sich Sorgen gemacht. „Guten Morgen, Lia", sagte sie mit einem sanften Lächeln, das ihre Besorgnis verriet. „Wie geht's dir?"

Vergiss mich nicht - eine Duskwood StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt