Zu viel ist Zerbrochen

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Nachdem das Gespräch beendet war, legte ich das Handy zur Seite und lehnte mich gegen die Stuhllehne. Mein Herz pochte immer noch heftig in meiner Brust, aber irgendetwas in mir beruhigte sich ein wenig, weil ich wusste, dass Bill kommen würde. Er war der Einzige, der in diesem Moment vielleicht helfen konnte – oder zumindest verstehen würde.

Die Minuten vergingen quälend langsam. Ich blieb in der Küche, unfähig, mich zu bewegen oder irgendetwas zu tun, außer auf die zerbrochenen Dinge um mich herum zu starren. Meine Wange pochte immer noch, und die Erinnerung an Toms Schlag schlich sich in meine Gedanken zurück, vermischt mit einer Welle von Verwirrung und Schmerz. Wie hatte es nur so weit kommen können? Wie hatten wir uns so verloren?

Endlich hörte ich Schritte vor der Tür. Kurz darauf klingelte es, aber bevor ich reagieren konnte, ging die Tür auf, und Bill trat ohne zu zögern ein. Sein Gesicht war angespannt, und seine Augen scannten sofort den Raum. Als er mich sah, wurde sein Ausdruck weicher, aber seine Anspannung blieb.

„Val." Er sprach meinen Namen so ruhig, fast schon vorsichtig aus, als hätte er Angst, mich mit einem falschen Wort zum Einsturz zu bringen. „Was ist passiert?"

Ich öffnete den Mund, doch die Worte blieben mir wieder im Hals stecken. Stattdessen stiegen mir plötzlich erneut Tränen in die Augen, und ich spürte, wie der Kloß in meinem Hals größer wurde. Ohne zu zögern trat Bill näher, setzte sich neben mich und legte sanft eine Hand auf meine Schulter.

„Val, ich muss wissen, was passiert ist", sagte er leise. „Wo ist Tom?"

„Er..." Ich schluckte hart, zwang die Worte heraus. „Er hat mich geschlagen, Bill."

In Bills Gesicht zuckte etwas, seine Hand spannte sich kurz an, bevor er sie wieder locker ließ. Seine Augen funkelten vor Wut, aber seine Stimme blieb ruhig. „Das kann doch nicht sein... Tom würde doch nie..."

„Er hat es getan." Meine Stimme zitterte, aber ich blickte ihm fest in die Augen. „Er hat es getan, Bill. Wir haben gestritten... über Heidi, über alles... und dann ist es einfach passiert. Ich weiß nicht, was ich tun soll."

Bill nahm einen tiefen Atemzug, und ich konnte sehen, wie er versuchte, seine eigene Wut unter Kontrolle zu halten. Seine Kiefermuskeln zuckten, und er fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar – eine Geste, die er mit Tom teilte. Aber im Gegensatz zu Tom schien Bill seine Fassung zu bewahren, auch wenn es in ihm tobte.

„Verdammt", murmelte er schließlich, seine Stimme heiser vor unterdrückten Gefühlen. „Ich hätte nie gedacht, dass er..."

Er hielt inne, als könnte er es immer noch nicht glauben. Aber die Wahrheit lag wie ein unsichtbares Gewicht im Raum. Bill stand langsam auf, ging zum Fenster und starrte hinaus, als suchte er nach Antworten im Nichts.

„Wo ist er jetzt?" fragte er, ohne mich anzusehen.

„Er ist einfach abgehauen", flüsterte ich, meine Stimme kaum hörbar. „Nach dem Schlag... er hat es sofort bereut, das habe ich gesehen, aber er ist trotzdem gegangen. Ich weiß nicht, wohin."

Bill drehte sich zu mir um, seine Augen brannten vor Entschlossenheit. „Ich werde ihn finden. Das hier... das geht so nicht, Val. Er darf sich nicht einfach aus dem Staub machen, nachdem er so etwas getan hat."

„Und dann?" fragte ich, meine Stimme schwach. „Was wird das ändern?"

Bill trat wieder zu mir, kniete sich vor mich hin und sah mich eindringlich an. „Ich weiß nicht, was das ändern wird. Aber ich werde mit ihm reden. So oder so. Er kann nicht einfach davonlaufen, ohne die Verantwortung für das zu übernehmen, was er getan hat."

Ich nickte, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ein Gespräch mit Tom überhaupt noch etwas bringen würde. Zu viel war zerbrochen, und ich wusste nicht, ob man all die Scherben wieder zusammensetzen konnte. Trotzdem war es ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass Bill eingreifen würde – dass er Tom vielleicht zur Vernunft bringen könnte, wenn schon sonst niemand mehr zu ihm durchdrang.

„Bleib hier", sagte Bill und stand auf, seine Stimme jetzt fest. „Ich fahre los und finde ihn."

„Bill..." Ich zögerte, doch er unterbrach mich.

„Ich verspreche dir, ich lasse das nicht so stehen. Du hast mehr verdient als das." Seine Worte waren ernst, fast eindringlich, und ich glaubte ihm. Wenn jemand Tom zur Rede stellen konnte, dann war es Bill.

Bevor ich etwas sagen konnte, griff er nach seinen Schlüsseln und war schon auf dem Weg zur Tür. „Ich melde mich, sobald ich ihn gefunden habe."

Dann war er weg.

Mein Model {T.K}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt