Kapitel 2: Sternenregen

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Mizuki strich mir sanft um das Bein und miaute freundlich. Sie war vielleicht 1 Jahr alt, hatte rötliches Fell mit einem weißen Bauch und weißen Pfoten und hatte das Privileg, 24 Stunden, 7 Tage die Woche bei Mitsuri Zuhause abzuhängen und sich von ihr verwöhnen zu lassen. Mitsuri hatte insgesamt drei Katzen. Zwei ließen sich die Hälfte der Zeit nicht blicken und eine, Mizuki genauer gesagt war das verschmusteste Wesen der Welt. Ich war vielleicht vor einer Woche entlassen worden und Mitsuri hatte mir das Versprechen abgenommen, sich noch ein wenig bei sich Zuhause um mich zu kümmern. Aber bald sollte ich wohl wieder gehen, immerhin nutzte ich schon zu sehr ihre Gastfreundschaft aus... Auch wenn ich wahrscheinlich alles lieber täte, als wieder in dieses Haus, welches sich nie nach Zuhause angefühlt hatte zurückzukehren. An meinem Hals zischte Kaburamaru erbost und schlängetelte sich an meinem Arm zu der Katze hinunter. Er neigte seinen Kopf in meine Richtung und musterte mich aus roten Augen. Sah ich darin Eifersucht aufblitzen? Schnell tätschelte ich seinen Kopf und kraulte Mizuki gleichzeitig hinter dem Ohr. Hinter mir war ein Lachen zu hören, kurz darauf setzte sich Mitsuri neben mich: „Du bist ja hochangesehen bei den Tieren..." Ich nickte nur als Antwort. Unsere Hände waren so nah einander, dass sich unsere Finger manchmal berührten. Es kitzelte ein wenig, aber ich ließ meine Hand trotzdem liegen. Dieses warme Gefühl tat gut. „Habe ich dir schon erzählt, dass Muichiro aufgewacht ist? Es scheint ihm gut zu gehen, allerdings behalten sie ihn noch eine Weile da." Ich musterte sie blinzelnd: „Das sind gute Neuigkeiten." Mitsuri lehnte sich ein wenig zurück bis sie auf dem Rücken lag: „Außerdem hat man zu einem Feuerwerk eingeladen, um den Sieg zu feiern. Alle werden da sein." Das hörte sich wie die Art von Zeitverschwendung an, welche ich gerade brauchte. Feuerwerksfest... War ich überhaupt jemals auf einem gewesen? Man hatte mir oft davon erzählt, aber große Menschenmassen widerten mich an und ich hatte eine Phobie gegen Krach entwickelt. Bisher hatte Krach nichts als Stress oder Leid für mich bedeutet. Ich wusste nicht, ob das an meiner, von Schmerz geplagten Kindheit lag. „Feuerwerksfest klingt schön... Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal eines gesehen habe...", strahlte Mitsuri begeistert und ließ unser Gespräch wieder in Fahrt kommen. Dann blickte sie mich an und kicherte prompt los. Hatte ich etwas im Gesicht? Oh man, wie peinlich! „Warte, ich mach sie kurz weg", murmelte sie aber stattdessen und strich mir eine Strähne aus der Stirn. Dann runzelte sie die Stirn und musterte mich prüfend: „Deine Haare werden immer länger. Ich könnte sie dir zusammenbinden. Ich glaube, dass würde dir gut stehen." „Da könnte was dran sein", nuschelte ich und durchkämmte meine inzwischen brustlangen Haare gedankenverloren. Mitsuri verschwand schnell im Haus und tauchte wenig später mit einem Kästchen auf. Sie öffnete eine Schublade und offenbarte somit eine Vielfalt an Haarbändern in allen möglichen Farben. Dann lächelte sie: „Welches gefällt dir?" „Ich darf mir eines aussuchen?", fragte ich überrascht. Sie nickte. Also widmete ich mich den vielen Bändern. Welches passte gut zu rabenschwarzen Haaren? Ein paar Bänder nahm ich in die Hand und begutachtete sie genau. Ein rosanes oder ein grünes waren ja schön und gut, aber sie gefielen mir nicht wirklich. Dann fiel mein Blick auf ein lilanes... Es war pastellfarben. Mitsuri war meinem Blick gefolgt und nahm das lilafarbene Band aus dem Kästchen. Sie hielt es mir kurz an mein Haar, bevor sie wohl zu dem Schluss kam, dass es passte. „Darf ich?", fragte sie sanft. „Gerne." Mitsuri setzte sich hinter mich und fing an, meine Haare zu kämmen, bevor sie das Band mit einem eleganten Knoten festzurrte. Dann reichte sie mir einen Spiegel: „Ist es gut so?" Ich beäugte mich kurz darin. Ich sah...anders aus. Aber gut anders. „Es ist perfekt", sagte ich freundlich und umarmte sie schnell. Mitsuri legte ebenfalls überrascht ihre Hände um mich und drückte sich leicht an mich. Dann murmelte sie in meiner Schulter: „Mir ist aufgefallen, dass du deinen Mund nicht mehr verdeckst. Das ist schön. Hast du es akzeptiert? Du weißt schon..." Ich gab eine leise Zustimmung von mir. Eigentlich hatte ich mich schon länger so akzeptiert, wie ich war. Seit dem Zeitpunkt, an welchem ich immer mehr mit Mitsuri unternommen hatte, genauer gesagt. Sie hatte mir das Gefühl gegeben, so wie ich war erwünscht zu sein. Also schmiegte ich mich noch etwas fester an sie. Ich wusste nicht, wie lange wir so da saßen, bis wir uns endlich voneinander lösten. Vielleicht eine Minute... Vielleicht zehn... Mein Zeitgefühl war noch nie besonders gut gewesen. So konnte ich zwölf Jahre meines Lebens in einem Käfig verbringen, ohne verrückt zu werden. Und jetzt fand ich das Feuerwerksfest doch nicht mehr für so eine schlechte Idee.

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