Kapitel 28 - Ende

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Ich hoffe, ihr habt den Ausflug in mein Abenteuer genossen. Es war eine Reise vollerSpannung, Freundschaft, Liebe und Opferbereitschaft. Für mich war es jedenfalls eineaufregende Erfahrung, all das mit euch zu teilen. Ich habe gelacht, geweint, gezittert vorAngst und gefiebert vor Aufregung – genauso wie ihr, hoffe ich.Aber jetzt, da wir am Ende angekommen sind, schulde ich euch etwas. Ihr habt mir eureZeit geschenkt, eure Aufmerksamkeit, und das verdient eine ehrliche Rückmeldung vonmir.Die Sache ist die: Die Geschichte, die ich euch erzählt habe, ist nicht ganz wahr.Zumindest nicht so, wie ihr es euch vielleicht vorgestellt habt. Manche Teile waren echt,andere... naja, sagen wir, sie waren mit ein wenig künstlerischer Freiheitausgeschmückt. Aber was soll ich sagen? Ich war schon immer gut darin, Geschichtenzu erzählen.


Es gibt Momente, in denen das Leben uns zwingt, die Wahrheit ein wenig zu biegen.Manchmal, weil wir uns selbst schützen wollen. Manchmal, weil wir wollen, dass andereuns in einem bestimmten Licht sehen.Ich habe euch meine Geschichte erzählt, so wie ich sie sehen wollte. Die Kämpfe, dieFreundschaften, die Liebe – all das war echt.Ich weiß, das mag schockierend für euch sein. Vielleicht seid ihr wütend, enttäuschtoder verwirrt.Und vielleicht, nur vielleicht, ist die größte Wahrheit, die ich euch geben kann, dass es injeder guten Geschichte immer ein bisschen Wahrheit und ein bisschen Lüge gibt.Die Hauptsache war erstmal, dass ich wieder zuhause angekommen war.Die kühle, vertraute Luft des Schlosses umhüllte mich, als ich durch die großen Tore trat.Ich hatte mein Heim vermisst. Das Zelten in den Wäldern hatte seinen Reiz, keine Frage– die Abenteuer, die Ungewissheit, die Freiheit –, aber es bot nicht den Komfort, den ichgewohnt war.


Das lange, pompöse Kleid raschelte leise, als ich meinen gewohnten Weg durch dieweitläufigen Hallen des Schlosses zum Thronsaal einschlug. Jede Ecke, jeder Stein warmir vertraut. Ich fühlte mich wie ein Schauspieler, der nach einem langen Auftritt endlichwieder in die Rolle schlüpft, die ihm am besten passt.Wie immer war ich pünktlich. Die Disziplin, die ich mir über die Jahre angeeignet hatte,ließ mich nie zu spät kommen, besonders nicht heute. Gäste erwarteten mich, und ichwürde sie nicht warten lassen. Umringt von sechs Rittern, die wie Schatten an meinerSeite blieben, schritt ich durch die langen Flure. Das metallene Klirren ihrer Rüstungenmischte sich mit dem sanften Geräusch meines Kleides.


Als wir das Tor zum Thronsaal erreichten, traten zwei Bedienstete vor und stießen dieschweren Türen mit einer mühelosen Bewegung auf. Dahinter warteten sie – meineeinstigen Gefährten, die mit mir durch Feuer und Blut gegangen waren: Theron, Syloan,Cassian und Aykan. Ihre Gesichter waren gezeichnet von den Strapazen der letztenKämpfe. Narben zogen sich über ihre Haut, und ihre Rüstungen trugen die Spurenunzähliger Schlachten.Doch es war nicht die Abnutzung ihrer Körper oder die Zeichen des Krieges, die ihreBlicke verhärteten. Es war etwas anderes, etwas, das sie nicht erwartet hatten. Als ichihnen zunickte und an ihnen vorbei schritt, sah ich das Entsetzen in ihren Augen, das sienicht verbergen konnten.Der Thronsaal, in dem wir uns befanden, war nicht der gleiche, in dem erst kürzlich derprächtige Ball stattfand. Dieser Raum war kleiner, intimer, und doch von einererhabenen Pracht. Der Thron, auf den ich zuging, war größer, prächtiger als alle anderen,die ich je gesehen hatte. Hinter ihm war keine Wand, nur ein offenes Portal, durch dasder Wind ungehindert in den Raum strömte und die leichten Vorhänge zum Tanzenbrachte. Vor meinen Freunden blieb ich stehen.


„Schön, dass ihr hier seid," begann ich, meine Stimme fest, aber warm. Ich lächelte sienacheinander an, doch keiner von ihnen erwiderte mein Lächeln. Ihre Gesichter warenaschfahl, der Schock stand ihnen ins Gesicht geschrieben.„Ich denke, ich muss mich noch einmal vorstellen," sagte ich langsam, ließ den Momentin der Luft hängen, bevor ich fortfuhr, „Ich bin Evadne, Königin von Veridianth."Die Worte hallten im Saal wider, und die Stille danach war erdrückend. Ich konnte dieAnspannung in der Luft spüren, das Unbehagen, das sie durchdrang. Die Krone aufmeinem Kopf – ein Symbol meiner Macht, aber auch meiner Bürde – fühlte sich plötzlichnoch schwerer an, als ich ihre entsetzten Blicke sah.„Ihr seid überrascht," stellte ich fest, während ich sie weiter ansah. „Das verstehe ich.Doch alles, was ich getan habe, war im Dienste dieses Reiches. Ich habe mich nichtverändert. Ich bin immer noch diejenige, die an eurer Seite gekämpft hat, die mit euchgelacht, geweint und gelitten hat. Aber ich bin auch mehr als das."

When It All Goes Up In FlamesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt