Die nächsten Tage vergingen, die Zeit floss dahin und die Welt drehte sich weiter. An dem Tag nach den aufwühlenden Geschehnissen hatten Alisha und Leonie in der Schule fast keine Minute ohne einander verbracht. In jeder Stunde hatten sie leise getuschelt und in den Pausen weit hinten auf dem Schulhof gesessen und lange geredet. Für Alisha war die Welt wieder in Ordnung und sie war ausgesprochen glücklich. Sie konnte viel in Leonies Nähe sein und fing endlich an, sich damit abzufinden, dass sie sich in der Nähe ihrer Freundin einfach beschützt und geborgen fühlte. Sie schämte sich zwar immer noch ein wenig über ihre Gefühle, aber sie versuchte sie nicht mehr zu unterdrücken, einfach weil es nicht mehr möglich war. Nun waren einige Wochen seit besagtem Vorfall vergangen und die Tage waren kälter geworden, aber der Drang, wieder ein wenig ihrer Vorliebe nachzugehen, brannte in Alisha umso heißer.
Die letzten Stunden waren immer die qualvollsten. Alisha hatte null Motivation übrig und wollte einfach nur nach Hause, doch sie war noch eine Stunde hier gefangen. Sie blickte hinüber zu Leonie, die ihren Kopf auf den Tisch gelegt hatte und schien zu schlafen. Sollte sie Leonie wecken? Dann könnten sie wenigstens ein wenig reden um sich die Zeit zu vertreiben, aber Alisha wollte ihre Freundin nicht aufwecken, wenn sie wirklich schlief. Das wäre gemein. Sie entschied sich aber trotzdem dafür, Leonie wenigstens einmal leise zu fragen, ob sie noch wach war. "Hey, bist du wach oder schläfst du?", flüsterte Alisha so leise wie möglich. Zurück kam nur ein grummeliges, "Ja, bin noch wach. Gibt's was?" Alisha hatte eigentlich kein bestimmtes Anliegen, aber sie freute sich ein bisschen, dass Leonie nicht eingeschlafen war. "Äh, wollte nur mal wissen, ob du noch wach bist. Es ist gerade so langweilig.", stammelte Alisha. Etwas munterer gab Leonie zurück, "Naja, ich würde ja wohl nicht versuchen zu schlafen, wenn der Unterricht nicht so langweilig wäre." Alisha musste lächeln. "Da hast du wohl Recht. Sorry, dass ich dich gestört habe", sagte sie und drehte sich wieder nach vorne. Doch Leonie legte ihren Kopf seitlich auf ihre Arme und sah Alisha müde an, "Ne, ist schon ok, ich kann sowieso nicht schlafen. Die Tische hier sind so ungemütlich." Alisha blickte nun auch zu ihrer Freundin. Worüber sollten sie denn jetzt reden? Sie hatte ein Thema, welches sie gerne ansprechen wollte, aber sie wusste nicht, ob sie in der Schule ansprechen darüber reden wollte. Also schnitt sie das Thema nicht direkt an, "Übrigens, meine Eltern gehen heute Abend mit Freunden essen. Die sind bestimmt dann schon weg, wenn wir aus der Schule kommen und sind wahrscheinlich wieder ewig Weg. Hast du Lust mit zu mir zu kommen?" Leonie überlegte einen Moment, willigte dann aber kurz danach mit vollem Enthusiasmus ein. "Klar komme ich, ich habe sonst nichts zu tun.", entgegnete sie, dann schaute sie sich kurz um und flüsterte Alisha dann ins Ohr, "Ist, Du-weißt-schon-was auch auf dem Tisch?" Alisha guckte sie etwas geschockt an und wurde knallrot. Leonie hatte vorgeschlagen, sich einzupinkeln, ohne dass Alisha etwas in die Richtung gesagt hatte. Manchmal fragte sie sich ernsthaft, ob Leonie Gedanken lesen konnte. Sie hoffte es nicht, denn ihr war es immer noch unglaublich peinlich, wie sie manchmal über Leonie dachte und sie hatte Angst, dass es Leonie anekeln würde. Nachdem sie einige Sekunden lang nichts gesagt hatte, flüsterte sie, immer noch mit hochrotem Kopf zurück, "Ja klar, wollte das die ganze Zeit schon mal wieder machen, aber hat sich nie die Möglichkeit ergeben." Leonie grinste breit und sagte flüsternd, "Na dann wird das doch bestimmt ein lustiger Nachmittag." Alisha wurde wieder rot und musste den Tisch anstarren, aus Angst, dass wenn sie irgendetwas oder irgendjemanden anschaute, ihr Kopf explodieren würde. Wie konnte Leonie nur so leichtfertig über sowas in der Schule reden? Es war ihr ein Rätsel.
Die letzte Stunde schien plötzlich wie im Flug zu vergehen. Vielleicht lag es daran, dass sie leise mit Leonie tuschelte, vielleicht aber auch daran, dass sie es nicht erwarten konnte, mit Leonie nach Hause zu gehen. Aber als die Glocke zum Ende der letzten Stunde schlug, beeilten sich die Beiden, aus dem Klassenraum zu kommen. Doch auf dem Weg zu Alishas Haus schlenderten sie dafür umso langsamer, obwohl es frisch geworden war. Selbst jetzt, am frühen Nachmittag trugen beide Mädchen schon Sweatshirt-Jacken. Alisha gefiel diese Wetter, der Himmel war immer noch schön und blau, die Blumen waren noch voller Farbe und die Bäume hatten, bis auf ein paar wenige trockene Blätter auf dem Boden, immer noch ihre Blätterkrone. Und doch konnte sie schon ihre etwas zu große olivgrüne Jacke tragen und sich gemütlich darin einkuscheln. Während sie liefen, nahm sie hin und wieder ihre Kamera aus ihrer Tasche und knipste ein paar Bilder, wenn ihr ein besonders schönes Motiv ins Auge fiel. Und jedes Mal wartete Leonie geduldig auf ihre Freundin und grinste jedes Mal, wenn diese glücklich zu ihr zurück gerannt kam und ihr die Bilder zeigte. Leonie beteuerte jedes Mal, wie gut die Bilder seien und wie talentiert Alisha war, was in Alisha immer wieder eine Welle unbeschreiblicher Freude auslöste. Der ganze Weg nach Hause, kam Alisha vor wie ein Traum, es war so ruhig, es waren nur sie und Leonie und die angenehme Ruhe lag die gesamte Zeit in der Luft. Sie hatten nur 20 Minuten gebraucht, um bis zu Alishas Haus zu laufen, aber es war den Beiden viel länger vorgekommen. Alisha schloss die Tür auf und die Beiden traten in den verlassenen Flur. Es war ein ganz anderes Gefühl, als bei Leonie. Alles schien so dunkel, so kalt und verlassen, doch als Leonie an ihr vorbei und den Flur entlang lief, schien sich alles zu erhellen. Die Wände sahen nicht mehr so kalt aus, der Flur nicht mehr so eng und auf einmal war alles, was Alisha riechen konnte, Leonies unverwechselbaren Geruch. Es roch nach einer Wiese in der Sommersonne und ein bisschen nach Lavendel, mit einem Unterton, der an Kiefer oder Pinie erinnert. Der Geruch hatte etwas Natürliches und Erdiges an sich, was Alisha ein wenig sehnsüchtig werden ließ. Sie hatte noch nie wirklich auf Leonies Geruch geachtet, doch jetzt wollte sie nichts mehr anderes riechen. Sie musste sich stark zusammenreißen, um nicht in Leonies Arme springen und nie wieder loszulassen, doch unter Verwendung all ihrer Willenskraft schaffte sie es, sich neben Leonie auf die Couch zu setzen, auf die sich ihre Freundin gesetzt hatte. "Ihr habt es schon echt schön hier. Ich wünschte meine Eltern könnten so gut dekorieren.", kommentierte Leonie und schaute sich in dem Wohnzimmer im Landhausstil um. Alisha wollte eigentlich widersprechen und ihr erklären, dass Leonies Haus wesentlich schöner und freundlicher eingerichtet war, aber sie brachte in dem Moment keinen vollen Satz zustande. Ihr Kopf war gerade ein riesiger Wirbelsturm voller Gedanken, die alle versuchten, Alishas Aufmerksamkeit zu bekommen. Nach einer Minute hatte sie sich wieder gefangen und führte Leonie erst mal in ihr Zimmer, auch wenn ihr das Chaos dort etwas peinlich war, doch sie brauchte jetzt eine vertraute Umgebung, um sich zu sammeln. Leonie aber schien das überhaupt nicht zu stören und schmiss sich direkt auf das schmale Bett, was im Zimmer stand. "Also, was machen wir jetzt?", fragte sie keck und hob die Augenbrauen. Alisha stand immer noch etwas verloren mitten im Zimmer und antwortete unsicher, "Weiß nicht genau, hast du eine Idee?" Leonie überlegte kurz, dann wurde sie etwas rot und sagte leise, "Äh, also, ich würde gerne mal wieder richtig die Kontrolle verlieren, so wie als du... Naja du weißt schon. Äh, die Sache vor ein paar Wochen..." Jetzt herrschte eine peinlich berührte Stimmung im Raum, aber dadurch kam Alisha doch wieder langsam zu sich. "Können wir natürlich sehr gerne machen, wenn du willst, aber ich hätte vielleicht eine andere Idee. Bei der wir beide äh... Spaß haben können.", sagte sie und war sich sicher, dass sie so rot wie eine Ampel sein musste. Leonie stützte sich auf einem Ellenbogen auf und sah sie interessiert an, "Lass hören. Was hast du vor?". Alisha atmete noch einmal tief durch, bevor sie sprach. "Wir könnten zum Beispiel ein bisschen was trinken und dann sehen, wer von uns es am längsten halten kann.", während sie geredet hatte, war sie immer röter geworden. Jetzt kniete Leonie sich auf ihr Bett und grinste sie hinterlistig an, "Also ein Holding-Contest? Das wird bestimmt lustig." Aisha hatte den Begriff noch nie gehört, konnte sich aber zusammenreimen, was es bedeutete. "Alles klar, dann machen wir das. Dann lass uns aber ins Wohnzimmer gehen, da ist wenigsten Holzboden, den kann man besser sauber machen." Auf dem Weg ins Wohnzimmer nahmen sie sich noch Getränke aus der Küche mit und setzten sich dann auf das Sofa im Wohnzimmer. Alisha musste gestehen, dass sie extrem aufgeregt war, aber Leonie schien auch voller Tatendrang zu sein. "Dann gehen wir beide jetzt nochmal auf Toilette und dann trinken wir immer zur gleichen Zeit gleich viel, damit es fair bleibt, oder?", fragte Leonie eifrig. Alisha stimmte zu, "Ja, das klingt fair."
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Was ich dir nicht sagen kann (Eine Omorashi-Story)
Short StoryAlisha ist ein 17-Jähriges Mädchen, etwas schüchtern und introvertiert. Doch eines Tages kommt es zu einer peinlichen Situation, die aber nicht nur negative Gefühl mit sich zieht. Meine erste Omorashi-Geschichte. Für jeden, der mit dem Begriff und...